Die finanzielle Prioritätenverschiebung in Deutschlands Kommunen ist immens. Während der Anteil der Sozialausgaben vor drei Jahrzehnten noch bei 25 Prozent lag, verschlingt er heute fast 38 Prozent des Gesamtbudgets. Dies geht aus einer noch unveröffentlichten Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor, über die die „Rheinische Post“ berichtete.
Steigende Sozial- und Verwaltungskosten
Besonders auffällig ist der Anstieg bei den Ausgaben für Sozialhilfe und Kinderbetreuung. Doch auch die Kosten für die zentrale Verwaltung sind seit 1992 um rund die Hälfte gestiegen und machen nun 21 Prozent des Gesamthaushalts aus, so die IW-Studie. Gleichzeitig sank der Anteil für Infrastrukturinvestitionen, wie in Straßenbau, Abwasser- und Müllentsorgung, von 34 Prozent auf nur noch 20 Prozent.
Inflationsbereinigte Entwicklung der Sozialausgaben
Die Entwicklung wird besonders deutlich bei den inflationsbereinigten Sozialausgaben pro Einwohner. Zwischen 1992 und 2022 stiegen die Kosten für Soziales und Jugend von 759 auf 1.675 Euro. Das IW hebt hervor, dass die Kommunen in diesem Bereich kaum Mitspracherecht haben. Die Verwaltungskosten haben sich in den letzten drei Jahrzehnten sogar mehr als verdoppelt und kletterten von 375 auf 923 Euro pro Einwohner.
Folgen für Investitionen und Defizite
Für Aufgaben, bei denen die Kommunen selbst entscheiden können, wie Straßen- oder Wohnungsbau, bleibt laut der Studie kaum noch Geld übrig. Im Jahr 2022 floss nur jeder fünfte Euro in entsprechende Projekte, während es 1992 noch jeder dritte Euro war. Der Anteil der Sachinvestitionen, beispielsweise in Gebäude, sank von 21 auf zwölf Prozent. Die Autoren der Studie schlussfolgern, dass der Investitionsstau weiter zunimmt. Gleichzeitig erreichte das kommunale Defizit im Jahr 2024 mit knapp 25 Milliarden Euro einen neuen Rekord.
Kritik an Finanzierungspraxis
Die Studienergebnisse bestätigen die Analyse der Kommunalverbände und Länder. Diese bemängeln seit Langem, dass der Bund den Kommunen in den vergangenen Jahrzehnten viele zusätzliche Aufgaben übertragen, aber nicht für eine ausreichende Finanzierung gesorgt habe. Dies zeigt sich exemplarisch bei der Kinderbetreuung, für die seit 1996 (ab drei Jahren) und seit 2013 (ab einem Jahr) ein Rechtsanspruch besteht. Auch die stark gestiegenen Mieten für Bürgergeld-Bezieher und Asylbewerber belasten die Kommunen, da diese einen Großteil der Unterkunftskosten tragen.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

