Tod zwischen Apfelbäumen: Das ist der neue „Tatort: Letzte Ernte“
Idylle im Alten Land? Von wegen. Auf dem Biohof der Familie Feldhusen wird der rumänische Aushilfsbauer Victor tot aufgefunden – enthauptet, sein Kopf spurlos verschwunden. Der örtliche Polizist Olaf Gerke (Ole Fischer) stempelt die grausige Szene als tragischen Arbeitsunfall ab. Doch LKA-Ermittlerin Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) glaubt nicht an Zufall – sie riecht ein Verbrechen.

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Da das LKA durch einen Großeinsatz gebunden ist, steht Lindholm weitgehend allein da. Sie vertraut auf ihren Instinkt und quartiert sich kurzerhand auf dem Hof ein, wo das Opfer zuletzt arbeitete. Schnell erkennt sie, dass hinter der Fassade der Bioidylle ein Geflecht aus Abhängigkeiten, Schweigen und Schuld lauert.
Zwischen Pestiziden, Familiendrama und falscher Idylle
Im Mittelpunkt steht Bio-Bäuerin Marlies Feldhusen (Lina Wendel), die sich im Dorf mit ihrer Umstellung auf Ökolandbau viele Feinde gemacht hat. Während sie gegen die „Glyphosat-Mafia“ wettert, die andere Landwirte mit Pestiziden beliefert, kämpft ihr Sohn Sven (Henning Flüsloh) mit der Verantwortung, den Hof zu übernehmen. Dessen Frau Frauke (Ronja Herberich) sieht in der Landwirtschaft keine Zukunft – ein Pulverfass aus familiären Konflikten.

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Lindholm taucht immer tiefer in das Leben der Familie ein, hilft bei der Apfelernte und erlebt die Spannungen hautnah. War das Opfer in mehr als nur beruflicher Hinsicht mit der Familie verbunden? Und was hat der verschwundene Kopf mit den dunklen Geheimnissen des Hofes zu tun?
Atmosphäre zwischen Gummistiefeln und Giftstoffen
Regisseur Johannes Naber inszeniert die ländliche Kulisse mit bedrückender Intensität: Das Alte Land wirkt zugleich schön und bedrohlich, zwischen Matsch, Maschinen und Apfelbäumen entfaltet sich ein Krimi, der mehr Psychogramm als Thriller ist.

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Die Kamera von Pascal Schmit fängt das Zusammenspiel von Natur und Verfall eindrucksvoll ein. Besonders stark: Lina Wendel als widersprüchliche Bäuerin, die zwischen Idealen, Verlust und innerer Wut schwankt. Und Maria Furtwängler, die nach ihrer Rückkehr zum LKA Hannover wieder einmal beweist, wie gut sie stille Spannung tragen kann.
Kritik: Lohnt sich das Einschalten?
Der Hannover-„Tatort: Letzte Ernte“ beginnt mit einem Paukenschlag – im wahrsten Sinne des Wortes. Doch nach dem schaurigen Auftakt flacht die Spannung zeitweise ab. Zu viele Themen – Bio-Landwirtschaft, Pestizid-Debatte, Familiendrama – konkurrieren um Aufmerksamkeit, was den Plot etwas überlädt.
Was bleibt, ist ein solider Krimi mit starker Bildsprache, gutem Schauspiel und einem überraschenden Ende. Der Fall lebt von seiner Atmosphäre, nicht von Tempo. Wer klassische Action sucht, wird eher enttäuscht. Wer psychologische Tiefe und ein Stück Gesellschaftskritik schätzt, bekommt einen intensiven Sonntagabend-Krimi serviert.
insideBW.de-Wertung: 2,5 von 5 Sternen
Düster, ruhig und gut gespielt – aber mit Längen zwischen den Apfelbäumen.
Besetzung von „Tatort: Letzte Ernte“
- Charlotte Lindholm – Maria Furtwängler
- Marlies Feldhusen – Lina Wendel
- Olaf Gerke – Ole Fischer
- Hajo Klinkicht – Tim Porath
- Sven Feldhusen – Henning Flüsloh
- Frauke Feldhusen – Ronja Herberich
Musik: Oli Biehler
Kamera: Pascal Schmit
Buch: Benedikt Röskau, Stefan Dähnert, Johannes Naber
Regie: Johannes Naber
Sendetermine und Mediathek
- Sonntag, 26. Oktober 2025, 20:15 Uhr im Ersten
- Dienstag, 28. Oktober 2025, 00:30 Uhr im Ersten (Wiederholung)
Der „Tatort: Letzte Ernte“ steht außerdem in der ARD-Mediathek im Livestream bereit und ist dort nach der TV-Ausstrahlung bis zu sechs Monate lang kostenlos abrufbar.

