Traditionsfirma kämpft ums Überleben

165 Jahre Geschichte in Baden-Württemberg – jetzt insolvent: 250 Jobs beim Wehrle-Werk in Emmendingen wackeln

Emmendingen – Das Wehrle-Werk, ein echtes Traditionsunternehmen im Südwesten, ist nach 165 Jahren Geschichte insolvent. Rund 250 Beschäftigte bangen um ihre Zukunft. Der Familienbetrieb, der in Emmendingen seit Generationen fest verankert ist, hat beim Amtsgericht Freiburg Insolvenz angemeldet.

  • Gründung: 1860
  • Mitarbeiter: ca. 250
  • Besitz: 100 % Familienunternehmen (5.–7. Generation)
  • Standorte: Anlagen in über 45 Ländern
  • Schwerpunkte: Umwelttechnik, Abwasser- und Abfallbehandlung, Großteile-Fertigung
  • Hauptprobleme: Verlust von 17 Mio. €, Russland-Geschäft, Hackerangriff, schwache Konjunktur

165 Jahre Geschichte in Baden-Württemberg – jetzt insolvent: 250 Jobs beim Wehrle-Werk in Emmendingen wackeln
165 Jahre Geschichte in Baden-Württemberg – jetzt insolvent: 250 Jobs beim Wehrle-Werk in Emmendingen wackeln
Foto: WEHRLE1860Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Link

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Vom Kesselbauer zum Umwelttechnik-Spezialisten

Gegründet 1860, entwickelte sich die -Werk AG vom klassischen Kesselbauer zu einem führenden Anbieter von Umwelttechnologien. Das baut Anlagen zur Abwasser- und Abfallbehandlung, zur Phosphorrückgewinnung aus Klärschlamm sowie Verfahren zur Biogasproduktion. Auch in der Großteile-Fertigung für den Maschinen- und Anlagenbau ist Wehrle aktiv.

Die Anlagen stehen inzwischen in über 45 Ländern auf fünf Kontinenten – doch die weltweite Präsenz half nicht, den Absturz zu verhindern.

Gründe für die Pleite: Verluste, Hackerangriff, -Geschäft

Die Probleme haben sich in den letzten Jahren aufgestaut:

  • Im Geschäftsjahr 2022/23 erzielte Wehrle 50 Millionen Euro Umsatz, gleichzeitig aber einen Verlust von 17 Millionen Euro.
  • Nach Beginn des Ukraine-Kriegs brach das Russland-Geschäft weg.
  • Wichtige Großaufträge fielen aus, eine Softwareumstellung verlief problematisch.
  • Im Mai 2024 kam dann noch ein Hackerangriff, der den Betrieb massiv störte.
  • Verzögerte Projekte und die schwache Konjunktur gaben dem Familienbetrieb den Rest.

Vorstandschef und Restrukturierer Axel Buchholz erklärte in einer Mitteilung, der Schritt sei nach den Entwicklungen der letzten Wochen „unvermeidlich“ gewesen.

Insolvenzverwalter prüft Zukunft

Das Amtsgericht Freiburg bestellte den Juristen Marc-Philippe Hornung von der Kanzlei SZA Schilling, Zutt & Anschütz zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Er soll den Betrieb sichern, Gespräche mit Kunden und Lieferanten führen und die Vorfinanzierung des Insolvenzgeldes organisieren.

Für die 250 Beschäftigten ist die Lage damit zunächst etwas abgefedert: Ihre Löhne sind durch das Insolvenzgeld der Bundesagentur für Arbeit gesichert – allerdings nur für die nächsten Monate.

Emmendinger Standort im Fokus

Auch das Firmengelände am Rand der Emmendinger Innenstadt spielt eine Rolle. Das Unternehmen hatte sich bereits aus dem sogenannten „Emmendinger Plan“ zurückgezogen, der eine Nutzung leerstehender Gebäude für Kultur, Gewerbe und Wohnen vorsah. Ob das Areal nun verkauft oder industriell weitergenutzt wird, ist offen.

Traditionsfirma bleibt in Familienhand

Noch immer gehört die Wehrle-Werk AG zu 100 Prozent der Gründerfamilie, mittlerweile in der 5. bis 7. Generation. Gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter will die Familie nun Sanierungsoptionen prüfen. Ziel ist es, das Unternehmen möglichst schnell wieder auf solide Beine zu stellen – doch der Weg dahin dürfte schwer werden.

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