Vertrauliche Diskussionen auf dem Industriegipfel
Olaf Scholz machte in der Sendung deutlich, dass er den Gipfel als Plattform für einen offenen, jedoch vertraulichen Austausch sehe. „Ich möchte, dass es eine vertrauliche Diskussion gibt, in der nicht jeder vorher sagt, was er fordert, wie es während der Sitzung war und hinterher darüber berichtet, was jetzt als nächstes kommt“, sagte der Bundeskanzler. Ziel des Gipfels sei es, dass alle Beteiligten sich gemeinsam auf die besten Maßnahmen einigen, um die Wirtschaft wieder anzukurbeln. Die Zeit des Abwartens sei vorbei: „Wenn alle abwarten wollen, dann ist das mit keiner Wirtschaftspolitik möglich, das zu drehen.“
Besonders betonte Scholz, dass er nicht möchte, dass der Gipfel in der Öffentlichkeit zum Schauplatz eines „Theaters“ werde. Stattdessen sei es wichtig, dass alle Teilnehmer „unterhaken“ und gemeinsam an Lösungen arbeiten, um die Krise zu überwinden.
Kritik am kleinen Teilnehmerkreis
In der Sendung ging Scholz auch auf die Kritik am relativ kleinen Teilnehmerkreis des Gipfels ein. Vor allem aus dem Mittelstand war die Sorge laut geworden, dass die Interessen kleiner und mittelständischer Unternehmen nicht ausreichend vertreten sein könnten. Der Kanzler verteidigte jedoch die Entscheidung, nur ausgewählte Vertreter einzuladen. „Es macht keinen Sinn, alle auf einmal einzuladen, jeder redet eine halbe Minute, das ist ja kein Gespräch“, sagte Scholz. Der Gipfel solle produktiv und zielorientiert sein, daher seien kleinere Runden sinnvoller. Trotzdem versicherte der Kanzler, dass sich die Regierung um alle Wirtschaftsbereiche kümmern werde.
Spannungen in der Ampel: „Keiner sollte sich in die Büsche schlagen“
Neben der Diskussion um den Industriegipfel thematisierte Scholz auch die internen Herausforderungen der Ampel-Koalition. Er räumte ein, dass die Zusammenarbeit zwischen SPD, Grünen und FDP schwierig sei, betonte aber gleichzeitig, dass es wichtig sei, gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. „Aus meiner Sicht ist es schon manchmal sehr schwer, all die vielen Streitigkeiten durchzustehen und alles dafür zu tun, dass gute Ergebnisse dabei herauskommen“, sagte Scholz. Doch er erinnerte daran, dass es bei der Regierungsbildung mit der Ampel gelungen sei, was seinerzeit bei der Bildung der Jamaika-Koalition gescheitert war.
Scholz warnte zudem davor, dass sich niemand aus der Verantwortung ziehen sollte: „Da sollte sich keiner einfach in die Büsche schlagen. Mein Stil ist das jedenfalls nicht.“ Er verwies darauf, dass auch in anderen Ländern Koalitionen aus Parteien mit unterschiedlichen Ansichten regieren. Dies sei inzwischen normal, insbesondere angesichts der Wahlergebnisse.
Rentenpaket kommt vor Jahresende
Ein weiteres zentrales Thema in der Sendung war das umstrittene Rentenpaket. Scholz stellte klar, dass dieses noch vor Jahresende beschlossen werde. „Das Gesetzgebungsvorhaben hat die Bundesregierung in den Deutschen Bundestag eingebracht, das wird auch dieses Jahr beschlossen. Das ist klar vereinbart“, sagte der Kanzler. Auf den Widerstand der FDP gegen das Gesetz angesprochen, erinnerte Scholz daran, dass es sich um eine Koalitionsvereinbarung handle, die im Koalitionsvertrag festgeschrieben sei. „Das weiß jeder“, fügte er hinzu und betonte damit die Verbindlichkeit der Vereinbarungen innerhalb der Ampel-Koalition.
Nato-Mitgliedschaft der Ukraine: „Kein neuer Entscheidungsbedarf“
Scholz äußerte sich auch zum Drängen der Ukraine auf eine baldige Einladung zur Nato. Hier sehe er aktuell keinen Handlungsbedarf. „Wir haben einen Beschluss gefasst in Washington und in Vilnius und haben die Perspektive beschrieben. Aber ich glaube, dass es über diesen Beschluss hinaus aktuell keinen neuen Entscheidungsbedarf gibt“, sagte der Kanzler. Es sei klar, dass ein Land, das sich im Krieg befindet, nicht in die Nato aufgenommen werden könne.
Scholz betonte, dass die Nato-Mitgliedschaft normalerweise schnell mit einer Einladung verbunden sei, aber dass dieser Prozess aktuell nicht anstehe. Vielmehr müsse man sich auf Sicherheitsgarantien nach dem Krieg konzentrieren.
Keine Eskalation durch Waffenlieferungen
Im Zusammenhang mit der Lieferung von Waffen an die Ukraine nahm Scholz eine klare Position ein. Er lehnte die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper ab und stellte klar: „Meine Meinung ist klar. Ich halte das für falsch.“ Waffen, die seiner Meinung nach zu einer Eskalation führen könnten, werde er nicht liefern. Dies sei eine feste Linie, auf die sich alle in Deutschland verlassen könnten. Scholz betonte, dass es wichtig sei, besonnen zu handeln und keinen Krieg zwischen Russland und der Nato zu riskieren.
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1000. Ausgabe von „maybrit illner“: Ein TV-Jubiläum
Die Ausgabe der ZDF-Sendung „maybrit illner“ mit Olaf Scholz markiert ein besonderes Jubiläum: Es ist die 1000. Folge des erfolgreichen Polittalks. Seit 25 Jahren lädt Maybrit Illner jeden Donnerstag Gäste aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein, um die aktuellen Themen der Woche zu diskutieren.
Foto: ZDF/Frank W. Hempel
Die Sendung, die am 14. Oktober 1999 unter dem Titel „Berlin Mitte“ startete, ist eine der am längsten laufenden Politsendungen im deutschen Fernsehen. Seit mehr als 17 Jahren trägt die Show den Namen der Moderatorin und hat sich als eine der erfolgreichsten Talkshows etabliert.
Foto: ZDF/Jule Roehr
Die Jubiläumsausgabe wird am 24. Oktober 2024 um 22.15 Uhr im ZDF ausgestrahlt und ist bereits jetzt in der ZDFmediathek verfügbar.