Milch ohne Kuh – dank Präzisionsfermentation
Das Gründerteam aus München verfolgt ein ambitioniertes Ziel: Milchprodukte völlig neu denken. Statt pflanzlicher Alternativen wie Hafer oder Soja nutzt Precision ein Verfahren, bei dem Mikroorganismen gezielt so programmiert werden, dass sie Milchproteine wie Casein und Molkenprotein herstellen. Diese Proteine sind identisch mit denen aus Kuhmilch – nur eben ohne Tierhaltung, Methan-Emissionen oder Massentierwirtschaft.
Foto: RTL / Bernd-Michael Maurer
Die Milchalternative von Precision besteht zu 97 Prozent aus pflanzlichen Inhaltsstoffen, enthält 70 Prozent weniger Zucker, dafür aber mehr Calcium, Vitamine und präbiotische Ballaststoffe. Geschmacklich soll sie sich kaum von klassischer Milch unterscheiden.
Pitch bei „Die Höhle der Löwen“: Wissenschaft trifft Emotion
Als die drei Gründer die Bühne betreten, wird schnell klar: Hier geht es nicht um ein Lifestyle-Produkt, sondern um eine technologische Revolution. Mit kühler Präzision erklären sie den Prozess, füllen Gläser mit ihrer „Kuh-freien Milch“ und reichen sie den Löwen zum Probieren.
Judith Williams, Ralf Dümmel, Frank Thelen, Janna Ensthaler und Gastlöwe Christian Miele testen, riechen, nippen – und sind überrascht: „Das schmeckt wie echte Milch!“, sagt Williams. Doch als es um Zahlen geht, steigt die Spannung.
Das Kapitalgesuch: 500.000 Euro für 8 Prozent Unternehmensanteile – bewertet mit 5,75 Millionen Euro. Die Löwen erkennen das Potenzial, aber auch das Risiko. Frank Thelen bietet 500.000 Euro für 12 Prozent, Janna Ensthaler kontert mit 15 Prozent – und verweist auf ihre Expertise in Biotech.
Zwischen den beiden Investoren entbrennt ein offener Schlagabtausch, bei dem es um Kompetenz, Vision und Kontrolle geht. Schließlich entscheidet sich das Team nach zähen Verhandlungen für Frank Thelen – 500.000 Euro für 12 Prozent. Ein Deal, der nicht nur Kapital, sondern auch Erfahrung in Skalierung und Markenaufbau bringt.
Foto: RTL / Bernd-Michael Maurer
Die Technologie hinter dem Produkt
Präzisionsfermentation ist kein Science-Fiction-Thema, sondern eine der vielversprechendsten Innovationen in der Lebensmitteltechnologie.
Dabei werden Hefen oder Mikroben genetisch so modifiziert, dass sie in Fermentationsprozessen tierische Proteine herstellen können – ähnlich wie bei der Bier- oder Joghurtproduktion.
Das Ergebnis: echte Milchproteine ohne Tierhaltung. Sie lassen sich für Milch, Joghurt, Käse oder Proteinshakes verwenden und ermöglichen Produkte, die in Konsistenz, Geschmack und Nährwert der klassischen Milch entsprechen.
Für die Umwelt bedeutet das laut Studien:
- bis zu 90 % weniger CO₂-Ausstoß,
- 60–80 % weniger Wasserverbrauch,
- keine Tierhaltung und keine Methanemissionen.
Precision plant, das Verfahren künftig auch für Joghurt und Käse einzusetzen und das Angebot schrittweise auszubauen.
Herausforderung Markt – und Akzeptanz
Der Markt für Milchalternativen wächst stark: Laut Daten des Marktforschers Statista werden in Europa jährlich zweistellige Umsatzzuwächse erzielt. Haferdrinks führen das Segment an, doch der nächste Entwicklungsschritt ist klar: Biotech-Milch.
Precision positioniert sich an der Schnittstelle von Foodtech, Nachhaltigkeit und Wissenschaft – mit einem Produkt, das ethisch überzeugt, aber zugleich das klassische Geschmackserlebnis bietet.
Eine zentrale Herausforderung bleibt jedoch die Akzeptanz. Konsumentinnen und Konsumenten müssen verstehen, dass biotechnologische Herstellung nicht „künstlicher“, sondern präziser und ressourcenschonender ist.
Ein Deal mit Signalwirkung
Der Deal mit Frank Thelen gilt als Statement für Foodtech made in Germany. Während viele Start-ups im Ausland (z. B. Perfect Day in den USA oder Formo in Berlin) bereits ähnliche Verfahren nutzen, zeigt Precision, dass auch in Deutschland Gründer mit wissenschaftlicher Tiefe und Marktfokus antreten können.
Mit dem Investment will das Team die Markteinführung vorbereiten, Produktionsprozesse skalieren und den Vertrieb in Europa aufbauen. Erste Partnerschaften mit Biotech-Laboren und Molkereien laufen bereits.
Fazit: Wenn Milch zur Technologie wird
Precision steht für den Wandel einer ganzen Branche: weg von der Massentierhaltung, hin zu einer intelligenten, ressourcenschonenden Lebensmittelproduktion.
Ob das Start-up den Durchbruch schafft, hängt nun von Preis, Produktion und Vertrauen der Konsumenten ab. Doch der Pitch bei „Die Höhle der Löwen“ zeigt: Die Milch der Zukunft könnte aus dem Bioreaktor kommen – und genauso gut schmecken wie das Original.
Kurz zusammengefasst: Die wichtigsten Fakten
- Start-up: Precision
- Gründer: Dr. Fabio Labriola, Philipp von Plato, Malte Zeeck (München)
- Technologie: Präzisionsfermentation (biotechnologische Milchproteine ohne Tierhaltung)
- Produkt: Milchalternative mit 97 % pflanzlicher Basis, 70 % weniger Zucker, identischer Geschmack
- Kapitalgesuch: 500.000 € für 8 % (bewertet mit 5,75 Mio €)
- Deal: Frank Thelen – 500.000 € für 12 %
- Ziel: Markteinführung, Skalierung, Ausbau von Produktlinie (Milch, Joghurt, Käse)
- USP: Echte Milchproteine ohne Kuh – gleiche Funktion, besser für Umwelt und Tierwohl