Die Mehrzahl der Justizminister der deutschen Länder zeigt sich offen für ein mögliches Verbot verbaler sexueller Belästigungen. Dies geht aus einer Umfrage des „Spiegel“ hervor, bei der die Meinungen der Landesjustizminister eingeholt wurden.
Anzügliche Rufe und abfällige Kommentare sexueller Art, die unter den Begriff Catcalling fallen, sind in Deutschland in der Regel derzeit nicht strafbar. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hat jedoch angekündigt, dies ändern zu wollen. Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, eine Erweiterung des strafrechtlichen Schutzes vor Belästigungen zu prüfen.
Bereits im Februar, vor der vergangenen Bundestagswahl, unternahm das Land Niedersachsen einen Versuch im Bundesrat, das Strafrecht entsprechend zu ändern, um Catcalling zu erfassen. Dieser Gesetzentwurf stieß jedoch auf Kritik, da er von mehreren Ländern als zu vage empfunden und daraufhin abgelehnt wurde. Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) aus Niedersachsen äußerte die Vermutung, dass der Misserfolg des Entwurfs kurz vor der Bundestagswahl eher „parteipolitisches Geplänkel“ war und eine „breite Mehrheit“ für das Vorhaben eigentlich bestehe.
Die Umfrage des „Spiegel“ ergab, dass sieben Länder ein gesetzliches Verbot befürworten. Dazu zählen die SPD-geführten Länder Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Saarland sowie die CDU-geführten Länder Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Ministerin Wahlmann betonte in diesem Zusammenhang, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Zeigen eines Mittelfingers strafbar sei, „übelste verbale und non-verbale sexuelle Belästigungen“ hingegen nicht. Aus Nordrhein-Westfalen wurde die Position vertreten, dass es sich nicht um eine Bagatelle handele, „über die wir in Deutschland einfach weiter hinwegsehen können.“
Sechs weitere Länder sind nicht grundsätzlich gegen ein Verbot, möchten aber zunächst einen konkreten Vorschlag abwarten. Einige äußern jedoch Bedenken hinsichtlich der praktischen Umsetzbarkeit. Bayern erklärte beispielsweise, jegliche Form sexueller Belästigung nachdrücklich zu verurteilen. Man sehe jedoch Schwierigkeiten, im Gesetz eine „klare Grenze“ zwischen „unangebrachten, aber noch zulässigen Äußerungen“ und „unzulässigen Belästigungen“ zu ziehen.
Drei Länder positionieren sich gegen ein Verbot: Berlin, Bremen und Sachsen. Sie bezweifeln, dass das Strafrecht das geeignete Mittel ist, um dieses Problem zu lösen. Die sächsische Ministerin Constanze Geiert (CDU) kommentierte: „Ein neuer Straftatbestand gegen Catcalling ist der falsche Weg. Nicht jede verbale Grenzüberschreitung ist ein Fall für die Strafjustiz.“
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

