Der ehemalige deutsche Botschafter in der Türkei, Martin Erdmann, hat in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Focus die wachsende Bedeutung der Türkei für die deutsche Wirtschaft hervorgehoben. Erdmann, der von 2015 bis 2020 als Botschafter in Ankara tätig war, äußerte die Ansicht, dass die Türkei in Zukunft eine Rolle als Ersatzstandort für deutsche Unternehmen in China einnehmen könnte. Diese Entwicklung sei insbesondere dann denkbar, wenn sich die Beziehungen zwischen Deutschland und China, wie prognostiziert, weiter verschlechtern sollten.
Erdmann betonte auch die geopolitische Relevanz der Türkei, von der Deutschland nicht absehen könne. Er nannte mehrere Gründe für die Notwendigkeit der Zusammenarbeit mit der Türkei, darunter den Wiederaufbau Syriens, die Rückführung von Flüchtlingen aus Deutschland nach Syrien sowie das Migrationsabkommen. Diese Punkte unterstreichen die komplexe und vielschichtige Beziehung zwischen den beiden Ländern.
Gleichzeitig räumte der Diplomat ein, dass sich die Türkei „jeden Tag weiter von europäischen Standards“ entferne. Als Beispiel führte er die Verhaftung des abgesetzten Istanbuler Oberbürgermeisters Ekrem Imamoglu an. Trotz dieser Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage hält Erdmann die Zusammenarbeit mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für unerlässlich. Er wies darauf hin, dass europäische und westliche Partner den Kontakt zu Erdogan aufrechterhalten wollen, was dazu führe, dass die Menschenrechtslage in der Praxis nicht immer streng ausgelegt werde.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

