Was die Zuschauer zunächst für eine packende Inszenierung halten, entpuppt sich als brutaler Mord durch eine Überdosis Gift im Bühnenwein, wobei die Ermittler später feststellen, dass es sich um eine Überdosis Schmerzmittel handelte, die Nora direkt auf den Brettern, die die Welt bedeuten, das Leben kostete. Nora stirbt schrecklich. Keine Rettung möglich.
Intrigen hinter dem Samtvorhang
Die Kommissare Ivo Batic und Franz Leitmayr nehmen zusammen mit ihrem Assistenten Kalli Hammermann sofort die Ermittlungen auf und tauchen dabei tief in die schillernde, aber oft verlogene Welt des Ensembles ein, wo die Intendantin bereits zynisch darauf verweist, dass ja jeder Verträge habe und die Show gefälligst weitergehen müsse. Im hektischen Theateralltag stoßen die Ermittler auf ein giftiges Geflecht aus Eifersucht, Affären und dunklen Abgründen, wobei fast jedes Mitglied dieser vermeintlichen „Theaterfamilie“ ein handfestes Motiv für die Tat gehabt hätte. Die Kontrole über ihre Egos verlieren die Darsteller dabei ständig.

Bild: BR/Claussen+Putz Filmproduktion GmbH/Walter Wehner
Besonders die junge Stella Papst gerät ins Visier der Fahnder, da sie Nora massiv beneidete und nach deren Tod sofort die Hauptrolle übernimmt, während der ehrgeizige Regisseur Akim Birol – ein schwuler Türke, dem das Team fieserweise vorwirft, nur wegen einer Quote den Job zu haben – ebenfalls unter Druck gerät. Auch der ehemalige Liebhaber Johannes Lange hat wohl noch eine offene Rechnung mit dem Opfer offen, nachdem Nora ihn vor kurzem öffentlich vor dem gesamten Kollegium abgewiesen hatte. Die erfahrene Schauspielikone Gina Rohland gibt den Ermittlern zwar hilfreiche Einblicke, doch auch sie scheint mehr über die Dynamiken im Haus zu wissen, als sie anfangs freiwillig preisgibt. Jeder lügt hier. Niemand sagt alles.

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Das Urteil: Schwere Kost für echte Fans
Regisseur Andreas Kleinert inszenierte diesen drittletzten Fall des Münchner Teams als konzentriertes Kammerspiel direkt am Originalschauplatz, wobei er fast vollständig auf Action oder schnelle Schnitte verzichtet und stattdessen die drückende Atmosphäre der engen Flure nutzt, was den Krimi allerdings phasenweise etwas zäh wirken lässt und manche Zuschauer, die eher auf Reißer stehen, vermutlich langweilen wird. Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden Theaterluft schnuppern, denn bereits 1996 ermittelten sie im Fall „Aida“ hinter den Kulissen der Oper, doch diesmal wirkt alles düsterer und endgültiger. Für Batic (71) und Leitmayr (67) markiert dieser Einsatz einen weiteren Schritt Richtung Ruhestand, den sie im kommenden Jahr nach über 30 Dienstjahren und 100 Fällen endlich antreten werden. Wer heute gegen 17.00 Uhr eher leichte Kost sucht, wird bei diesem anstrengenden Krimi vermutlich enttäuscht sein.

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Tatort-Kritik: „Das Verlangen“ (heute, 26.12.)
Insidebw.de gibt dem Fall 2 von 4 Sternen, da die Geschichte nur schwer in Gang kommt und viele Vorurteile über die Theaterszene bedient. Einzig Ursina Lardi als Gina Rohland wird als echter Lichtblick gefeiert. Wer sich jedoch auf das langsame Erzähltempo einlassen kann, erlebt eine dichte Milieustudie, bevor für die Kommissare bald selbst der letzte Vorhang fällt. Wanderer sollten ihre dicken Socken meldn. Das Fahrzeuug der Justiz rollt heute langsam, aber gewaltig.
Der Besetzungs-Check
- Ivo Batic: Miroslav Nemec
- Franz Leitmayr: Udo Wachtveitl
- Kalli Hammermann: Ferdinand Hofer
- Gina Rohland: Ursina Lardi
- Johannes Lange: Robert Kuchenbuch
- Carl Mayerkoff: Lukas T. Sperber
- Stella Papst: Luzia Oppermann
- Nora Nielsen: Giulia Goldammer
- Ria Jäger: Liliane Amuat
- Lara Frost: Stephanie Schönfeld
- Akim Birol: Thiemo Strutzenberger
- Freya von Kaltenberg: Anna Stieblich
Stab:
- Musik: Daniel Kaiser
- Kamera: Johann Feindt
- Buch: Norbert Baumgarten
- Buch: Holger Joos
- Regie: Andreas Kleinert
Sendezeiten
Der „Tatort: Das Verlangen“ läuft heute, am Freitag, den 26. Dezember 2025, um 20:15 Uhr im Ersten. Wer die Ausstrahlung im linearen TV verpasst, kann den Film im Anschluss für sechs Monate in der ARD-Mediathek abrufen.


