Bundeskabinett tagt im „U-Boot“!

Kanzleramts-Chef Frei bei Lanz: So will die Regierung unsere Jugend zur Bundeswehr locken – doch was, wenn keiner mitmacht?

Es ging bei Markus Lanz um die brennendste Frage, die Deutschland derzeit spaltet: Kommt die Wehrpflicht zurück? Mitten im Kreuzfeuer: Kanzleramts-Chef Thorsten Frei (CDU). Er enthüllte Details einer historischen Geheim-Sitzung, sprach von „Pflichtelementen“ und offenbarte den tiefen Riss, der in der Wehr-Frage durch die Regierung geht. Ein Abend, der Tausende Eltern aufhorchen lässt.
  • Neuer Wehrdienst statt alter Wehrpflicht: Die Regierung will die Bundeswehr stärken, führt aber vorerst keinen Zwangsdienst ein.

  • Alarmierende Personalnot: Der Bundeswehr fehlen mindestens 80.000 Soldatinnen und Soldaten, um die Verteidigungsziele der NATO zu erreichen.

  • So funktioniert’s: Junge Männer (18) müssen einen Fragebogen ausfüllen, Frauen können es. Der eigentliche Dienst bleibt aber für alle freiwillig.

  • Der große Streitpunkt: Die CDU wollte eine echte Wehrpflicht nach schwedischem Vorbild, falls sich nicht genug Freiwillige melden. Die SPD hat das blockiert.

  • Das Ziel: Abschreckung gegen Russland. Der BND warnt, dass Russland ab 2029 einen NATO-Staat angreifen könnte.

Kanzleramts-Chef Frei bei Lanz: So will die Regierung unsere Jugend zur Bundeswehr locken – doch was, wenn keiner mitmacht?
Kanzleramts-Chef Frei bei Lanz: So will die Regierung unsere Jugend zur Bundeswehr locken – doch was, wenn keiner mitmacht?
Foto: Screenshot Markus Lanz vom 28.08.25 / ZDF

Folge uns auf:

Es war mehr als nur eine Talkrunde. Es war eine politische Bestandsaufnahme in einer Zeit, in der der Frieden in Europa so zerbrechlich ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Und Markus Lanz ließ nicht locker, bohrte tief in den Wunden der deutschen Sicherheitspolitik.

Alarmstufe Rot: Historisches Geheim-Treffen im Verteidigungsministerium

Lanz eröffnete die Runde mit einer Information, die es in sich hatte: Am Vortag hatte das Bundeskabinett getagt. Nicht wie gewohnt im Kanzleramt, sondern an einem hochsymbolischen Ort. Lanz enthüllt: „Gestern, Herr Frei, historische Kabinettssitzung zum Thema Wehrpflicht, Wehrdienst, (…) alles streng geheim, in einem abhörsicheren Raum, (…) im sogenannten U-Boot, so heißt das, glaube ich.“

Die Sitzung fand im Bendlerblock statt, dem Sitz des Verteidigungsministeriums. Ein Ort, der wie kein anderer für die deutsche Militärgeschichte steht. Der Kanzleramts-Chef bestätigte die Brisanz. Thorsten Frei: „Das war früher eine Tradition, bis vor etwa 30 Jahren, dass das Kabinett sich immer wieder auch im Bundesverteidigungsministerium getroffen hat. 1992 war das letzte Mal.“

Kanzler Friedrich Merz (CDU) will diese Tradition wieder aufnehmen. Die Botschaft ist unmissverständlich und soll das ganze Land erreichen. Frei erklärt das Kalkül: „Das macht aus meiner Sicht deshalb Sinn, weil es deutlich macht, dass Verteidigung, Sicherheit eine Aufgabe für das ganze Kabinett ist, für uns alle.“ Es sei keine Nischenaufgabe mehr, sondern eine, die die gesamte betrifft.

Die knallharte Wahrheit: Deutschland ist nicht verteidigungsfähig!

Die dramatische Symbolik hat einen ernsten Hintergrund. Die Zahlen, die in der Runde diskutiert wurden, sind ein Weckruf für jeden Bürger.

  • Aktuell: Die Bundeswehr hat nur rund 180.000 aktive Soldatinnen und Soldaten.
  • Das NATO-Ziel: Deutschland hat sich verpflichtet, eine Streitmacht von 260.000 aktiven Soldaten plus 200.000 Reservisten aufzubauen.

Das ist eine Lücke von mindestens 80.000 Mann und Frau – plus die Reservisten! Die Journalistin Ulrike Herrmann („taz“) brachte die bittere Realität auf den Punkt: Das bisherige Ziel, auf bescheidene 203.000 Soldaten zu wachsen, hat man „nicht geschafft“. Die Freiwilligkeit allein, so der Tenor, wird diese gewaltige Lücke niemals schließen können.

Pistorius‘ Plan: Die Wehrpflicht-Light oder eine Mogelpackung?

Der von Verteidigungsminister Boris Pistorius () vorgelegte und vom Kabinett beschlossene Plan ist ein Kompromiss, der viele Kritiker nicht überzeugt.

  1. Erfassung: Alle 18-jährigen Männer werden angeschrieben und müssen einen Online-Fragebogen zu Fitness, Gesundheit und Motivation ausfüllen. Für Frauen ist die Teilnahme freiwillig.
  2. Musterung: Die „Besten und Geeignetsten“ werden zur Musterung eingeladen.
  3. Freiwilligkeit: Der Wehrdienst selbst (6 Monate Grundwehrdienst + optional bis zu 17 weitere Monate) bleibt freiwillig.

„Welt“-Journalist Jan Philipp Burgard nannte den Plan eine „Reform mit Ladehemmung“. Seine scharfe Analyse: „Es klappt ja jetzt schon nicht, genug Freiwillige zu rekrutieren.“ Er kritisierte zudem, dass Frauen nicht einmal verpflichtet sind, den Fragebogen zu beantworten.

Der große Koalitions-Krach: Das wollte die CDU wirklich!

Thorsten Frei ließ durchblicken, wie unzufrieden die CDU mit diesem Kompromiss ist. Man hätte sich deutlich mehr gewünscht und orientiert sich am sogenannten „schwedischen Modell“. Dieses sieht zwar auch eine freiwillige Meldung vor, enthält aber eine entscheidende Klausel: Melden sich nicht genug Freiwillige, um den Bedarf der Armee zu decken, werden die benötigten Rekruten per Losverfahren zwangsweise eingezogen.

Lanz hakt nach: Wollte die CDU eine echte Wehrpflicht?
Frei windet sich zunächst, spricht von „Wehrdienst“ und nicht von „Wehrpflicht“, gibt dann aber zu: „Wir hätten mit Sicherheit auch jetzt schon Pflichtelemente eingebaut.“ Ein klarer Hinweis darauf, dass die CDU den Zwang für notwendig hält, aber in der Koalition mit SPD und FDP keine Mehrheit dafür fand.

„Müssen unsere Söhne bald in die Ukraine?“

Die Diskussion erreichte ihren emotionalen Höhepunkt, als Lanz die Angst vieler Eltern formulierte. Er erinnerte an eine Aussage des SPD-Fraktionsvizes Matthias Miersch, der in einer früheren Sendung nicht ausschließen wollte, dass deutsche Soldaten in der Ukraine kämpfen könnten.

Lanz fragt Frei direkt: „Die Gefahr besteht ja nicht?“
Frei antwortet bestimmt: „Weil es hier darum geht, das eigene Land und das eigene Bündnis zu verteidigen, nicht in einen Krieg zu gehen.“ Er betonte mehrfach, dass die Aufrüstung der Abschreckung diene: „Wir machen das, um unsere Armee so stark zu machen, (…) dass niemand wagt, uns anzugreifen.“

Ulrike Herrmann schüttelte bei Lanz‘ Frage den Kopf, differenzierte aber klug: Sollte es zu einem Einsatz kommen, wären es zunächst Berufssoldaten. „Das sind keine Wehrdienstpflichtigen!“, betonte sie. Aber sie malte auch ein düsteres Szenario: Bei einem Angriff auf einen NATO-Partner wie Litauen würde nicht nur an der Front gekämpft. Dann könnten russische Raketen auch Infrastruktur in Deutschland treffen: „Bahnhöfe, Flughäfen und so, das würde dann hier zerstört werden. Und man braucht dann für die Zerstörung hier auch Soldaten, die hier Heimatschutz machen. Und das wäre das, was dann im Zweifel auch Wehrdienstpflichtige machen würden.“

Fazit: Ein fauler Kompromiss in gefährlichen Zeiten

Der Abend bei Markus Lanz hat schonungslos offengelegt: Die Bundesregierung hat einen Plan, aber ob dieser Plan funktioniert, daran zweifeln selbst Regierungsmitglieder. Der „Wehrdienst“ in seiner jetzigen Form ist ein Versuch, der auf die Freiwilligkeit der Jugend setzt. Scheitert dieser Versuch, dürfte der Ruf nach echtem Zwang – nach der echten Wehrpflicht – unüberhörbar werden.

Die Zeit drängt. Der Chef des Bundesnachrichtendienstes (BND) warnte, könnte ab 2029 in der Lage sein, einen NATO-Staat anzugreifen. Jan Philipp Burgard bringt die Zwickmühle auf den Punkt: „Es ist symptomatisch für diese Koalition. Es gibt immer sozusagen die richtige Erkenntnis, aber es hapert dann an der Umsetzung.“

Die Frage bleibt: Ist der neue Wehrdienst der mutige Schritt, den Deutschland braucht, oder nur eine Beruhigungspille, während die Gefahr wächst? Die Antwort darauf wird die junge Generation geben müssen. Freiwillig – oder bald gezwungenermaßen.

Anzeige

Das Könnte Sie auch interessieren

Mehr von InsideBW.de

Das könnte dich auch Interessieren – mehr aus dem Netz

Anzeige

Neueste Artikel