455 Jobs sollen an deutschen Standorten wegfallen

Maschinenbauer aus Baden-Wrüttemberg streicht rund ein Drittel der Belegschaft – Strukturkrise zwingt Traditionsfirma zu hartem Sparkurs

Die Krise im deutschen Maschinenbau spitzt sich zu. Der Werkzeugmaschinenhersteller Emag aus Salach (Baden-Württemberg) reagiert auf ein dramatisch eingebrochenes Auftragsvolumen mit einem massiven Stellenabbau. 455 Jobs sollen an deutschen Standorten wegfallen – rund ein Drittel der Belegschaft.
Maschinenbauer aus Baden-Wrüttemberg streicht rund ein Drittel der Belegschaft – Strukturkrise zwingt Traditionsfirma zu hartem Sparkurs
Maschinenbauer aus Baden-Wrüttemberg streicht rund ein Drittel der Belegschaft – Strukturkrise zwingt Traditionsfirma zu hartem Sparkurs
Foto: EMAG

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Eine Branche im Rückwärtsgang

Die deutsche Werkzeugmaschinenindustrie steckt in der tiefsten Krise seit über einem Jahrzehnt. Laut dem Verband Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW) sind die Auftragseingänge im dritten Jahr in Folge rückläufig: 2023 um 11 Prozent, 2024 um 19 Prozent und im ersten Halbjahr 2025 nochmals um 5 Prozent.

Die Ursachen sind vielfältig: schwache Inlandsnachfrage, schleppende Investitionen in Europa, Zölle der USA und eine anhaltende Konjunkturflaute in China. Besonders betroffen sind Drehmaschinen und Bearbeitungszentren, deren Bestellungen deutlich unter Vorjahr liegen.

Viele Betriebe fahren Kurzarbeit oder reduzieren Kapazitäten – so auch Emag, ein Traditionsunternehmen mit über 150 Jahren .

Emag: Vom Wachstum in die Schrumpfung

Emag entwickelt und baut Werkzeugmaschinen, die vor allem in der Automobilindustrie eingesetzt werden. Das beschäftigt derzeit 1.509 Mitarbeitende in und rund 1.000 weitere im Ausland.

Nun müssen 455 Stellen gestrichen werden, 300 davon am Stammsitz in Salach (Landkreis Göppingen). Erst 2024 hatte das Unternehmen dort 124 Arbeitsplätze abgebaut.

Der Rückgang der Bestellungen zwingt Emag zu drastischen Schritten: intensive Kurzarbeit, Prozessoptimierungen, Standortanpassungen und Investitionen in Automatisierung und Retrofit sollen helfen, die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern.

Ein Sozialplan wurde gemeinsam mit dem Betriebsrat erarbeitet. Betroffene Beschäftigte sollen über eine Transfergesellschaft unterstützt werden, um Härten abzufedern.

Ursachen: Strukturelle Schwäche statt Konjunkturtief

Die aktuelle Lage ist mehr als eine temporäre Delle – sie gilt als strukturelle Krise. Nach Einschätzung des VDW hat sich die Schwäche des Maschinenbausektors „zunehmend verfestigt“.

Das bedeutet: Der Rückgang ist nicht nur Folge schwankender Konjunktur, sondern Ausdruck eines tiefgreifenden Wandels. Digitalisierung, Elektromobilität, Energiekrise und geopolitische Unsicherheiten verändern den Markt grundlegend. Viele Hersteller stehen vor der Frage, ob ihre bisherigen Geschäftsmodelle zukunftsfähig sind.

Milliardenmarkt im Umbruch

Werkzeugmaschinen gelten als Rückgrat der Industrie – kaum ein Produkt entsteht ohne sie. Doch der Wandel hin zu neuen Antriebstechnologien und eine sinkende Nachfrage aus klassischen Industriezweigen setzen die Branche unter Druck.

Besonders der Maschinenbau in Süddeutschland, wo zahlreiche Zulieferer für die Autoindustrie ansässig sind, spürt die Folgen. Investitionen in Automatisierung, Digitalisierung und KI-basierte Fertigungssysteme gelten als Schlüsselfaktoren, um international wettbewerbsfähig zu bleiben.

Emag investiert bereits gezielt in diese Bereiche – doch kurzfristig lassen sich die Einbrüche am Markt damit nicht ausgleichen.

Zukunft mit schmerzhaften Einschnitten

Der Stellenabbau ist Teil einer breiteren Struktur- und Effizienzoffensive, mit der sich das Unternehmen für die Zukunft aufstellen will. Trotz Umsatzsteigerung auf 520 Millionen Euro im Jahr 2023 schrieb Emag erneut einen Verlust von 25 Millionen Euro – das zweite Minus in Folge.

Die Unternehmensführung sieht in den Einschnitten einen notwendigen Schritt, um langfristig handlungsfähig zu bleiben. Ziel ist es, die Organisation an das geringere Auftragsvolumen anzupassen und gleichzeitig Investitionen in neue Technologien fortzusetzen.

Die Entscheidung fällt schwer – doch ohne Anpassungen droht ein Verlust der Wettbewerbsfähigkeit.

Hoffnung auf Stabilisierung

Trotz der düsteren Zahlen sieht die Branche erste Anzeichen für eine Stabilisierung – vor allem bei Exporten in neue Märkte und im Bereich industrieller Digitalisierung.
Emag will sich stärker auf automatisierte Fertigungslösungen und Retrofit-Projekte konzentrieren, um bestehende Anlagen moderner und effizienter zu machen.

Ob diese Strategie aufgeht, hängt stark von der weltwirtschaftlichen Entwicklung ab. Klar ist: Der Maschinenbau steht vor einem tiefgreifenden Wandel – und Emag ist ein Beispiel dafür, wie hart die Transformation bereits zuschlägt.

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