Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) in Berlin enthüllt eine besorgniserregende Entwicklung: Die Zahl der weiblichen Opfer von Gewalt- und anderen Straftaten nimmt weiter zu. Dies geht aus den am Freitag vom Bundeskriminalamt, dem Bundesinnenministerium und dem Familienministerium in Berlin vorgestellten Bundeslagebildern „Häusliche Gewalt 2024“ und „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2024“ hervor.
Im Jahr 2024 wurden in der PKS 53.451 weibliche Opfer von Sexualdelikten registriert, was einem Anstieg von 2,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2023: 52.330) entspricht. Auffallend ist, dass knapp die Hälfte dieser Opfer zum Zeitpunkt der Tat minderjährig war. Die häufigsten Delikte in dieser Kategorie waren sexuelle Belästigung (36,4 Prozent), gefolgt von Vergewaltigung, sexueller Nötigung und sexuellem Übergriff (insgesamt 35,7 Prozent) sowie sexuellem Missbrauch (27,5 Prozent).
Im Kontext von Tötungsdelikten wurden 2024 insgesamt 308 Mädchen und Frauen getötet. Eine Einordnung dieser Taten als „Femizide“ ist auf Basis der PKS nicht möglich, da keine bundeseinheitliche Definition dieses Begriffs existiert und die Tatmotivation in der Statistik nicht erfasst wird. Insgesamt wurden 328 Mädchen und Frauen als Opfer vollendeter Tötungsdelikte erfasst, eine Abnahme von 8,9 Prozent gegenüber 2023 (360). Dank der erstmaligen bundeseinheitlichen Erfassung des Verletzungsgrades ist nun eine präzisere Unterscheidung zwischen den von vollendeten Tötungsdelikten betroffenen Opfern und den tatsächlich tödlich Verletzten möglich. 859 Frauen und Mädchen waren Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten, ein Rückgang von 8,4 Prozent im Vergleich zu 2023 (938).
Besonders alarmierend ist der Anstieg digitaler Gewalt. 18.224 Frauen und Mädchen wurden Opfer von Cyberstalking oder Online-Bedrohungen. Dies bedeutet einen Anstieg von 6,0 Prozent gegenüber dem Vorjahr (2023: 17.193) und stellt den stärksten Anstieg in allen Fallgruppen dar.
Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität stiegen frauenfeindliche Straftaten um 73,3 Prozent auf 558 Delikte im Jahr 2024. Dieser Trend setzt den Anstieg aus dem Vorjahr (2023: +56,3 Prozent) fort. Fast die Hälfte dieser Delikte entfällt auf Beleidigungen. Bei den 39 registrierten Gewaltdelikten handelte es sich mehrheitlich um Körperverletzungen; auch ein versuchtes Tötungsdelikt wurde in diesem Zusammenhang erfasst.
2024 waren in Deutschland insgesamt 265.942 Menschen Opfer Häuslicher Gewalt, ein neuer Höchststand. Knapp ein Viertel aller in der PKS erfassten Opfer ist der Häuslichen Gewalt zuzurechnen. 70,4 Prozent der Opfer waren weiblich, wobei zunehmend auch Männer und Jungen betroffen sind (2024: 78.814, fast 30 Prozent). Die meisten Opfer Häuslicher Gewalt fielen der Partnerschaftsgewalt zum Opfer (171.069 Personen; 64,3 Prozent). Hier sind weiterhin rund 80 Prozent der Opfer weiblich, während Männer mit 77,7 Prozent bei den Tatverdächtigen überrepräsentiert sind. Im Kontext der Partnerschaftsgewalt wurden 132 Frauen und 24 Männer getötet. Bei der Innerfamiliären Gewalt waren 94.873 Personen betroffen, ein Anstieg von 7,3 Prozent. Hier sind 54,2 Prozent der Opfer weiblich, 45,8 Prozent männlich. Kinder zwischen 6 und 14 Jahren sind am stärksten betroffen, und 130 Menschen wurden im Rahmen Innerfamiliärer Gewalt getötet (71 männlich, 59 weiblich).
Auch im digitalen Raum steigen die Straftaten im Kontext von Partnerschaftsgewalt (Anstieg um 10,9 Prozent auf 4.876 Opfer) und Innerfamiliärer Gewalt (Anstieg um 20,4 Prozent auf 2.027 Opfer).
BKA-Präsident Holger Münch betonte: „Die Zahl der Straftaten an Frauen steigt kontinuierlich. Wir sehen hier allerdings nur das Hellfeld. Gerade bei Häuslicher Gewalt, die oft hinter verschlossenen Türen geschieht, gibt es ein hohes Dunkelfeld.“ Die polizeilich registrierten Opfer Häuslicher Gewalt sind innerhalb der letzten fünf Jahre um 17,8 Prozent gestiegen. Viele Taten, insbesondere im Bereich Partnerschaftsgewalt, sexualisierte und digitale Gewalt, werden aus Angst, Abhängigkeit oder Scham nicht angezeigt. Eine Dunkelfeld-Opferbefragung („Lebenssituation, Sicherheit und Belastung im Alltag (LeSuBiA)“) zeigt Anzeigequoten von unter zehn Prozent, bei Partnerschaftsgewalt sogar unter fünf Prozent. Frauen erleben dabei über alle Gewaltformen hinweg eine höhere Frequenz und einen stärkeren Schweregrad der Gewalterfahrung als Männer. Rund ein Viertel der Opfer von Partnerschaftsgewalt wird mehrfach Opfer und erlebt oft mehrere Gewaltformen. Zudem berichtet jede zweite befragte Person, unabhängig vom Geschlecht, von körperlicher Gewalt durch Eltern und Erziehungsberechtigte in der Kindheit.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)


