In Württemberg erkannte König Wilhelm I. die dramatische Lage und beschloss zu handeln. 1817 gründete er die „Centralstelle des landwirtschaftlichen Vereins“, um die heimische Landwirtschaft zu stärken und Innovationen zu fördern. Ein Jahr später, am 28. September 1818, veranstaltete er das erste „Landwirthschaftliche Fest zu Kannstadt“ als Zeichen der Hoffnung und des Aufbruchs.
Karte: The base map was taken from NASA picture Image:Indonesia_BMNG.png and the isopach maps were traced from Oppenheimer (2003).[1], CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org
Ein Fest mit Bildungsauftrag
Von Anfang an war das Cannstatter Volksfest mehr als nur Unterhaltung. Es war ein Ort des Lernens und des Austauschs für Bauern, ein Symbol für Reform und Erneuerung. Diese Wurzeln sind bis heute sichtbar: Das Landwirtschaftliche Hauptfest, das alle vier Jahre parallel zum Volksfest stattfindet, gilt als größte süddeutsche Fachausstellung für Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft.
Der Wasen als historische Bühne
Der Austragungsort des Festes, der Cannstatter Wasen, war einst eine unbebaute Neckaraue mit direktem Blick auf die Villa Bellevue. König Wilhelm I. eröffnete das erste Fest persönlich und begründete damit eine Tradition, die bis heute Bestand hat.
Bild: Gemeinfrei
Umzüge, Früchte, Festfreude
Schon 1841 fand der erste große Festumzug statt – mit mehr als 10.000 Teilnehmern und rund 100.000 Zuschauern. Seit 1927 startet der traditionelle Umzug am Cannstatter Kursaal. Ein weiteres zentrales Symbol ist die 26 Meter hohe Fruchtsäule, geschmückt mit Obst, Getreide und Gemüse – gestiftet von Wilhelm I. selbst. Sie erinnert an die agrarischen Ursprüngen des Festes und ziert jedes Jahr das Festgelände.
Vom Reformfest zum Besuchermagneten
Was einst mit rund 30.000 Gästen begann, ist heute ein global bekanntes Event mit etwa vier Millionen Besuchern jährlich. Es ist das größte Volksfest in Baden-Württemberg und das zweitgrößte in ganz Deutschland – ein Ort, an dem Geschichte lebendig bleibt.
Fazit: Tradition trifft Zeitgeist
Das Cannstatter Volksfest ist mehr als ein Spektakel. Es ist ein kulturelles Erbe, das seine Ursprüngliche Mission nie vergessen hat: Bildung, Gemeinschaft und die Wertschätzung der Landwirtschaft. Aus einer Katastrophe geboren, hat es sich zu einem Fest der Lebensfreude entwickelt – und bleibt dabei seiner Geschichte treu.