1909, eine Zeit, in der die Welt noch in den Kinderschuhen der Automobilentwicklung steckte
Zu dieser Zeit etablierte sich Benz & Cie. als einer der größte Autohersteller der Welt. Die in Mannheim gefertigten Fahrzeuge genossen einen exzellenten Ruf für ihre Alltagstauglichkeit, Zuverlässigkeit und Erschwinglichkeit. Doch in einer sich rasant entwickelnden Industrie, in der die Konkurrenz niemals ruhte, stand das Unternehmen vor der Herausforderung, innovativ zu bleiben und seine Marktanteile zu verteidigen.
Ein PR-Coup, der bis heute in der Automobilgeschichte nachhallt
In einem kühnen Schritt zur Wahrung ihrer Spitzenposition und um der wachsenden Konkurrenz stets einen Schritt voraus zu sein, setzte sich Benz & Cie. ein ambitioniertes Ziel: Sie wollten das schnellste Auto der Welt bauen, ein Fahrzeug, das schneller sein sollte als jedes andere Verkehrsmittel seiner Zeit.
Grenzen überschreiten, Rekorde brechen
1909 wurde dieses kühne Vorhaben Wirklichkeit, als der „Blitzen-Benz“ die Bühne betrat und die Automobilwelt revolutionierte. In einer Epoche, die gerade erst begann, das Potenzial motorisierter Fahrzeuge zu erkennen, stellte der „Blitzen-Benz“ alles Bisherige in den Schatten. Ausgestattet mit einem mächtigen Vierzylindermotor, der 21,5 Liter Hubraum und beeindruckende 147 kW (200 PS) leistete, sollte das Fahrzeug als erstes die 200 km/h-Marke durchbrechen – mit Kettenantrieb!
Aerodynamik trifft auf rohe Kraft
In einer Ära, als aerodynamisches Design noch an den Anfängen seiner Entwicklung stand, entwarfen die Konstrukteure des „Blitzen-Benz“ eine Karosserie, die in ihrer Formgebung und Effizienz ihrer Zeit weit voraus war. Sie gestalteten die Karosserie intuitiv aerodynamisch. Inspiriert von der Einfachheit einer Zigarre, formten sie ein Fahrzeug, das den Wind teilte und die Herzen der Menschen im Sturm eroberte. Der Fahrer saß tief im Cockpit, flankiert von schmalen Sitzen und Reifen, alles ausgerichtet auf maximale Windschlüpfrigkeit. Jede Linie, jede Kurve sprach von der Hingabe und dem technischen Scharfsinn, der in den Werkstätten Mannheims herrschte.
Ein akustisches und optisches Spektakel
Wenn der „Blitzen-Benz“ an den Start ging, war es nicht nur die Geschwindigkeit, die die Massen anzog. Die vier massiven Auspuffrohre, die aus seiner Motorhaube ragten, entließen einen ohrenbetäubenden Donner, der die Luft zum Vibrieren brachte. Dieses Fahrzeug war eine Symphonie aus Kraft und Geschwindigkeit, ein optisches und akustisches Spektakel, das seinesgleichen suchte.
Victor Hémery: Der Rekordfahrer am Steuer des legendären Blitzen-Benz
Victor Hémery, geboren am 18. November 1876 in Sillé-le-Guillaume und verstorben am 8. September 1950 in Le Mans, war ein französischer Automobilrennfahrer, dessen Name untrennbar mit dem Blitzen-Benz verbunden ist. Bekannt als einer der impulsivsten und aufbrausendsten Rennfahrer seiner Zeit, begann Hémery seine Karriere als Mechaniker und später als Leiter der Versuchsabteilung und Rennfahrer bei Darracq, wo er bedeutende Erfolge wie das Ardennenrennen und den Vanderbilt Cup erzielte.
1907 wechselte Hémery zu Benz & Cie., und es war in dieser Zeit, dass er seine größte und bleibende Leistung vollbrachte. Der Werksfahrer fuhr den Benz 200 PS zum ersten Mal am 17. Oktober bei einem Sprintrennen in Brüssel (Belgien) und deklassierte dabei die Konkurrenz.
Ein Weltrekord, der Geschichte schrieb
Am 8. November 1909 setzte er sich dann hinter das Steuer des „Blitzen-Benz“ und durchbrach auf der Rennstrecke in Brooklands als erster Mensch in einem Automobil die 200-km/h-Marke. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 205,666 km/h über eine halbe Meile setzte er einen neuen Weltrekord, der die Automobilwelt in Staunen versetzte.
Der amerikanische Traum
Nach seinem triumphalen Lauf in Europa wurde der „Blitzen-Benz“ nach Amerika gebracht, wo er unter dem Namen „Lightning-Benz“ weiterhin Rekorde brach und die Massen begeisterte. Jeder Erfolg auf amerikanischem Boden war ein weiterer Stern in der Krone Baden-Württembergs, ein weiterer Beweis für die Qualität und Leistungsfähigkeit seiner Schöpfungen.
Steigerung: Der Benz 200 PS kann noch mehr
Am 23. April 1911 fährt Robert R. „Bob“ Burman in Daytona Beach mit dem weiter verbesserten Rennwagen 228,1 km/h über die fliegende Meile. Wieder Weltrekord. Er ist doppelt so schnell wie ein damaliges Flugzeug und schneller als jedes Auto oder Schienenfahrzeug jener Zeit. Der „Blitzen-Benz“ bleibt das schnellste Auto der Welt – acht weitere Jahre lang. Erst 1919 fällt die Rekordmarke des berühmten Fahrzeugs aus Mannheim.
Ein unvergessliches Kapitel
Der „Blitzen-Benz“ bleibt ein unvergessliches Kapitel in der Geschichte der Automobilindustrie, ein Meisterwerk, das die Grenzen der Geschwindigkeit neu definierte. Seine Geschichte ist tief verwurzelt in der Erde Baden-Württembergs und ein lebendiges Testament des technischen Genies und des unerschütterlichen Geistes der Region. Er ist nicht nur ein Teil der Automobilgeschichte, sondern ein bleibendes Symbol für die Fähigkeit, Großes zu erreichen und die Welt auf dem Weg dorthin zu verändern.
Lies mehr
Den Blitzen-Benz live erleben: Ein Besuch im Mercedes-Benz Museum
Für alle, die die Legende des Blitzen-Benz nicht nur aus Erzählungen kennen, sondern sie hautnah erleben möchten, bietet das Mercedes-Benz Museum in Stuttgart eine einmalige Gelegenheit. Im Raum Mythos 7: Silberpfeile – Rennen und Rekorde, können Besucher in die faszinierende Welt des Motorsports eintauchen und den historischen Blitzen-Benz in seiner ganzen Pracht bewundern.