Eigenverantwortung statt Sozialstaat

Was Friedrich Merz’ Renten-Ansage wirklich bedeutet – und warum sie Millionen Deutsche trifft

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat die Deutschen auf spürbare Einschnitte bei Rente, Gesundheit und Pflege vorbereitet – und zugleich zu mehr Eigenverantwortung aufgerufen. In Interviews bei Caren Miosga (ARD) und Pinar Atalay (ntv) skizzierte der Kanzler ein realistisches, aber unbequemes Zukunftsbild: Die Sozialbeiträge werden steigen – das verfügbare Einkommen vieler Bürger schrumpfen.
Was Friedrich Merz’ Renten-Ansage wirklich bedeutet – und warum sie Millionen Deutsche trifft
Was Friedrich Merz’ Renten-Ansage wirklich bedeutet – und warum sie Millionen Deutsche trifft
Foto: ©Bundesregierung/Steffen Kugler

Folge uns auf:

„Unsere Bevölkerung wird für Rente, Altersversorgung, Gesundheit und Pflege in Zukunft mehr vom verfügbaren Einkommen aufwenden müssen“, sagte Merz am Sonntagabend in der ARD. Die alternde Gesellschaft und die steigenden Sozialausgaben ließen keine andere Wahl. Allein die Krankenkassen meldeten im ersten Halbjahr 2025 ein Defizit von mehreren Milliarden Euro.

Bei ntv legte Merz nach: „Wir werden in Zukunft in unserem Land mehr leisten müssen – aus eigener Kraft.“ Die umlagefinanzierten Systeme reichten nicht mehr aus, betonte er. Der Kanzler sprach sich dafür aus, die „Eigenverantwortung zu stärken“ und private Vorsorge verpflichtend auszubauen.

Aktivrente statt starrer Ruhestand

Ein zentrales Element seiner Pläne ist die sogenannte Aktivrente. Sie soll es älteren Menschen ermöglichen, freiwillig länger zu arbeiten – steuerfrei bis zu 2000 Euro im Monat. Doch die Umsetzung stockt: Finanzminister (SPD) hält eine vollständige Steuerbefreiung rechtlich für problematisch. Der Streit darüber soll auf dem Koalitionsgipfel am Mittwochabend entschieden werden.

Zudem stellte Merz eine Reform des Renteneintritts in Aussicht: Nicht mehr das starre Alter, sondern die Zahl der Arbeitsjahre solle entscheidend sein. „Jemand, der mit 17 anfängt und bis 67 arbeitet, hat 50 Jahre gearbeitet – jemand, der erst mit 30 beginnt, nur 37“, so Merz. „Das sollte unterschiedlich bewertet werden.“

Mehr Kosten im Gesundheitssystem

Auch im Gesundheitswesen droht Mehrbelastung: Für 2026 rechnen die Kassen mit einem Loch von rund vier Milliarden Euro. Diskutiert wird über höhere Selbstbeteiligungen bei Arztbesuchen und neue Basistarife. „ hat eines der teuersten Gesundheitssysteme der Welt“, sagte Merz bei ntv. „Mit diesen Ressourcen müssen wir künftig sparsam umgehen.“

Pflege auf dem Prüfstand

In der Pflege wird über eine Abschaffung des Pflegegrades 1 diskutiert – betroffen wären Menschen, die bislang 131 Euro monatlich aus der Pflegekasse erhalten. Sie müssten diesen Betrag künftig selbst tragen. Merz sprach von der Notwendigkeit, „das System effizienter zu gestalten“.

Technologieoffenheit statt Verbrennerverbot

Neben der Sozialpolitik äußerte sich Merz auch zur Industriepolitik: Das geplante EU-Verbrennerverbot ab 2035 lehnt er ab. „Ich möchte nicht, dass Deutschland an diesem falschen Verbot festhält“, sagte er. Forschung und Entwicklung dürften nicht künstlich gestoppt werden.

Fazit

Mit seinen Aussagen zu Rente und Sozialstaat sendet Merz ein deutliches Signal: Die Zeit der bequemen Versprechen ist vorbei. Der Kanzler fordert einen „gesellschaftlichen Ruck“, hin zu mehr Verantwortung – für Staat, und jeden Einzelnen.

Ob die angekündigten Reformen tatsächlich kommen, ist offen. Schon jetzt zeigt sich, wie tief die Gräben in der Koalition verlaufen – zwischen Merz‘ Ruf nach mehr Eigenverantwortung und den Bedenken seines Finanzministers Lars Klingbeil. Viele Beobachter fragen sich daher, ob der Kanzler diesmal wirklich den politischen Mut zu strukturellen Veränderungen hat – oder ob seine Ankündigungen am Ende doch wieder zu wohlklingenden, aber folgenlosen Phrasen werden.
Fest steht: Die Erwartungen sind hoch, die finanzielle Lage angespannt – und die Geduld vieler Bürger am Limit.

Anzeige

Das Könnte Sie auch interessieren

Mehr von InsideBW.de

Das könnte dich auch Interessieren – mehr aus dem Netz

Anzeige

Neueste Artikel