Die Einführung eines CO2-Preises für Gebäude und Verkehr ab 2027 durch den sogenannten Emissionshandel (ETS 2) stößt bei Expertinnen und Experten auf Bedenken. Die Europäische Union plant, die Kosten für den Ausstoß von Kohlendioxid in diesen Sektoren zu erhöhen, doch die avisierten Maßnahmen lassen Zweifel an ihrer Effektivität in Deutschland aufkommen. Der „Spiegel“ berichtet, dass ein Scheitern des Klimaschutzziels durch diesen Mechanismus befürchtet wird.
Ein Hauptgrund für diese Skepsis ist der von der EU-Kommission vorgeschlagene Preisdeckel. Dieser Mechanismus sieht vor, dass bei Erreichen eines bestimmten CO2-Preisniveaus – voraussichtlich zwischen 60 und 65 Euro pro Tonne, abhängig von der Inflation – zusätzliche Emissionsrechte auf den Markt gebracht werden. Dies soll den Preis stabilisieren oder senken. Michael Pahle vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung merkt an, dass dieser Wert „praktisch so etwas wie der politisch akzeptable Höchstpreis“ sei. Die Reaktion der Märkte war deutlich: Die Notierungen im Future-Markt, wo zukünftige Preise gehandelt werden, sanken nach der Ankündigung von über 80 Euro auf etwa 63 Euro pro Tonne.
Stefan Bolln, Vorsitzender des Energieberatendenverbands GIH, warnt vor den Folgen eines zu niedrigen CO2-Preises: „Ein zu niedriger CO2-Preis sendet das falsche Signal.“ Dies würde dazu führen, dass „fossile Heizungen wirtschaftlich attraktiv bleiben und Frühumsteiger faktisch benachteiligt werden.“ Damit würde der Ausbau erneuerbarer Energien sowie Anreize für energetische Sanierungen an Gebäuden gefährdet.
Aktuell liegt der nationale CO2-Preis in Deutschland bei 55 Euro pro Tonne. Dieser Preis verteuert einen Liter Benzin im Vergleich zu 2020 um fast 16 Cent. Mit einem CO2-Preis von 63 Euro je Tonne würde der Liter Benzin lediglich um weitere zwei Cent teurer. Dieser marginale Anstieg liegt weit unter den üblichen Preisschwankungen an Tankstellen, die von Tageszeit und Region abhängen. Jakob Graichen vom Freiburger Öko-Institut kritisiert: „Die aktuelle politische Debatte wird den Preis erheblich drücken.“ Er befürchtet, dass Marktteilnehmer darauf spekulieren könnten, dass der Staat bei hohen Preisen eingreift, anstatt teure Ausstoßrechte zu kaufen.
Auch die Denkfabrik Agora Energiewende teilt die Einschätzung, dass der CO2-Preis in Deutschland nach dem Übergang zum ETS 2 kaum steigen wird. Projektleiterin Murielle Gagnebin geht sogar davon aus, dass der Preis leicht sinken könnte. Um die gewünschte Lenkungswirkung dennoch zu erzielen, schlägt sie vor, dass der Bund einen nationalen CO2-Mindestpreis einführen könnte.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)
