Kritik an drohender Abschaffung

Debatte in Berlin: Warnung vor Abschaffung des Pflegegrades 1

In Berlin werden derzeit Überlegungen zur Abschaffung des Pflegegrades 1 diskutiert. Dies stößt auf scharfe Kritik von Sozialverbänden und Oppositionsparteien, die massive negative Folgen für die Betroffenen und pflegenden Angehörigen befürchten. Eine solche Maßnahme würde bis zu 860.000 Menschen betreffen und könnte zu einer erheblichen Belastung führen.
Debatte in Berlin: Warnung vor Abschaffung des Pflegegrades 1
Debatte in Berlin: Warnung vor Abschaffung des Pflegegrades 1
Seniorin (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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Der Paritätische Wohlfahrtsverband hat eindringlich vor den potenziellen Folgen einer Abschaffung des Pflegegrades 1 gewarnt. Joachim Rock, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, äußerte sich in den Tageszeitungen der Funke-Mediengruppe kritisch: „Die Abschaffung der Pflegestufe 1 wäre ein fatales Signal – zum einen an die Menschen, die von leichten Einschränkungen betroffen sind. Zum anderen aber auch an die pflegenden Angehörigen.“ Rock hob hervor, dass 80 Prozent der pflegebedürftigen Menschen zu Hause betreut werden. Das Geld aus der Pflegestufe 1 entlaste diese Angehörigen durch Unterstützungsleistungen wie Einkaufshilfen oder Putzdienste. Er prognostizierte, dass eine Streichung dieser Hilfen zu „enorm wachsenden Kosten“ führen würde, da Menschen dann verstärkt durch Pflegedienste oder in Pflegeeinrichtungen betreut werden müssten. Zudem befürchte er, dass „Menschen vereinsamen, [und] wichtige Fähigkeiten im eigenen Haushalt“ verlören.

Auch die Oppositionsparteien Grüne und Linke warnen die vor einem solchen Schritt. Janosch Dahmen, Gesundheitspolitiker der Grünen, forderte im „Spiegel“: „Pflege darf nicht das Sparschwein verkorkster Haushaltspolitik sein.“ Er kritisierte, dass die Regierung 800.000 pflegebedürftigen Menschen Alltagshilfen streichen wolle, anstatt „versicherungsfremde Kosten“ aus dem Bundeshaushalt zu decken. Dahmen wies darauf hin, dass die fehlenden Mittel in der Pflegekasse durch staatliche Entnahmen während der Pandemie entstanden seien. „Wer jetzt bei Pflegebedürftigen spart, greift in ihre Taschen – statt das geborgte Geld zurückzugeben und endlich die versprochene große Pflegereform vorzulegen.“

Ates Gürpinar, stellvertretender Parteivorsitzender und gesundheitspolitischer Sprecher der Linken im Bundestag, betonte ebenfalls im „Spiegel“, dass „die Streichung des Pflegegrads 1 die Schwächsten der Gesellschaft“ träfe. Er schätzt, dass aktuell rund 860.000 Menschen durch die bisherige Unterstützung „zumindest das Nötigste“ erhielten. Gürpinar kritisierte, dass die Regierung „dem leider alten Prinzip“ folge, „von unten nach oben“ zu verteilen, indem sie den Ratschlägen privater Krankenversicherungen folge. „Das ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die seit Jahren in die Gesundheits- und Pflegeversicherung einzahlen, die das Solidarprinzip garantieren.“ Er schlug vor, Reichere in die soziale Pflegeversicherung einzubinden, um die Finanzierung zu sichern.

Skepsis äußerte auch der CDU-Sozialflügel. Dennis Radtke, Vorsitzender des CDA, sprach sich im „Spiegel“ für eine „differenzierte Sicht auf den Pflegegrad 1“ aus. Er räumte ein, dass präventive Maßnahmen zur Unterstützung im gewohnten Umfeld finanziert würden, die „Zielgenauigkeit aber nur schwer zu messen“ sei. Radtke plädierte für eine Reform, die das System „mittel- und langfristig stabilisiert“ anstatt eines „kurzfristigen Entfernens eines ganzen Bausteins“. Für ihn müsse Verlässlichkeit neben Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit Kern aller Sozialversicherungen sein. „Daher halte ich eine Gesamtreform für sinnvoller als eine Hauruckaktion, die zu Ärger führt, ohne die grundsätzlichen Probleme zu lösen.“

Nach einem der „Bild“ erwägen Koalitionspolitiker in CDU und die Abschaffung des Pflegegrades 1, um Kosten zu sparen. Davon wären bis zu 860.000 Menschen betroffen. Die Einstufung in Pflegegrad 1 erfolgt bei einer „verhältnismäßig geringen“ Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder Fähigkeiten. Berechtigte erhalten aktuell einen Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich.

(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

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