Die Maßnahme senkt die Gesamtkapazität unter das Niveau des Winters 2024 – ein deutliches Signal dafür, dass sich der deutsche Luftverkehr nach der Corona-Pandemie weiterhin langsamer erholt als andere europäische Märkte.
Kritik an Steuerpolitik: „Unvermögen der Bundesregierung“
In einer Pressemitteilung vom 15. Oktober bezeichnete Ryanair die Entscheidung als direkte Folge des „anhaltenden Unvermögens der Bundesregierung, die hohen Zugangskosten in Deutschland zu senken“.
Insbesondere die im Mai 2024 eingeführte Erhöhung der Luftverkehrssteuer um 24 % sei bislang nicht zurückgenommen worden – entgegen früherer politischer Zusagen.
Neben der Steuer nennt Ryanair stark gestiegene Flugsicherungs-, Sicherheits- und Flughafengebühren als zentrale Belastungen. Diese hätten Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Vergleich massiv geschwächt.
„Es ist äußerst enttäuschend, dass die neu gewählte deutsche Bundesregierung ihr Versprechen gebrochen hat, die schädliche Luftverkehrssteuer und die enorm hohen Zugangskosten zu senken.“
– Dara Brady, Chief Marketing Officer Ryanair
Deutschland fällt im EU-Vergleich zurück
Während Länder wie Irland, Spanien und Polen keine Luftverkehrssteuer erheben und Staaten wie Schweden, Ungarn oder Italien ihre Abgaben zuletzt senkten, bleibt Deutschland laut Ryanair einer der teuersten Standorte Europas.
Die Folge: Deutschlands Luftfahrtmarkt habe bis heute nur 88 % seines Vorkrisenniveaus wieder erreicht – das schwächste Ergebnis unter den großen europäischen Märkten.
Fluggesellschaften investieren ihr Wachstum deshalb zunehmend in Länder mit niedrigeren Standortkosten. Ryanair verweist darauf, dass man in Märkten wie Spanien, Polen oder Portugal die Kapazitäten weiter ausbaue, während Deutschland zurückfalle.
Betroffene Flughäfen und Auswirkungen auf Reisende
Ryanair zieht sich im Winterflugplan 2025 an neun deutschen Flughäfen spürbar zurück. Besonders stark trifft es die Standorte Berlin-Brandenburg, Hamburg und Memmingen, wo mehrere Verbindungen gestrichen und geplante Frequenzen gekürzt werden.
Auch an den Flughäfen Köln/Bonn, Frankfurt-Hahn, Weeze, Nürnberg, Bremen sowie Karlsruhe/Baden-Baden reduziert der Billigflieger sein Angebot. Die Änderungen betreffen vor allem Verbindungen in südliche und touristisch geprägte Regionen Europas, etwa nach Spanien, Italien oder Portugal.
Die drei früheren Basen Dortmund, Dresden und Leipzig bleiben weiterhin ohne Ryanair-Verkehr. Damit konzentriert die Airline ihr Deutschland-Geschäft auf weniger, aber wirtschaftlich profitablere Standorte.
Für Passagiere bedeutet das: Einige beliebte Direktverbindungen fallen im Winter ganz weg, andere werden seltener bedient. Reisende müssen häufiger auf größere Hubs ausweichen oder längere Umsteigezeiten in Kauf nehmen. Vor allem Wochenend- und Städtereisende in Richtung Mittelmeer dürften die Kürzungen spüren.
Ryanair stellt Bedingungen für Wachstum
Ryanair betont, dass ein politischer Kurswechsel in Berlin sofort neue Investitionen auslösen könnte. Sollte die Bundesregierung die Luftverkehrssteuer senken oder abschaffen und die Zugangskosten reduzieren, könnte Ryanair laut eigenen Angaben:
- 30 zusätzliche Flugzeuge in Deutschland stationieren (Investition: über 3 Mrd. US-Dollar)
- das Passagieraufkommen auf 34 Millionen Reisende pro Jahr verdoppeln
- über 1.000 neue Arbeitsplätze schaffen
Solange dies nicht geschieht, werde Deutschland „weiter hinter wettbewerbsfähigere Länder zurückfallen“, warnt Ryanair.
Flugsicherung verschärft Lage
Parallel kritisiert die Airline das Missmanagement in der deutschen Flugsicherung (DFS).
Allein im Jahr 2025 seien laut Ryanair über 3 Millionen ihrer Passagiere von Verspätungen betroffen gewesen – verursacht durch Personalmangel und ineffiziente Planung.
Ryanair fordert Verkehrsminister Patrick Schnieder auf, die DFS-Strukturen zu reformieren und eine verlässliche Personalbesetzung sicherzustellen, insbesondere in der „ersten Welle“ der Morgenflüge.
Politischer Druck wächst
Mit dem Schritt verschärft Ryanair den Druck auf die Bundesregierung. Branchenbeobachter sehen die Kürzungen als Weckruf für eine überfällige Standortreform.
Wirtschaftsverbände hatten bereits nach der Steuererhöhung 2024 vor einem Verlust an Wettbewerbsfähigkeit gewarnt. Sollte die Politik nicht gegensteuern, drohen weitere Kürzungen – möglicherweise bereits zum Sommerflugplan 2026.
Fazit
Die jüngste Entscheidung Ryanairs markiert einen Wendepunkt für den Luftverkehrsstandort Deutschland.
Hohe Steuern und Gebühren setzen Airlines zunehmend unter Druck – während andere EU-Länder mit steuerlichen Erleichterungen Wachstum anziehen.
Ob Deutschland den Rückstand aufholt, hängt nun von politischen Entscheidungen ab. Ryanair hat seine Botschaft klar formuliert: „Handelt Berlin nicht, fliegen wir woanders.“