Wenn Liebe zur Waffe wird

Tatort heute: Familiendrama mit fatalem Ende! Packend, anders, intensiv – warum sich „Mike & Nisha“ aus Ludwigshafen lohnt

Es gibt „Tatorte“, die man schaut – und solche, die man durchlebt. Der Tatort „Mike & Nisha“ gehört eindeutig zur zweiten Sorte. Der neue Fall aus Ludwigshafen mit Ulrike Folkerts und Lisa Bitter wagt, was diese Reihe lange vermieden hat: Er zeigt die Täter von Anfang an – und lässt uns dann mit der Frage zurück, wie so etwas passieren kann.
Tatort heute: Familiendrama mit fatalem Ende! Packend, anders, intensiv – warum sich „Mike & Nisha“ aus Ludwigshafen lohnt
Tatort heute: Familiendrama mit fatalem Ende! Packend, anders, intensiv – warum sich „Mike & Nisha“ aus Ludwigshafen lohnt
Bild: SWR/Benoît Linder

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Ein Abend, zwei Tote – und kein Weg zurück

Mike (Jeremias Meyer) und Nisha (Amina Merai) wollen eigentlich nur gute überbringen. Sie erwarten ein Kind, sie wollen heiraten – zwei junge Menschen, die endlich dazugehören wollen. Doch das geplante Familienessen wird zur Eskalation. Beleidigungen, Wut, Verachtung – Sekunden später liegen Mikes Eltern tot am Boden.
Es ist kein geplanter Mord, sondern ein Unfall aus Emotionen. Doch die Folgen sind endgültig.

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Gute Zusammenarbeit im Ludwigshafener Präsidium: Nico Langenkamp (Johannes Scheidweiler), Johanna Stern (Lisa Bitter), Mara Hermann (Davina Chanel Fox) und Lena Odenthal (Ulrike Folkerts.)
© SWR/Benoît Linder

Was folgt, ist kein Krimi über Spuren, sondern ein über Spuren im Gewissen. Mike und Nisha lügen, vertuschen, spielen Normalität. Doch die Kamera bleibt dicht bei ihnen, beobachtet jede Verzweiflung, jede zittrige Bewegung. So nah, dass man manchmal wegsehen möchte – und doch nicht kann.

Ein Tatort, der flüstert – und genau das macht ihn laut

Regisseur Didi Danquart („Offset“) erzählt mit leiser Wucht. Keine Hektik, kein Action-Feuerwerk – stattdessen Stille, Schatten, Blicke. Diese Ruhe wirkt bedrohlicher als jeder Schuss.
„Mike & Nisha“ verzichtet bewusst auf die klassische Dramaturgie. Der Täter ist von Beginn an bekannt, doch das moralische Urteil bleibt offen. Der Film zwingt das Publikum, Empathie zuzulassen, wo sonst Ablehnung entsteht – und genau das macht ihn unbequem.

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Mit Misstrauen empfangen zu werden, kann Lena (Ulrike Folkerts, li) und Johanna (Lisa Bitter) nicht aus der Ruhe bringen.
© SWR/Benoît Linder

Statt eindeutiger Schuldzuweisungen zeigt die Geschichte, wie schmal die Grenze zwischen und Täter ist. Jeder Charakter trägt seinen Anteil an Verantwortung, jedes Motiv hat zwei Seiten. Der Film urteilt nicht – er beobachtet. Und genau das trifft ins Mark.

Zwei Gesichter einer Tragödie

Amina Merai und Jeremias Meyer tragen diesen „Tatort“. Beide spielen ohne Netz, roh, ungeschönt, emotional nackt. Merai als Nisha – hin- und hergerissen zwischen Schuld und Selbstschutz. Meyer als Mike – schwankend zwischen Schockstarre und verzweifeltem Aktionismus.
Man glaubt ihnen jede Sekunde. Ihre Beziehung ist kein Liebesdrama, sondern ein Überlebenskampf.

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Johanna Stern (Lisa Bitter) konzentriert sich in einer Vernehmung auf die Reaktionen ihres Gegenübers.
© SWR/Benoît Linder

Ulrike Folkerts und Lisa Bitter agieren dagegen mit kühler Ruhe. Als Kommissarinnen Odenthal und Stern beobachten sie mehr, als sie eingreifen. Ihre Stärke liegt im Schweigen – im Aushalten. Sie stehen stellvertretend für uns Zuschauer: fassungslos, aber gezwungen, hinzusehen.

Die stille Hölle im Eigenheim

Was diesen „Tatort“ so besonders macht, ist sein Raum. Kein Großstadtgewimmel, keine düsteren Hinterhöfe – sondern ein gepflegtes Einfamilienhaus, in dem alles eskaliert. Zwischen Gartenteich, Rollrasen und Nachbarsblicken entsteht eine beklemmende Enge, die jeder kennt und keiner zugibt.
Kamerafrau Conny Janssen taucht das Geschehen in graue, ausgewaschene Töne – als wäre der Film seiner Unschuld beraubt. Nichts lenkt ab, kein Soundtrack mildert den Schmerz. Nur Stille. Und Schuld.

„Tatort“-Kritik: „Mike & Nisha“ – Ein Krimi, der anders ist

Regisseur Didi Danquart und Autorin Annette Lober wagen mit dem neuen Ludwigshafener „Tatort“ etwas Ungewöhnliches: Sie brechen mit dem gewohnten Schema und erzählen ein stilles Psychodrama statt eines klassischen Krimis. „Mike & Nisha“ zeigt keine Spurensuche, sondern seelische Abgründe – langsam, leise, beklemmend.

Amina Merai und Jeremias Meyer beeindrucken als junges Paar zwischen Liebe, Panik und Schuld, während Ulrike Folkerts und Lisa Bitter als Ermittlerinnen beobachtend und distanziert bleiben. Die Inszenierung wirkt bewusst reduziert – graue Bilder, kaum Musik, viel Stille.

Nicht jeder wird mit diesem Stil warm. Der Film ist mutig, aber auch sperrig – eindrucksvoll in Momenten, doch manchmal zu gewollt kunstvoll.

Bewertung: ★★★☆☆ – ungewöhnlich, intensiv, aber nicht für jeden.

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Nach der ungewollten Tat können Mike (Jeremias Meyer) und Nisha (Amina Merai, re.) kaum fassen, was passiert ist.
© SWR/Benoît Linder

Besetzung vom Tatort: Mike & Nisha

  • Ulrike Folkerts – Lena Odenthal
  • Lisa Bitter – Johanna Stern
  • Jeremias Meyer – Mike Schaub
  • Amina Merai – Nisha Nevarin
  • Judith Hofmann – Emilia Schaub
  • Bruno Cathomas – Gustav Schaub
  • Anna Stieblich – Gerlinde Wagner
  • Wolf Bachofner – Erwin Ramthor
  • Davina Chanel Fox – Mara Hermann
  • Johannes Scheidweiler – Nico Langenkamp
  • Alexander Wewerka – Grenzbeamter
  • Max Ruhmann – Polizist

Regie: Didi Danquart | Buch: Annette Lober | Kamera: Conny Janssen | Produktion: SWR / ARD Degeto
Erstausstrahlung: 9. November 2025, 20:15 Uhr, Das Erste

Fazit: Unbequem, still – und brillant

Der Ludwigshafener „Tatort“ ist kein Genuss, sondern eine Zumutung – und gerade deshalb wichtig. „Mike & Nisha“ zeigt, dass große Geschichten nicht laut sein müssen. Dass es mehr Mut braucht, zu schweigen, als zu schreien. Wer ihn sieht, wird ihn nicht vergessen – und wer ihn nicht aushält, hat trotzdem verstanden, was er erzählen will.

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