Seismische Daten zeigen klare Veränderungen im Erdinneren

Forscher enthüllen: Erdkern hat gestoppt und dreht sich nun Rückwärts – wie sich unser Planet jetzt verändern könnte

Tief unter unseren Füßen spielt sich etwas ab, das lange wie ein ungelöstes Rätsel wirkte: Der feste innere Erdkern – ein riesiger Ball aus Eisen und Nickel – hat seine Drehrichtung geändert. Das zeigt eine Studie die 2024 in der Fachzeitschrift „Nature veröffentlicht wurde.

  • Studie: Nature, 12. Juni 2024
  • Zeitraum: 1991–2023
  • Datenbasis: 121 Erdbeben, 143 analysierte Bebenpaare, 16 Multiplets
  • Messstationen: ILAR (Eielson) & YKA (Yellowknife)
  • Ergebnis: Vorwärtsrotation bis 2008, seitdem Rückwärtsrotation, etwa 2–3 Mal langsamer
  • Bedeutung: Neue Basis für Modelle zur Dynamik zwischen innerem Kern, äußerem Kern und Mantel

Forscher enthüllen: Erdkern hat gestoppt und dreht sich nun Rückwärts – wie sich unser Planet jetzt verändern könnte
Forscher enthüllen: Erdkern hat gestoppt und dreht sich nun Rückwärts – wie sich unser Planet jetzt verändern könnte
Foto: Insidebw.de / AI

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Ein internationales Forschungsteam um Wei Wang und John E. Vidale hat in einer aufwendigen Analyse Daten von 121 Erdbeben zwischen 1991 und 2023 ausgewertet. Diese Beben ereigneten sich in den Südlichen Sandwichinseln, einer abgelegenen Region im Südatlantik, die wegen ihrer geologischen Aktivität als „natürliches Labor“ für seismische Studien gilt.

Die seismischen Wellen dieser Beben – speziell die PKIKP-Wellen, die direkt durch den festen Erdkern laufen – lieferten den entscheidenden Hinweis:

  • Bis 2008 drehte sich der Kern leicht vorwärts – eine sogenannte Superrotation.
  • Seit rund 2008 bewegt er sich nun rückwärts, allerdings zwei- bis dreimal langsamer als zuvor.

Die Daten zeigen klar: Der innere Erdkern vollzieht keine chaotischen Bewegungen, sondern eine ruhige, präzise Kehrtwende.

Wie Forscher den Richtungswechsel entdeckten

Die Wissenschaftler arbeiteten mit repetitiven Erdbeben – also Beben, die immer wieder an derselben Stelle und unter ähnlichen Bedingungen entstehen. Das macht ihre seismischen Signale fast identisch und damit perfekt für präzise Analysen.

Über zwei Jahrzehnte hinweg zeichneten zwei hochsensible Seismik-Arrays in NordamerikaEielson (ILAR) und Yellowknife (YKA) – diese Wellen auf. Durch den Vergleich der Wellenformen über viele Jahre hinweg konnten die Forscher kleinste Veränderungen nachweisen.

  • Vorwärtsbewegung (2003–2008): Die Wellenformen veränderten sich so, wie es bei einer leichten Vorwärtsrotation des Kerns zu erwarten ist.
  • Rückwärtsbewegung (seit 2008): Spätere Wellen ähnelten wieder älteren Mustern – ein klares Zeichen, dass der Kern an dieselben Positionen zurückkehrt, nur diesmal in entgegengesetzter Richtung.
  • Stabile Bewegung: Die Rückwärtsrotation verläuft extrem gleichmäßig, ohne größere Schwankungen oder Sprünge.

Diese Methodik ist so präzise, dass die Forscher die Bewegung des Erdkerns fast wie auf einem Zeitstrahl nachzeichnen konnten.

Hat das Folgen für uns?

Direkte Auswirkungen im Alltag hat die Kehrtwende des Erdkerns nicht – doch die Entdeckung liefert wichtige Hinweise auf , die uns alle betreffen könnten:

  • Magnetfeld: Das Magnetfeld der Erde, das uns vor gefährlicher Strahlung schützt, entsteht im Zusammenspiel des inneren und äußeren Kerns. Veränderungen im Bewegungsmuster des Kerns könnten langfristig Einfluss auf die Stärke oder Ausrichtung des Magnetfelds haben.
  • Tageslänge: Schon minimale Verschiebungen im Erdkern können die Tageslänge um winzige Millisekunden verändern – ein Effekt, der sich über Jahre summieren kann.
  • Geologische Dynamik: Auch wenn keine direkten Gefahren bestehen, sind Erdbeben- und Vulkanaktivitäten langfristig mit den Bewegungen im Erdinneren verknüpft.

Die Forscher betonen jedoch: Akute Gefahren bestehen nicht. Es handelt sich um langsame, geophysikalische Prozesse, die Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte dauern.

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Schalenaufbau des Erdinneren (weiß: Erdkruste; dunkelrot: Erdmantel; hellrot und gelb: äußerer und innerer Erdkern)
Grafik: SoylentGreen – Myself, Earth-Texture is from NASA., CC BY-SA 3.0, Link

Fakten über den inneren Erdkern

Wer den geheimnisvollen Erdkern verstehen will, sollte die wichtigsten Eckdaten kennen:

  • Zusammensetzung: Der innere Erdkern besteht vor allem aus Eisen und Nickel. Er ist fest, im Gegensatz zum äußeren Kern, der flüssig ist.
  • Temperatur: Im Kern herrschen Temperaturen von bis zu 5.700 Grad Celsius – ähnlich heiß wie an der Oberfläche der Sonne.
  • Tiefe: Der innere Kern beginnt etwa 5.150 Kilometer unter der Erdoberfläche und reicht bis zum Mittelpunkt der Erde in rund 6.370 Kilometern Tiefe.
  • Dichte: Mit rund 12,6 bis 13 Gramm pro Kubikzentimeter ist der innere Kern extrem dicht – mehr als das Doppelte der Dichte vieler Gesteine an der Oberfläche.

Warum diese Studie so wichtig ist

Viele Berichte haben in den vergangenen Jahren dramatisch von einem „Stopp“ des Erdkerns gesprochen. Doch die aktuelle Untersuchung zeigt ein wesentlich differenzierteres Bild. Es gab keine abrupte Vollbremsung, sondern vielmehr eine sanfte Umkehr. Seit rund 2008 dreht sich der innere Kern nun langsam in entgegengesetzter Richtung – stabil, gleichmäßig und auf nahezu demselben Weg, den er zuvor in Vorwärtsrichtung genommen hat.

Besonders beeindruckend ist die Qualität der Datenbasis. Die Analyse stützt sich auf 143 Paare von nahezu identischen Erdbeben, die über einen Zeitraum von mehr als 30 Jahren aufgezeichnet wurden. Diese Fülle an hochpräzisen Messungen macht die Ergebnisse so belastbar wie nie zuvor. Sie belegen eindeutig, dass der Erdkern kein statisches Element im Inneren unseres Planeten ist, sondern einem dynamischen, zyklischen Prozess folgt, der sich über Jahrzehnte hinweg verändert.

Die Studie liefert damit nicht nur eine klare Momentaufnahme der aktuellen Bewegung, sondern auch wertvolle Hinweise für die Modellierung der komplexen Vorgänge tief im Inneren der Erde.

Fazit

Der innere Erdkern hat seine Richtung gewechselt – leise, langsam, aber messbar. Für den Alltag bedeutet das keine Gefahr. Für die dagegen ist es ein Meilenstein: Die neuen Daten liefern entscheidende Hinweise darauf, wie unser Planet im Innersten funktioniert – und wie eng diese Prozesse mit dem Magnetfeld, der Tageslänge und der geologischen Dynamik verknüpft sind.

Die Forscher sind sich einig: „Wir stehen erst am Anfang.“ Neue Messungen in den kommenden Jahren könnten noch mehr über das geheimnisvolle „Herz“ der Erde verraten.

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