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Weißer Tod – Die Tragödie vom Wagnerstal

Das verheerendste Lawinenunglück Deutschlands fordert 16 Todesopfer in Baden-Württemberg

Auch heute darf im Schwarzwald die zerstörerische Kraft von Lawinen keinesfalls unterschätzt werden. Symbolfoto.
Foto: Tatjana Posavec auf Pixabay

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Lawinen im Schwarzwald – ein Risiko, das oft unterschätzt wird, obwohl es sich nicht hinter den alpinen Regionen verstecken muss. Der Hochschwarzwald, bekannt für seine dichten Wälder und sanften Hügel, war einst der Schauplatz eines der tragischsten Naturereignisse in der deutschen Geschichte. Der 24. Februar vor 180 Jahren im Jahre 1844 bleibt als ein Tag der Trauer in den Geschichtsbüchern verewigt. An diesem Tag ereignete sich das bis heute größte Lawinenunglück Deutschlands, und das mitten in unserem Schwarzwald, in Neukirch bei Furtwangen. Es war ein Ereignis, das die Gemeinschaft erschütterte und 16 Menschenleben forderte. Ein Tag, der uns daran erinnert, dass die Kräfte der Natur auch in den vermeintlich sichersten Winkeln unseres Landes lauern.

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Ein Abend wie jeder andere?

Der 24. Februar 1844 war ein Sonntag wie jeder andere im Hochschwarzwald. Philipp Beha, ein fleißiger Handwerker, hatte gerade mit seinen Söhnen die Arbeit in der Werkstatt beendet. Uhrengehäuse, gefertigt im Akkord, stapelten sich in den Regalen – Zeugnisse des Fleißes und der Handwerkskunst, die weit über die Grenzen des Schwarzwalds hinaus geschätzt wurden. Doch während Beha sich am Kachelofen wärmte und einen Krug Most genoss, ahnte niemand, dass sich das Schicksal an diesem Abend gegen sie wenden würde.

Zwischen familiärer Idylle und dunklen Vorahnungen

Die Sorgen von Behas Frau über die Freizeitgestaltung ihrer Söhne, die Besuche beim umstrittenen Tritschler Martin, und die leisen Vorahnungen, die sich in den Gesprächen am Kachelofen offenbarten, malten das Bild eines Lebens, das von harter Arbeit, familiären Banden und den kleinen Freuden des Alltags geprägt war. Doch unter der Oberfläche dieser ländlichen Idylle brodelte eine Gefahr, die sich in der Stille des anbrechenden Abends zusammenbraute.

Die Nacht, die alles veränderte

Als der Regen in Schnee überging und die Massen zu tauen begannen, ahnte niemand, dass dies der Vorbote einer Katastrophe sein würde. Der Königenhof, nur einen Steinwurf von Behas Anwesen entfernt, war die Bühne einer geselligen Runde, in der das Kartenspiel Cego die Stunden bestimmte. Doch während im Haus das Leben seinen gewohnten Lauf nahm, sammelte sich unbemerkt eine Macht, die im Begriff war, alles zu zerstören.

Die Lawine schlägt zu

Um 23 Uhr riss ein unheimliches Geräusch die Behas aus dem Schlaf. Ein „Schausen“, das durch die Nacht hallte und Maria Beha in Alarmbereitschaft versetzte. Doch erst in den frühen Morgenstunden offenbarte sich das ganze Ausmaß der Tragödie. Der Königenhof war verschwunden, ausgelöscht von einer Lawine, deren Zerstörungskraft in der Geschichte des Schwarzwalds ihresgleichen suchte.

Rettung und Verzweiflung

Die Rufe aus der Tiefe, das verzweifelte Graben im Schnee, die Hoffnung und das Entsetzen – all dies prägte die Stunden nach der Katastrophe. Als Philipp Beha seinen Sohn unter den Schneemassen fand, kämpfte er gegen die Zeit, gegen die Kälte und gegen die Ohnmacht, die sich mit jeder vergehenden Minute mehr in sein Herz fraß. Doch trotz aller Bemühungen war der Preis, den die Familie Beha zahlen musste, unermesslich hoch.

Ein Dorf in Trauer

Die Nachricht vom Unglück verbreitete sich wie ein Lauffeuer, und eine ganze Gemeinde stand plötzlich im Schatten eines Ereignisses, das ihr Leben für immer verändern sollte. Der Leichenzug zum Neukircher Friedhof, die gesammelten Spenden für die verwaisten Tritschler-Kinder, all dies waren Zeichen einer tiefen Betroffenheit und Anteilnahme, die weit über die Grenzen des Dorfes hinausreichten.

Eine Lithografie von Casimir Stegerer aus Vöhrenbach zeigt die Folgen der verheerenden Lawine: Zerstörung und Trümmerfelder direkt neben unberührten Gebäuden im Herzen des Ortes. Helfer aus umliegenden Tälern eilen zu Fuß zur Unterstützung herbei.
Eine Lithografie im im „Lahrer hinkenden Bote  von Casimir Stegerer aus Vöhrenbach zeigt die Folgen der verheerenden Lawine: Zerstörung und Trümmerfelder direkt neben unberührten Gebäuden im Herzen des Ortes. Helfer aus umliegenden Tälern eilen zu Fuß zur Unterstützung herbei.

Die Warnzeichen des Schicksals: Die Ursache des Unglücks

Natürlich entbrannte sehr schnell eine Diskussion über die Ursache des Unglücks, die die Gemeinde Neukirch und den gesamten Schwarzwald in ihren Bann zog. Die Tragödie am Königenhof, ein Ereignis, das bis heute nachhallt, steht als düsteres Mahnmal für die Kräfte der Natur und die Folgen menschlicher Fehleinschätzungen. An jenem schicksalhaften Tag im Februar 1844 wurden Warnzeichen übersehen, die das drohende Unheil ankündigten. Bereits am späten Nachmittag, Stunden vor der verheerenden Katastrophe, hatte eine kleinere Lawine ein benachbartes Bienenhaus mitgerissen – ein erstes, unheilvolles Zeichen, das jedoch von den Bewohnern des Hofes ignoriert wurde.

Mensch gegen Natur: Die fatale Unterschätzung

Die fatalen Entscheidungen, die letztlich zur Tragödie führten, sind auch heute noch ein mahnendes Beispiel für die Bedeutung des respektvollen Umgangs mit der Natur. Der Hofbauer hatte in der Vergangenheit die Bäume rund um den Hof gefällt und verkauft, ohne die schützende Funktion des Waldes gegen Lawinen zu bedenken. Als dann das Tauwetter einsetzte, fanden die aufgetürmten Schneemassen von bis zu vier Metern Höhe ihren Weg den Hang hinunter, ungehindert von jeglichem natürlichen Hindernis. Die Experten sind sich einig: Hätte der Wald noch gestanden, hätte die Katastrophe möglicherweise verhindert werden können.

Ein Mahnmal im Herzen des Schwarzwalds

Heute erinnert am Ort des Geschehens eine Grillhütte und ein Gedenkstein an das schwerste Lawinenunglück Deutschlands. Auf dem Friedhof in Neukirch ehrt eine Tafel mit den Namen und Lebensaltern der 16 Verstorbenen die Erinnerung an die Opfer. Ein Kreuz oben am Hang, dort, wo die tödliche Lawine ihren Ursprung nahm, steht als stilles Mahnmal für die Tragödie, die sich hier ereignete. Es ist ein Ort des Gedenkens und der Mahnung, der uns lehrt, die Zeichen der Natur zu achten und die Konsequenzen unseres Handelns zu bedenken.

Das verheerendste Lawinenunglück Deutschlands fordert 16 Todesopfer in Baden-Württemberg GEDENKTAFEL LAWINENUNGLUECK SCHWARZWALD 1
Eine Gedenktafel auf dem Friedhof in Neukirch erinnert an die 16 Opfer der tragischen Katastrophe. Foto: Tobias Baumann

Lehren für die Zukunft

Auch heute noch sind die Steilhänge des Hochschwarzwalds Schauplätze regelmäßiger Lawinenabgänge. Die Geschichte des Königenhofs dient als mahnendes Beispiel für die Kräfte der Natur, die in diesen malerischen Landschaften lauern. Der jährlich stattfindende Lawinenkurstag in Todtnau ist ein Zeugnis dafür, dass die Erinnerung an die Tragödie von 1844 auch heute noch lebendig ist und als Warnung für alle dient, die sich in die winterliche Bergwelt des Schwarzwalds wagen.

Ein Roman, der die Vergangenheit lebendig macht: „Schneesturz – Der Fall des Königenhofs“

Schneesturz – Der Fall des Königenhofs“ von Julia Heinecke ist nicht nur ein historischer Roman, sondern ein Fenster in die Vergangenheit, das die dramatischen Ereignisse des Jahres 1844 lebendig werden lässt.

Die Erzählkunst Julia Heineckes entführt ihre Leser in die tiefen, geheimnisvollen Wälder des Schwarzwaldes und webt ein Netz aus Spannung, Emotion und historischer Tiefe. „Schneesturz – Der Fall des Königenhofs“ ist ein Muss für alle Liebhaber historischer Romane und jene, die sich von einer packenden Geschichte in eine andere Zeit entführen lassen möchten. Der Roman ist im Buchandel und bei amazon.de erhältlich.

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Ein Echo in der Zeit

Die Geschichte des Königenhofs bei Neukirch ist mehr als nur eine Fußnote in den Geschichtsbüchern. Sie ist ein Echo, das durch die Jahrhunderte hallt und uns daran erinnert, dass das Leben, so robust es auch scheinen mag, doch immer im Schatten unberechenbarer Kräfte steht. Es ist eine Geschichte von Menschlichkeit, Mut und der Zerbrechlichkeit unseres Daseins, eingebettet in die atemberaubende Kulisse des Schwarzwalds. Ein Schicksal, das, fast 200 Jahre später, noch immer die Herzen berührt und als Mahnung dient, die Kräfte der Natur niemals zu unterschätzen.

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