Neuer „Tatort“ nach der Sommerpause mit Schock-Fall
Fans des fränkischen „Tatorts“ dürften sich verwundert die Augen reiben: Seit 2015 bildeten Voss und Ringelhahn ein unzertrennliches Duo – nun steht Voss plötzlich allein da. Manzel hatte ihren Ausstieg bereits 2023 angekündigt, doch erst jetzt wird die erste Folge ohne sie ausgestrahlt. Schon beim nächsten Fall wird Rosalie Thomass als neue Kommissarin Emilia Rathgeber ihren Einstand geben.
Doch bevor es so weit ist, muss Voss einen der dunkelsten Fälle seiner Karriere lösen – und gerät dabei selbst an seine Grenzen.
Darum geht es im neuen „Tatort: Ich sehe dich“ aus Nürnberg
In einem Waldstück bei Nürnberg wird eine mysteriöse Leiche entdeckt – zwei Meter tief in der Erde vergraben, offenbar seit zwei Jahren. Die Identität des Toten: Andreas Schönfeld (Benjamin Schaefer), ein allseits beliebter Fahrradhändler, der als hilfsbereit, freundlich und immer gut gelaunt galt. Seine Mutter Erika (Marion Reuter) beschreibt ihn als Sonnyboy und ewigen Ja-Sager.

Bild: BR/Hager Moss Film GmbH/Bernd Schuller
Doch Kommissar Voss misstraut diesem perfekten Bild. „Es ist, als ob er eine Mauer des Guten um sich herum gebaut hat“, sagt er. Und tatsächlich beginnt diese Fassade zu bröckeln: Auf einer Speicherkarte finden die Ermittler heimlich aufgenommene Fotos von Frauen, die über Tage hinweg vergewaltigt wurden.
Plötzlich steht fest: Der nette Fahrradhändler war ein Monster. Auch die blinde Lisa Blum (Mavie Hörbiger) ist unter den Opfern. Der Fall wird zur erschütternden Studie darüber, wie sexuelle Gewalt Leben zerstören kann.
Verletzter Kommissar, grantiger Fahrer und innere Zweifel
Als wäre der Fall nicht schon belastend genug, wird Voss auch noch von einer Schulterverletzung geplagt: Nach einem Sturz in der Dusche diagnostiziert der Arzt eine komplizierte Gelenksprengung und will ihn wochenlang krankschreiben. Doch Voss ignoriert den Rat und arbeitet weiter.

Bild: BR/Hager Moss Film GmbH/Hager/Daniela Knapp
Da er mit nur einem Arm nicht fahren kann, stellt man ihm den pensionsreifen Polizeikollegen Manfred „Fred“ Kramer (Sigi Zimmerschied) zur Seite. Der wortkarge, grummelnde Grantler aus dem Archiv beschwert sich sofort: „Dieses ewige Du, das geht mir sowas von auf den Sack.“ Doch er erweist sich überraschend als wertvolle Hilfe.
Unterstützung bekommt Voss außerdem von Wanda Goldwasser (Eli Wasserscheid), die ihm einen Teil der Ermittlungen abnimmt. Doch innerlich ist der Kommissar zerrissen. Angesichts des Grauens, das sich vor ihm auftut, zweifelt er an der Sinnhaftigkeit seines Berufs:
„Da ist mal einer, der einen echten Grund hat. Und ich sitz vor ihm und muss ihm zeigen, wie vergeblich das ist. Wir müssen ihn kriegen, wir werden ihn kriegen. Das ist doch zum Kotzen.“

Bild: BR/Hager Moss Film GmbH/Bernd Schuller
Mavie Hörbiger über ihre Episodenrolle Lisa Blum
„Lisa ist ein vielschichtiger Charakter – und das nicht nur wegen ihrer Erblindung. Für meine Vorbereitung durfte ich eine österreichische Blindenschule besuchen. Die Begegnungen mit den Menschen dort waren offen, herzlich und lehrreich – sie haben mir nicht nur Sicherheit gegeben, sondern auch mein Verständnis auf eine ganz besondere Weise erweitert. Dafür bin ich sehr dankbar. Auch in meinem privaten Umfeld war der Zugang zum Thema Sehverlust präsent: Meine Tante lebt mit einer Makuladegeneration. Der Umgang mit ihr hat mir geholfen, Vieles schneller zu erfassen und tiefer zu begreifen – auch im Hinblick auf die filmische Annäherung an die Figur Lisa.“
Kritik: Starkes Thema, aber erzählerische Schwächen
Der Franken-„Tatort: Ich sehe dich“ (Buch: Max Färberböck & Catharina Schuchmann, Regie: Max Färberböck und Danny Rosness) unterscheidet sich deutlich von klassischen Krimis: Nicht der Täter, sondern die Opfer stehen im Fokus. Besonders Mavie Hörbiger beeindruckt als zerbrechliche, traumatisierte Lisa Blum – sie ist das emotionale Zentrum des Films.
Allerdings gibt es auch Kritikpunkte: Der Krimi kommt erst spät in Fahrt, verliert sich lange in Nebenhandlungen (etwa Voss‘ Schulterverletzung und Freds Fahrdienst) und wirkt stellenweise altmodisch inszeniert. SWR3-Kritiker Michael Haas bemängelt zudem die biedere Ausstattung und fehlende Diversität. Er vergibt 3 von 5 Punkten. Andere Kritiker sehen den Film stärker und loben die psychologische Tiefe und emotionale Wucht – und geben bis zu 4 von 5 Punkten.
Unterm Strich bleibt: ein düsterer, bedrückender, aber berührender Auftakt der neuen „Tatort“-Saison.
Die Besetzung von „Tatort: Ich sehe dich“
- Fabian Hinrichs als Felix Voss
- Eli Wasserscheid als Wanda Goldwasser
- Sigi Zimmerschied als Manfred „Fred“ Kramer
- Mavie Hörbiger als Lisa Blum
- Benjamin Schaefer als Andreas Schönfeld
- Marion Reuter als Erika Schönfeld
- Alexander Simon als Stephan Gellert
- Stefan Merki als Dr. Kaiser
- Lisa Sophie Kusz als Esmeralda Schmuck
- Robert Sigl als Zeuge Buck
Sendetermine und Ausblick
Der Franken-„Tatort: Ich sehe dich“ läuft
- Sonntag, 14. September 2025, um 20:15 Uhr im Ersten (TV-Premiere)
- Dienstag, 16. September 2025, um 00:15 Uhr im Ersten (Wiederholung)
In der ARD-Mediathek steht der Krimi zudem als Livestream und danach für rund sechs Monate auf Abruf bereit. Schon bald bekommt Voss wieder Unterstützung: Beim nächsten Fall wird Rosalie Thomass als neue Kommissarin Emilia Rathgeber ihr Debüt feiern.
Fazit:
Der Tatort heute zeigt mit „Ich sehe dich“ einen emotionalen, verstörenden und tiefgründigen Fall, der unter die Haut geht, aber auch Geduld erfordert. Ein starker Start in die neue Saison – und der Beginn einer neuen Ära ohne Ringelhahn.

