Vertrauensfrage und mögliche Neuwahlen im Januar
Die Frage der Vertrauensabstimmung im Bundestag stand im Zentrum des Interviews. Scholz gab sich offen für eine frühere Entscheidung, falls das von den anderen Parteien gewünscht werde. „Dass ich vor Weihnachten noch die Vertrauensfrage stelle, wenn das alle so sehen, ist für mich überhaupt kein Problem,“ erklärte er. Ursprünglich wurde der 15. Januar als Termin vorgeschlagen, doch Scholz überlässt diese Entscheidung nun Merz und Mützenich. Er wies jedoch darauf hin, dass ein schneller Prozess nicht leicht zu realisieren sei: „Das ist alles nicht so einfach.“
Miosga sprach Scholz direkt auf die Krise der Demokratie an und fand die Formulierung „Fest der Demokratie“ angesichts der prekären Lage unpassend. Daraufhin erklärte Scholz, dass Neuwahlen für ihn ein wichtiger demokratischer Prozess seien. „Das ist doch überhaupt nicht vergleichbar“, entgegnete Scholz auf Miosgas Verweis auf die chaotische Berlin-Wahl und versicherte, dass die Bundesregierung bemüht sei, ein solches Szenario zu vermeiden.
Scholz zur Atomwaffenfrage: „Strikt gegen nukleare Bewaffnung“
Ein weiterer wichtiger Punkt des Interviews betraf die Frage einer nuklearen Bewaffnung Deutschlands. Im Zusammenhang mit einem außenpolitischen Papier von SPD und der neuen Partei von Sahra Wagenknecht stellte Scholz seine Haltung klar: „Ich bin strikt dagegen, dass Deutschland sich nuklear bewaffnet!“ Damit positionierte er sich deutlich gegen die Forderungen nach einer eigenständigen deutschen Atomwaffenstrategie. Für Scholz bleibt die nukleare Teilhabe innerhalb der NATO ausreichend. Eine eigenständige Bewaffnung kommt für ihn nicht in Frage, womit er auf eine langjährige deutsche Position zurückgreift.
Keine Zweifel an Kanzlerkandidatur: Scholz bleibt entschlossen
Obwohl aktuelle Umfragen die Union vor der SPD zeigen, blieb Scholz optimistisch, dass die Sozialdemokraten die nächste Wahl gewinnen könnten. Auf die Frage, ob er sicher sei, erneut als Kanzlerkandidat anzutreten, sagte er entschlossen „Ja“. Selbst als Miosga Beliebtheits-Grafiken einblendete, in denen er im Vergleich zur Konkurrenz weniger gut abschnitt, behielt Scholz seinen Optimismus bei. Verteidigungsminister Pistorius liegt in der Beliebtheit innerparteilich zwar vorn, doch Scholz machte klar, dass er weiterhin den Anspruch auf das Kanzleramt hat. Auf die Frage, ob er sich selbst mit Merz vergleiche, sagte Scholz mit einem Augenzwinkern: „Ich finde mich etwas cooler.“
SPD-Applaus nach dem Ampel-Aus: Scholz verteidigt seine Partei
Eine kontroverse Szene des Interviews drehte sich um den Applaus der SPD-Fraktion nach dem Bruch der Ampel-Koalition. Miosga zeigte sich irritiert und fragte, ob das angemessen gewesen sei. Scholz verteidigte die Reaktion seiner Partei und sagte: „Wundern Sie sich gerne.“ Für Scholz sei dies Ausdruck der Geschlossenheit innerhalb der SPD und eine Reaktion auf die überwundenen Schwierigkeiten.
Außenpolitik: Telefonat mit Putin und Umgang mit Trump
In der Außenpolitik zeigte sich Scholz betont selbstsicher. Angesprochen auf ein mögliches Gespräch mit Wladimir Putin sagte der Kanzler: „Ich habe mir vorgenommen, mit dem russischen Präsidenten zur richtigen Zeit zu sprechen.“ Er machte jedoch klar, dass er keinen Alleingang unternehmen wolle, sondern im Einklang mit den europäischen Partnern agiere. Als Miosga fragte, wann denn der richtige Zeitpunkt wäre, antwortete Scholz kurz und prägnant: „Demnächst.“
Auch zum möglichen Umgang mit einem erneuten US-Präsidenten Trump bezog Scholz Stellung und versicherte, dass Deutschland weiterhin auf die Zusammenarbeit mit den USA setze. „Getanzt wird mit dem, der im Saal ist,“ erklärte der Kanzler, und zeigte sich unbeeindruckt von Trumps Forderungen nach höheren NATO-Beiträgen. Scholz wies auf die bereits gestiegenen Beiträge Deutschlands hin und betonte, dass die USA auch unter Trump ein verlässlicher Partner blieben.
Scholz auf Musk-Attacke: „Es adelt mich“
Auf einen X-Beitrag von Tech-Milliardär Elon Musk, der Scholz als „Narr“ bezeichnet hatte, reagierte der Kanzler humorvoll: „Es adelt mich.“ Der Kommentar zeigt seine Gelassenheit gegenüber Kritik, selbst wenn sie von prominenten Persönlichkeiten kommt.
„Es hat mir gereicht“: Scholz über das Ende der Ampel-Koalition
Ein weiterer Schwerpunkt des Interviews war das Ende der Ampel-Koalition. Miosga fragte, ob Scholz das Aus der Regierung als persönliche Niederlage sehe. Scholz erklärte, dass er alles Mögliche getan habe, um die Koalition zu retten, und machte deutlich: „Es hat mir gereicht.“ Für ihn sei die Zusammenarbeit zunehmend schwieriger geworden, da es „keinen Konsens“ mehr über die Fortführung des Koalitionsvertrages gegeben habe, wie SPD-Chef Lars Klingbeil vorgeschlagen hatte. Auf die Frage, ob er den Bruch provoziert habe, erwiderte Scholz: „Nein, ich habe ihn nicht provoziert.“
Optimismus für die SPD: „Gute Chance“ als stärkste Partei
Trotz schlechter Umfragewerte zeigte sich Scholz optimistisch, dass die SPD bei der kommenden Wahl zur stärksten Partei wird. „Ich gehe davon aus, dass es eine gute Chance gibt, dass es ein neues Mandat für die Sozialdemokratische Partei im Bundestag als stärkste Fraktion gibt,“ sagte Scholz und betonte sein Ziel, erneut eine Regierung unter seiner Führung zu bilden.
Das Interview mit Scholz bot nicht nur Einblicke in die aktuelle politische Lage, sondern zeigte einen selbstbewussten Kanzler, der sich sowohl für Neuwahlen als auch in Fragen der internationalen Zusammenarbeit und nuklearen Abrüstung klar positionierte. Die Vertrauensfrage und der mögliche Neuwahl-Termin bleiben weiterhin offen und versprechen Spannung in der politischen Zukunft Deutschlands.