Der frühere Spitzendiplomat Wolfgang Ischinger hat angesichts der aktuellen Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Zukunft der Ukraine einen eigenen Friedensplan der Europäer gefordert. Er betonte die Notwendigkeit, einen „europäischen Prinzipienkatalog zu erstellen und mit den Amerikanern zu teilen“, so seine Aussage gegenüber dem „Stern“. Bislang sei dies aus Rücksicht auf die Ukraine unterblieben, da man die Rolle eines Vormunds vermeiden wollte.
Ischinger, der Deutschland als Botschafter in Washington vertrat und weiterhin die Münchner Sicherheitskonferenz leitet, kritisiert die Europäer scharf. Seiner Ansicht nach werden sie von den USA und Russland ignoriert, „weil wir noch immer so tun, als ginge es hier um Zollverhandlungen, nicht um Krieg und Frieden“.
Besondere Kritik übt Ischinger an den öffentlichen Diskussionen über die Verwendung der eingefrorenen russischen Zentralbankvermögen. Er schlägt einen entschlosseneren Ansatz vor: „Die Europäer sollten sagen: So, jetzt machen wir die Tür zu und hämmern eine Lösung aus zwischen den 27 Mitgliedsstaaten, bei der auch der letzte Einwand des belgischen Ministerpräsidenten ausgeräumt wird. Und dann wird Russland mitgeteilt: Wenn ihr bis übermorgen nicht folgende Gegenleistung erfüllt, dann hat die Ukraine 140 Milliarden neues Kapital.“
Von dieser Strategie zeigt sich Ischinger überzeugt: „Würden wir es so machen, würde in Moskau so mancher sagen: `Okay, vielleicht sollten wir doch mal in Brüssel, Berlin, Paris oder London anrufen.`“
Stattdessen beobachten die Europäer eine „öffentliche Saalschlacht vor den Augen sämtlicher russischer Analysten“, so der Sicherheitsexperte. Dies führe dazu, dass man in Moskau denke: „`Die Europäer kriegen es mal wieder nicht gebacken.` Insofern sind wir Europäer auch selbst schuld, dass wir am Spielfeldrand stehen.“
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)

