Der frühere NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat Fehler in seiner Russlandkritik eingeräumt und dies in seinen am Freitag auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellten Erinnerungen („Auf meinem Posten“, Siedler-Verlag) dargelegt. Der heutige Finanzminister Norwegens gab an, zum Zeitpunkt seiner Kritik nicht umfassend genug informiert gewesen zu sein.
Nach seinem Amtsantritt in Brüssel im Jahr 2014 hatte sich Stoltenberg der weit verbreiteten Kritik an Russland angeschlossen, die sich auf Flüge im Ostseeraum ohne aktivierte Transponder bezog. Transponder sind essenzielle Geräte für die Flugsicherheit, da sie Höhe, Geschwindigkeit und Kennung von Flugzeugen für die Fluglotsen sichtbar machen. Die damalige Kritik erweckte den Eindruck, der Westen verhalte sich in dieser Hinsicht anders.
Eine Recherche des „Spiegel“ enthüllte jedoch, dass auch Kampfflugzeuge von NATO-Staaten ihre Transponder gelegentlich ausschalteten. Stoltenberg erklärt in seinen Memoiren, dass ihm diese Praxis innerhalb der NATO in Brüssel nicht kommuniziert worden sei. Er beschreibt dies mit den Worten: „In Bezug auf die Russen hatte sich die Vorstellung eingeschlichen, es sei erlaubt, mit einem groben Pinsel zu Werke zu gehen.“
Vor 2014 hatte Stoltenberg nach eigenen Angaben positive Erfahrungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin gemacht. In seiner neuen Rolle in Brüssel bemerkte er einen deutlichen „Unterschied zwischen der Art, wie man sich vom Nato-Hauptquartier zu Russland verhielt, und der, wie man es vom Regierungsbüro in Oslo aus tat.“ Dieser Unterschied sei „größer und entscheidender“ gewesen, als er es sich vorgestellt hatte.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)