Hintergrund: Warum es zum Streitgespräch kommt
Ausgangspunkt war eine geplante Kundgebung der AfD am 19. Juli in Tübingen. Oberbürgermeister Boris Palmer fürchtete damals massive Proteste und Schäden für den Einzelhandel. Nach Gesprächen mit der Partei einigte man sich auf eine Alternative: Statt einer Großdemo sollte es ein Streitgespräch zwischen Palmer und Frohnmaier geben.
Mit dieser Lösung wollte Palmer nach eigener Darstellung verhindern, dass die Innenstadt durch Proteste lahmgelegt wird. Kritiker werfen ihm jedoch vor, der AfD durch die Bühne im Rathausumfeld eine Plattform zu verschaffen.
Frohnmaier, Landeschef und Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl 2026, sieht in der Diskussion die Chance, die AfD-Themen prominent darzustellen.
Ablauf: Sechs Themenblöcke in zwei Stunden
Das Streitgespräch findet in der Hermann-Hepper-Halle in Tübingen statt und ist komplett ausgebucht. 750 Bürgerinnen und Bürger der Stadt haben sich vorab registriert, weitere 100 Plätze wurden für AfD-Mitglieder reserviert. Moderiert wird die Debatte von Joachim Knape, Rhetorik-Professor an der Universität Tübingen.
Die Diskussion ist in sechs Themenblöcke gegliedert. Frohnmaier brachte die Punkte Meinungsfreiheit, Innere Sicherheit und Migration sowie Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg ein. Palmer wählte Klimaschutz, Wohnungsbau und Soziales sowie Demokratie und Rechtsstaat.
Während der Veranstaltung sollen auch Beiträge aus dem Publikum möglich sein – ob schriftlich per Zettel oder durch direkte Wortmeldungen, ist noch offen. Palmer kündigte im Vorfeld an, er wolle die Debatte stark auf Tübingen beziehen und zeigen, dass zentrale AfD-Forderungen seiner Ansicht nach der Stadt und ihren Bürgern schaden würden.
Frohnmaier wiederum machte deutlich, dass er die bundesweite Aufmerksamkeit nutzen möchte. Er will unter anderem für schärfere Grenzkontrollen und eine Abkehr vom starken Fokus auf Elektroautos in der Autoindustrie werben.
Sicherheit und Proteste: Polizei rechnet mit bis zu 1.500 Demonstrierenden
Rund um die Veranstaltung wird mit umfangreichen Sicherheitsmaßnahmen gerechnet. Alle Besucherinnen und Besucher müssen am Eingang Taschen- und Ausweiskontrollen durchlaufen. Waffen, Pyrotechnik, aber auch Trillerpfeifen oder Vuvuzelas sind verboten. In der Halle werden sowohl Ordner als auch Polizeikräfte präsent sein.
Parallel sind mehrere Gegendemonstrationen in der Stadt angekündigt. Aufgerufen haben unter anderem Fridays for Future, das Bündnis „Gemeinsam und Solidarisch gegen Rechts“ sowie das „Bündnis für Demokratie und Menschenrechte“. Erwartet werden rund 1.500 Teilnehmer, die Polizei stellt sich jedoch auf deutlich höhere Zahlen ein. Die Stadt rechnet mit Verkehrsbehinderungen und möglichen Ausfällen im Busverkehr.
Besonders heikel: Einige der Proteste richten sich nicht nur gegen die AfD, sondern auch gegen Palmer selbst. Kritiker bemängeln, dass er der Partei mit dem Streitgespräch Öffentlichkeit verschafft. Palmer betonte zwar, dass er die Proteste ausdrücklich unterstütze, die Organisatoren lehnten es jedoch ab, ihn bei ihren Kundgebungen sprechen zu lassen.
Livestream: Hier ist das Streitgespräch online zu sehen
Weil die Halle ausgebucht ist, wird die Diskussion im Netz übertragen. Die Stadt Tübingen stellt dazu am Freitagabend auf ihrer Webseite tuebingen.de einen Link bereit.
Technisch umgesetzt wird der Stream von einem privaten Anbieter, den die AfD beauftragt hat. Vereinbart ist, dass die Übertragung neutral bleibt: gezeigt wird ausschließlich eine Totale der Bühne, ohne Zwischenschnitte ins Publikum. Kommentare auf der begleitenden YouTube-Seite, wo der Livestream auch zu sehen sein wird, sind deaktiviert.
Fazit
Ob als demokratischer Schlagabtausch oder als politisch umstrittener PR-Coup – das Streitgespräch zwischen Palmer und Frohnmaier polarisiert bereits im Vorfeld. Klar ist: Am Freitagabend schaut nicht nur Tübingen, sondern ganz Baden-Württemberg und weit darüber hinaus auf die Hermann-Hepper-Halle.
