Kritik an direkter Demokratie

Bonn: Politikwissenschaftler sieht Bundes-Volksentscheide kritisch

Der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker äußert sich besorgt über die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene. Er warnt vor einer möglichen Lähmung der Regierungspolitik und kritisiert die gegenwärtige Handhabung von Bürgerbeteiligung in Deutschland. Seine Einschätzung teilt er in einem Interview.
Bonn: Politikwissenschaftler sieht Bundes-Volksentscheide kritisch
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Wahllokal (Archiv), via dts Nachrichtenagentur

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Der Bonner Politikwissenschaftler Frank Decker hat sich in einem Interview kritisch zur Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene geäußert. Gegenüber der „Rheinischen Post“ erklärte Decker am Dienstag, er sei „sehr skeptisch, ob die direkte Demokratie sinnvoll ist“. Insbesondere in einem parlamentarischen System könne sie dazu führen, dass die Regierungspolitik durchkreuzt werde.

Decker führt weiter aus, dass eine in einem solchen Fall versuchen würde, Widerstände zu antizipieren und möglicherweise andere Entscheidungen zu treffen. Dies liefe faktisch auf eine Allparteienregierung hinaus – ähnlich dem System in der Schweiz. Eine solche Entwicklung auf Bundesebene lehnt der Politikwissenschaftler ab.

Die Forderung nach mehr direkter Demokratie auf Bundesebene ist eine Kernposition des Vereins „Mehr Demokratie“. Dieser Verein stellt am Dienstag in eine Studie vor, die das „Volksentscheidranking“ in den Bundesländern bewertet.

Trotz seiner Skepsis gegenüber Volksentscheiden auf Bundesebene kritisiert Decker auch die bestehenden hohen Hürden für Bürgerbeteiligung in wichtigen Entscheidungen. Er bezeichnet es als „unehrlich“, wenn Bürgern weitreichende Versprechen gemacht würden, die in der Praxis nicht eingelöst werden könnten, da die Hürden zu hoch seien.

Als Beispiel für eine nicht umgesetzte Bürgerentscheidung nannte Decker den Fall in Berlin, wo ein Volksentscheid zum Weiterbetrieb des Flughafens Tegel von der nicht beachtet wurde. Er spricht in diesem Zusammenhang von einer „Veräppelung“ der Bürger. Daher fordert er, dass die Hürden so festgelegt werden müssen, dass die Verfahren tatsächlich anwendbar sind, aber gleichzeitig den politischen Prozess nicht lahmlegen.

Zudem übt Decker Kritik an der Methodik des „Volksentscheidrankings“, das Schulnoten an die Bundesländer vergibt. Er hält diese Praxis für „albern“, da bei der Bewertung beispielsweise unterschiedliche regionale Traditionen nicht berücksichtigt würden. Als Beispiel führt er Nordrhein-Westfalen an, wo die Hürden niedriger sind, dies aber in der Praxis für die Bürger keine große Rolle spiele.

(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

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