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1963: Ein Winter der Geschichte schrieb

Historischer Kälteeinbruch 1963: Wie sich der Bodensee in eine endlose Eiswüste verwandelte!

Meistens gefrieren heute nur die Uferbereiche.
Foto: Achim Mende Internationale Bodensee Tourismus GmbH

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Um den Bodensee in seiner seltenen Pracht als komplett zugefrorene Fläche zu erleben, bedarf es eines Winters, der an die eisigen Temperaturen Sibiriens erinnert. Es ist ein seltenes Ereignis, das eine Pause in der globalen Klimaerwärmung voraussetzt.

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Legendär: Seegfrörne 1963

Es war ein Ereignis, das sich ins kollektive Gedächtnis der Anrainer des Bodensees eingebrannt hat: Die Seegfrörne von 1963. Ganze 61 Jahre sind vergangen, seit der Bodensee zuletzt komplett zugefroren war. Ein Phänomen, das nicht nur die Einheimischen in Staunen versetzte, sondern auch weit über die Region hinaus Beachtung fand. Doch wie kam es zu dieser außergewöhnlichen Kälteperiode, die den mächtigen See in eine riesige Eisfläche verwandelte?

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Von Foto: Sammlung Risch-Lau, Vorarlberger Landesbibliothek, CC BY 4.0, commons.wikimedia.org

Frostige Fakten: Als der Bodensee zur Eisbahn wurde!

Ein See, so groß wie halb Berlin, friert komplett zu. Der Obersee, das Herzstück des Bodensees, wurde zur größten Eisfläche weit und breit. Aber das passiert nicht einfach so! Nein, es braucht eine perfekte Mischung aus kühlen Sommern, frühem Winterbeginn und einer Prise eisiger Temperaturen. Der Winter 1962/1963 zeichnete sich durch genau solche Bedingungen aus. Er gilt als einer der kältesten Winter des 20. Jahrhunderts, noch frostiger als der Kriegswinter 1942 und seit 1879 der drittkälteste überhaupt. Nur in den Wintern 1879/80 und 1890/91 sank das Quecksilber noch tiefer. Dieser historische Winter schuf die perfekten Bedingungen für die legendäre Seegfrörne, ein Ereignis, das den Bodensee in eine eisige Wunderwelt verwandelte.

Kälterekorde, die das Thermometer zum Weinen brachten!

Die Kälte kam nicht allein. Sie brachte Rekorde mit sich, die bis heute in den Geschichtsbüchern stehen. In Aldersbach-Kriestorf wurden -33,5 Grad gemessen, ein Wert, der bis heute als einer der niedrigsten in Deutschland gilt. Deutschlandweit wurden Allzeitrekorde für das tiefste Minimum aufgestellt. Die Kälte hielt den Bodensee fest im Griff, und die Menschen standen vor einer Landschaft, die mehr einer Arktisexpedition glich als dem gewohnten Anblick ihres Heimatsees.

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Wetterkarte vom 31. Januar 1963. Die zwei anhaltenden (persistenten) Hochdruckgebiete über Norddeutschland und Polen brachten die sehr kalte Festlandsluft nach Deutschland, wodurch flächendeckende Frosttemperaturen entstanden. (Quelle: DWD)


6. Februar 1963: Der Bodensee ist komplett zugefroren

Am 6. Februar 1963 markierte ein besonderes Ereignis den Höhepunkt der Seegfrörne: Der komplette Bodensee war zugefroren. An diesem historischen Tag stellten die Autofähren ihren Betrieb ein, und der See verwandelte sich in eine endlose Eisfläche. Eine Gruppe abenteuerlustiger Menschen aus Hagnau, angeführt von Berthold Arnold, nutzte diese einmalige Gelegenheit. Zu ihnen gehörte auch Josef Ritter. Ihr Ziel war ambitioniert: das sieben Kilometer entfernte Schweizer Ufer.

Erinnerung in Hagnau an Erstüberquerung des gefrorenen Bodensees zur Vorbereitung der Eisprozession 1963.
Erinnerung in Hagnau an Erstüberquerung des gefrorenen Bodensees zur Vorbereitung der Eisprozession 1963.
Foto: Von Roland.h.bueb – Eigenes Werk, CC BY 3.0 commons.wikimedia.org

Was als mutige Unternehmung begann, wurde zu einem symbolträchtigen Moment, der die Verbundenheit und den Pioniergeist der Anwohner des Bodensees unter Beweis stellte. Dieser Tag bleibt als Zeugnis der Kühnheit und des Abenteuergeistes in Erinnerung, der die Menschen in dieser außergewöhnlichen Zeit ergriff.

Das Eis, das verbindet

Mit der anhaltenden Kälte verwandelte sich der Bodensee in eine riesige Eisfläche. Menschen nutzten die Gelegenheit, um den See auf ungewöhnliche Weise zu überqueren: zu Fuß, auf Schlittschuhen, mit Fahrrädern oder sogar Autos. Die Eisdecke wurde zum Treffpunkt, zur Abenteuerlandschaft und zu einer temporären Brücke zwischen den Anrainerstaaten. Die traditionelle Eisprozession am 12. Februar 1963, bei der die Büste des Heiligen Johannes von Hagnau über den gefrorenen See getragen wurde, zog Tausende auf das Eis.

Historischer Kälteeinbruch 1963: Wie sich der Bodensee in eine endlose Eiswüste verwandelte! Eislandung im Hafenbecken von Lindau waehrend der Seegfroerne 1963
Darstellung auf einer Ansichtstafel am Lindauer Hafen: Eislandung im Hafenbecken von Lindau während der Seegfrörne 1963, Aufnahme von W. Stuhler

Die Kehrseite der Seegfrörne und das Ende der Eiszeit

Das Phänomen der Seegfrörne 1963 war nicht ohne Risiken. Vier Menschen verloren ihr Leben, indem sie in das Eis einbrachen oder erfroren. Nach etwa vier Wochen begann das Eis zu schmelzen, und die Behörden warnten vor dem Betreten des Obersees. Die kurze, aber intensive Eiszeit endete schließlich am 8. März, und erst am 25. März wurde der reguläre Fährverkehr wieder aufgenommen. Trotz der Faszination war die Seegfrörne somit auch ein mahnendes Beispiel für die unberechenbare Kraft der Natur.

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Heute noch möglich? Seegfrörne im Schatten des Klimawandels

Die Seegfrörne, einst ein Jahrhundertereignis, wird durch den Klimawandel zunehmend unwahrscheinlicher. Historisch gesehen fanden die letzten vollständigen Seegfrörnen vor 1962/63 in den Jahren 1830 und 1880 statt. Heute zeichnet sich ein deutlicher Trend zu milderen Wintern in Deutschland ab, was die Wahrscheinlichkeit für dieses seltene Naturphänomen weiter verringert. Die Wintermonate Dezember, Januar und Februar waren in den letzten 20 Jahren überdurchschnittlich warm, mit einer signifikanten Abnahme sehr kalter Wintermonate seit den 1990er Jahren. Obwohl es immer noch eine geringe Chance für eine weitere vollständige Seegfrörne gibt, da einzelne Jahre vom Trend abweichen können, macht der durchschnittlich milde Januar eine Seegfrörne im aktuellen Winter äußerst unwahrscheinlich.

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