Der mutmaßliche Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt am 20. Dezember 2024 wird nach einer aktuellen Analyse als „eindeutig terroristische“ Tat bewertet. Diese Einschätzung liefert ein umfassendes 40-seitiges Gutachten des Sozial- und Islamwissenschaftlers Hans Goldenbaum.
Goldenbaum, der die Fachstelle für Gewalt- und Radikalisierungsprävention SALAM in Sachsen-Anhalt leitet, untersuchte für seine Studie rund 2.000 Onlinebeiträge des Täters Taleb A. Seine Schlussfolgerung ist eindeutig: „Tatort und Opfergruppe sind bewusst ausgewählt und gezielt angegriffen worden.“
Täter jahrelang in rechtsextremem Netzwerk aktiv
Das Gutachten legt nahe, dass der Beschuldigte seine Tat über einen langen Zeitraum hinweg vorbereitet und mehrfach öffentlich angekündigt hatte. Es wird zudem beschrieben, wie sich der Täter in einem internationalen rechtsextremen Netzwerk verortete. Diese Erkenntnisse stehen im direkten Widerspruch zu den bisherigen Bewertungen des Bundeskriminalamtes (BKA) und des Landeskriminalamtes (LKA), die Taleb A. als verwirrten Einzeltäter ohne ein politisches Motiv einstuften.
Nach den Feststellungen des Gutachtens war Taleb A. kein isolierter Einzeltäter. Er soll Teil einer transnationalen, überwiegend rechtsextremen Diskussionsgemeinschaft gewesen sein. Im Rahmen dieser Aktivitäten verbreitete er Inhalte bekannter Akteure, teilte Verschwörungstheorien über eine angebliche „Islamisierung Europas“ und formulierte politische Forderungen. Dazu zählten Gesetzesänderungen und die Schließung einer Flüchtlingsorganisation. Das Gutachten bewertet die Tat als Versuch, „öffentliche Stellen rechtswidrig zu einem Tun oder Unterlassen zu zwingen“ – ein Merkmal, das typisch für terroristische Gewalt ist.
Auswirkungen auf Opferhilfe
Die Neueinstufung der Tat hat erhebliche Bedeutung für die Opfer. Bislang galt der Vorfall als Amokfahrt eines psychisch auffälligen Täters, wodurch keine Leistungen aus dem staatlichen Terroropferfonds bezogen werden konnten. Sollte der Anschlag nun offiziell als politisch motivierte Terrortat anerkannt werden, könnte sich dies ändern. Das Bundesjustizministerium hatte bereits zu Beginn des Jahres eine einmalige Sonderzahlung von 25 Millionen Euro in Aussicht gestellt, um den Betroffenen unbürokratisch zur Seite zu stehen.