Bundesbankpräsident Joachim Nagel kann sich grundsätzlich vorstellen, der nächste Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) zu werden. Gegenüber dem „Spiegel“ äußerte Nagel, dass jeder Notenbanker im EZB-Rat „die Kompetenz zur Nachfolge für das Spitzenamt im Eurosystem haben“ dürfte. Er betonte zudem, dass auch externe Kandidaten mit anderen Profilen Chancen hätten.
Nagel sieht seine Arbeit bei der Bundesbank im Eurosystem als erfolgreich an: „Es gehörte von Anfang an zu meinen Zielen, die Bundesbank fest im Eurosystem zu verankern. Ich denke, das ist mir gelungen.“ Das Eurosystem umfasst die EZB und die nationalen Zentralbanken der Euroländer.
Die Amtszeit der aktuellen EZB-Präsidentin Christine Lagarde endet im Oktober 2027. Bereits im Mai 2026 scheidet Lagardes Vize Luis de Guindos aus dem Direktorium der EZB aus. Obwohl die politische Entscheidung über Lagardes Nachfolge erst im Laufe des Jahres 2027 fallen wird, ist die Diskussion um den Topjob bereits in vollem Gange. Es ist bemerkenswert, dass bislang noch kein Deutscher das Amt des EZB-Präsidenten innehatte.
Neben den Personalfragen äußert sich Nagel auch besorgt über die Entwicklung der Aktienmärkte, die von wenigen US-Tech-Firmen und massiven Investitionen in künstliche Intelligenz angetrieben werden. „Die Kurse sind auch eine Wette auf dauerhaft hohe oder weiter steigende Gewinne. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, dass solche Erwartungen nicht aufgehen müssen. Als Zentralbanker sind wir da sehr aufmerksam“, mahnte Nagel. Er riet Anlegern zur Diversifikation und betonte, dass Bewertungen auch fallen könnten.
Ähnliche Bedenken äußert der Bundesbankpräsident hinsichtlich des Booms privater Kreditfonds, deren Volumen Schätzungen zufolge bereits über 1,7 Billionen Dollar beträgt. Diese Fonds leihen sich Geld von institutionellen Anlegern, um es an Unternehmen zu verleihen, oft unter Umgehung klassischer Bankstrukturen. Viele dieser Anlagevehikel agieren in Steueroasen, sind unreguliert und intransparent. „Dieser Markt ist undurchsichtig und hat das Potenzial, an den Finanzmärkten für Unruhe zu sorgen. Wir brauchen eine international bessere Datenbasis, damit wir die Risiken dort besser in den Blick nehmen und identifizieren können“, so Nagel.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)