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Tod eines Verbrechers oder göttliche Strafe?

Der Schwarze Vere: Der dunkle Schatten in den Wäldern Oberschwabens

Xaver Hohenleiter, der „schwarze Veri“ (Lithografie nach einer Vorlage von Johann Baptist Pflug)
Lithografie nach einer Vorlage von Johann Baptist Pflug

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In den dunklen Wäldern und nebelverhangenen Tälern Oberschwabens hauchte eine Gestalt dem 19. Jahrhundert einen Hauch von Schrecken und Faszination ein. Sein Name war Franz Xaver Hohenleitner, doch die Menschen kannten ihn besser als den Schwarzen Vere, den berüchtigten Räuberhauptmann, dessen Name selbst heute noch durch die nebligen Nächte Oberschwabens hallt.

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Die Geburt eines Räubers

Geboren im Jahr 1788 in Rommelsried, nahe Augsburg, war Hohenleitners Jugend von den Wirren seiner Zeit geprägt. Die Gegenreformation des Barock, die schleppende Wirtschaft und die Besetzung der deutschen Gebiete durch Napoleon führten zu einer Zeit des Umbruchs und der Orientierungslosigkeit. Es war eine Zeit, in der viele Menschen durch soziale Zwänge und Hunger in die Kriminalität getrieben wurden. Und so wurde aus dem jungen Franz Xaver Hohenleitner der Schwarze Vere, einer der bekanntesten Räuber seiner Zeit.

Die dunkle Bruderschaft Räuberbanden von Oberschwaben

Die Bande um den Schwarzen Vere bestand aus 17 Personen, darunter auch Paare. Diese Paare waren nicht verheiratet, da kein Geistlicher eine solche Verbindung segnen würde. Die Bande formierte sich zwischen Februar und März des Jahres 1819 und trieb zwei Jahre lang in Oberschwaben ihr Unwesen.

Der Schwarze Vere und seine Räuberbande hatten verschiedene Spitznamen, die ihr raubendes Image weiter verklärten. Zu den Mitgliedern der Bande gehörten der Räuberhauptmann Franz Xaver Hohenleitner, bekannt als der Schwarze Vere, seine Lebensgefährtin Maria Josepha Tochtermann, auch Günzburger Sephe genannt, sowie sein Bruder Ulrich Hohenleitner, genannt Urle, der mit Agatha Gebhard, auch Schwarz Agath genannt, liiert war.

Die Bande bestand aus weiteren Mitgliedern wie dem Schönen Franz, Friedrich Klumpp, der mit Theresia Jeppler, auch Posamentierers Resel genannt, zusammen war, und dem einäugigen Fidele, Fidelis Sohm, der mit Crescentia Tochtermann, der Schwester von Hohenleitners Lebensgefährtin, liiert war. Sie wurden von den Menschen in der Region mit ihren Spitznamen wie Günzburger Crescenz, Baste, Dreckete Agnes Gebhard, Condeer, Bometshauser Schneiderle, Vetters Ottl vom Federsee und Weberen Franz aus Bellerhausen bekannt. Die Mutter der Gebhard-Schwestern, Katharina, wurde Dreckete Mutter genannt.

Der Schwarze Vere und seine Bande agierten hauptsächlich in Oberschwaben, aber auch in anderen Teilen Deutschlands. Sie unternahmen ihre Raubzüge nur im Sommer, um keine Spuren im Schnee zu hinterlassen. Die Räuberbanden bestanden nicht nur aus Männern. Auch Frauen und Kinder waren Teil der Banden, wobei die Kinder nur selten bei Überfällen dabei waren.

Der Schwarze Vere: Der dunkle Schatten in den Wäldern Oberschwabens Pflug Schwarzer Veri
Johann Baptist Pflug: Die Räuberbande des Schwarzen Veri Von Johann Baptist Pflug – eingescannt aus: Baden und Württemberg im Zeitalter Napoleons, Band 1.2, Stuttgart 1987, Gemeinfrei, commons.wikimedia.org

Es existieren Geschichten, in denen die Frauen der Bande die Bauern mit entblößter Brust ablenkten, während die Männer die Vorratskammern plünderten. Diese Bande war berüchtigt für ihre kriminellen Aktivitäten und schuf durch ihre Taten eine Atmosphäre der Angst und Unsicherheit in der Region. Ihre Namen und ihr ruchloser Ruf haben sich in die Geschichte eingebrannt und sind bis heute ein faszinierendes Kapitel in der Kriminalgeschichte.

Beraubungen und Überfälle des Schwarzen Vere

Die Bande des Schwarzen Vere verübte zahlreiche Überfälle in der Region. Zu den bekannten Orten gehörten Illwangen, Firmetsweiler, Roggenbeueren, Urnau, Markdorf, Stadelhofe, Meersburg und das Argental in Argendhardt. Besonders beim Überfall im Argental gingen die Räuber äußerst brutal vor und griffen eine Frau an, die drei Monate später an den erlittenen Verletzungen verstarb.

Des Weiteren setzte die Bande des Schwarzen Vere im Jahr 1817 eine Ölmühle in Betzenweiler in Brand. Ein Jahr später brachen sie in Unterweiler, Bellamont und Waldbeuren ein. Im Jahr 1819 führten ihre Raubzüge sie nach Hüttenreute, Riedhausen und Illwangen bei Ostrach.

Im Laufe der Zeit wurden die Räuber immer dreister und wagemutiger. Gleichzeitig wuchs der Unmut in der Bevölkerung über die Banden, und es bildeten sich Milizen, um ihnen entgegenzutreten. Doch diese Maßnahmen erwiesen sich als wenig wirksam.

Es gab jedoch auch weniger dramatische Begegnungen mit der Bande des Schwarzen Vere. Im Gasthaus „Löwen“ in Michelwinnaden beispielsweise wurde vor allem eine Frau auffällig, die den herbeigerufenen Schultheiß verführte. Dieser lud die gesamte Räuberbande zum Essen ein, ohne von ihren kriminellen Aktivitäten zu ahnen.

Die Ergreifung der Räuberbande des Schwarzen Vere im Jahr 1819

Die Bande des Schwarzen Vere wurde schließlich 1819 gefasst. Sie waren in den Wald zwischen Riedhausen, Königseggwald und dem Pfrungener Ried geflohen, wo sie sich über die erbeuteten Lebensmittel hermachten. Ein Räuberfänger namens Herr Langen entdeckte sie und zog seine Pistole, um sie zur Aufgabe zu zwingen. Einige der Bandenmitglieder flohen, aber der Schwarze Vere und ein anderer Mann namens Friedrich Klumpp blieben zurück.

Der Schwarze Vere konnte erneut entkommen, aber die Hunde der Verstärkung spürten ihn schnell wieder auf. Schließlich geriet er in Gefangenschaft, und um seine Anwesenheit zufällig zu erklären, gab er zunächst einen falschen Namen an. Erst als er vor das Oberamt in Saulgau gebracht wurde und eine Flucht immer aussichtsloser erschien, gestand er seine wahre Identität.

Die anderen Mitglieder der Bande wurden einige Tage später ebenfalls gefasst, doch einigen gelang erneut die Flucht. Sie schlossen sich einer anderen Bande an. Eine dieser Banden griff zufällig einen Soldaten im Urlaub an, was zu einem großen Aufgebot von Freiwilligen und Soldaten aus Ulm führte, die sie jagten.

Stele zur Erinnerung an die Gefangennahme Hohenleiters bei Laubbach
Stele zur Erinnerung an die Gefangennahme Hohenleiters bei Laubbach Foto: Von ANKAWÜ – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, commons.wikimedia.org

Der Kerker

Alle Räuber wurden nach und nach in das Gefängnis in Biberach an der Riß gebracht. Inzwischen befanden sich dort insgesamt 70 Personen in Haft. Der Schwarze Vere selbst wurde im Ehinger Torturm festgehalten, während andere im Weißen Turm oder im Seelhaus eingesperrt waren. Das Seelhaus, eigentlich ein Krankenhaus, wurde aufgrund des Platzmangels in ein Gefängnis umfunktioniert.

Die Frauen wurden von den Männern getrennt, da einige von ihnen schwanger waren oder medizinische Hilfe benötigten, die ihnen gewährt wurde. Die Kinder wurden zur Adoption freigegeben. Die Stimmung unter den Inhaftierten war düster und wurde immer unruhiger. Einige versuchten, sich das Leben zu nehmen, während andere vergeblich versuchten auszubrechen. Obwohl einigen wenigen die Flucht gelang, wurden sie kurz darauf wieder gefasst.

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Der Blitzschlag, der den Schwarzen Vere traf: Tod eines Verbrechers oder göttliche Strafe?

Am 20. Juli 1819 brach ein heftiges Gewitter über Ehingen herein, und ein gewaltiger Blitzschlag traf den Ehinger Turm. Doch dieser Blitz war nicht nur ein gewöhnlicher Wetterunfall, sondern er hatte eine einzigartige und mysteriöse Wirkung. Er durchbohrte die Wetterfahne und raste durch die Stockwerke des Turms, bis er schließlich die Ketten des berüchtigten Räuberhauptmanns, des Schwarzen Vere, erreichte. Die Auswirkungen waren verheerend.

Der 31-jährige Verbrecher wurde vom Blitz schwer verletzt und nur mit Mühe lebendig aus den Trümmern geborgen. Sein Körper war schwer verbrannt, und seine Kleidung entzündete, der Legende nach, sich erst draußen, als er gerettet wurde.

Doch das war nicht alles: Sein angeketteter Arm war verkohlt, und schreckliche Verbrennungen bedeckten seinen gesamten Oberkörper. Es ist bemerkenswert, dass keine anderen Gefangenen im Turm Schaden erlitten, obwohl dort auch weitere Insassen waren. Diese außergewöhnliche Abfolge des Blitzes durch den Turm und die Ketten des Schwarzen Vere wurde zu einer Quelle zahlreicher Legenden und Spekulationen. Viele betrachteten es als eine direkte göttliche Strafe, und eine Autopsie wurde aus Furcht oder Ehrfurcht vor dem Übernatürlichen nie durchgeführt.

Bereits am Tag nach dem Vorfall wurde der Leichnam von Hohenleitner auf einem Friedhof beigesetzt. Ohne den Segen der Kirche fand er seine letzte Ruhestätte irgendwo auf dem Friedhof in der Ehinger Straße in Biberach.

Die Geschichte des Schwarzen Vere ist eine faszinierende Erzählung von Verbrechen, Überlebenskampf und letztendlich einer Art göttlicher Gerechtigkeit in einer Zeit großer sozialer und politischer Umwälzungen. Sie ist ein einzigartiges Beispiel dafür, wie Legenden entstehen und wie sie die Geschichte einer Region und ihrer Bewohner prägen. Die ungewöhnlichen Umstände um den Tod des Schwarzen Vere machen seine Geschichte zu einem faszinierenden Kapitel in der Historie, das bis heute die Fantasie der Menschen beflügelt.

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