Eine aktuelle Studie der US-Unternehmensberatung Kearney zeichnet ein alarmierendes Bild für die europäische Automobilindustrie. Angesichts der bevorstehenden EU-Kommissionsentscheidung zum Verbrenner-Ausstiegsverbot 2035 könnten bestehende CO2-Regulierungen die Branche tief in die Verlustzone drängen, was weitreichende Konsequenzen hätte.
Die Untersuchung, über die der „Spiegel“ berichtet, hebt hervor, dass europäische Autokonzerne im Bereich batterieelektrischer Fahrzeuge in China nicht mehr konkurrenzfähig sind. Zudem belaste die Zollpolitik des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump den Zugang zum US-Markt. Diese Entwicklungen verstärken die Abhängigkeit vom europäischen Heimatmarkt, wo die Branche durch die CO2-Flottengrenzwerte der EU unter erheblichen regulativen und finanziellen Druck gerät, so Wulf Stolle, Partner bei Kearney und Autor der Studie.
Kearney prognostizierte anhand aktueller Geschäftszahlen die Gewinnmargen führender europäischer Hersteller wie VW, BMW, Mercedes, Stellantis und Renault bis 2030. Sollte das Verbrenner-Aus wie geplant erfolgen, könnten die Umsatzrenditen dieser Unternehmen von durchschnittlich 5,5 Prozent auf bis zu minus 2,9 Prozent fallen. Ohne sofortige Gegenmaßnahmen würden die EU-Vorgaben bis 2030 zu massiven Verlusten führen und europäische Hersteller könnten einen schmerzhaften Schrumpfungsprozess erleben.
Die EU-Kommission plant, in den kommenden Wochen über mögliche Ausnahmen für Plug-in-Hybride und Fahrzeuge mit Range Extendern zu entscheiden. Stolle äußert jedoch Skepsis, dass befristete Ausnahmen den Abstieg der europäischen Autobranche lediglich verzögern würden. Er verweist auf einen tiefgreifenden strukturellen Wandel: Das Elektroauto ist ein fundamental anderes Produkt. Der jahrzehntelang aufgebaute Vorsprung bei Verbrennungsmotoren und etablierten Marken, insbesondere eine Stärke deutscher Hersteller, verliert an Bedeutung. Stattdessen sind Batterie- und Software-Expertise entscheidend für die Marktförderung, Bereiche, in denen chinesische Wettbewerber den Europäern voraus sind.
Aktuell dürfen alle in der EU zugelassenen Neuwagen eines Herstellers durchschnittlich 93,6 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Diese Flottengrenzwerte, Teil des „Fit-for-55“-Pakets, sehen eine schrittweise Senkung des zulässigen CO2-Ausstoßes auf null Gramm pro Kilometer vor. Dies würde den Verkauf neuer Verbrennungsmotoren ab 2035 effektiv verhindern. Der Internationale Gerichtshof hatte jüngst betont, dass Staaten bei Überschreitung der 1,5-Grad-Grenze für Schäden haftbar gemacht werden könnten.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)



