Der Historiker Heinrich August Winkler äußert sich skeptisch zu einem möglichen AfD-Verbotsverfahren. Im Gespräch mit dem „Stern“ betonte Winkler, dass ein solcher Antrag, basierend auf den Argumenten des Verfassungsschutzes, in Karlsruhe wahrscheinlich scheitern würde. Ein solches Scheitern würde die AfD als Triumph verbuchen können und eine erhebliche Niederlage für die liberalen Kräfte in der politischen Landschaft bedeuten. Er kritisiert in diesem Zusammenhang die Strategie der SPD, die seiner Meinung nach zu stark auf ein Verbotsverfahren setzt, lediglich weil dies innerparteilich populär sei.
Winkler zieht Parallelen zu früheren Parteiverbotsverfahren in der deutschen Geschichte, um seine Bedenken zu untermauern. Er erinnert an das Verbot der Sozialistischen Reichspartei (SRP) im Jahr 1952 durch das Bundesverfassungsgericht, das aufgrund ihrer offen neonnationalsozialistischen Ausrichtung vergleichsweise einfach war. Die AfD, so Winkler, agiere jedoch anders und hüte sich davor, sich derart unverhohlen antidemokratisch zu präsentieren. Stattdessen würden sich die nationalpopulistischen Kräfte der AfD als alleinige Vertreter der wahren Volksinteressen inszenieren. Diesem Narrativ müsse entschieden entgegengetreten werden, indem klar dargelegt werde, welchen tatsächlichen Interessen die AfD diene und welche Art von Regime unter ihrer Führung zu erwarten wäre.
Neben seiner Kritik am Umgang mit der AfD äußerte sich Winkler, der seit 1962 Mitglied der SPD ist, auch kritisch über seine eigene Partei. Er erinnerte an das Godesberger Programm von 1959 als wichtigen Wendepunkt, durch den die SPD ihren sogenannten Volksmarxismus überwinden und zu einer Volkspartei werden konnte. Winkler bekräftigte, dass es richtig sei, dass die SPD für die hart arbeitenden Menschen im Land eintreten wolle. Gleichzeitig müsse sie sich jedoch stets darum bemühen, in der politischen Mitte glaubwürdig aufzutreten. Dies erfordere eine andere Sprache als die, welche oft auf Juso-Treffen oder Parteitagen gesprochen werde. Abschließend betonte Winkler die Notwendigkeit, dass die CDU eine Volkspartei bleibe und die SPD wieder zu einer solchen werde.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)