Dafür sind einschneidende Maßnahmen geplant: Ein Schuldenschnitt soll die Verbindlichkeiten reduzieren, während Investoren frisches Kapital einbringen sollen. Auch ein möglicher Einstieg des Sportwagenbauers Porsche steht im Raum. Für Aktionäre könnte der Neustart jedoch schmerzhafte Folgen haben. Die Ankündigung sorgt für Unruhe in der schwäbischen Kleinstadt Ellwangen, wo Varta seinen Hauptsitz hat und größter Arbeitgeber ist.
Radikaler Schuldenabbau geplant
Um wieder handlungsfähig zu werden, muss Varta nach eigenen Angaben die Schuldenlast deutlich verringern. „Die aktuelle Schuldensituation verbaut der VARTA-Gruppe absehbar die Chancen auf eine positive Geschäftsentwicklung“, erklärt Restrukturierungsvorstand Michael Giesswein. Ohne Schuldenabbau könne das Unternehmen nicht die nötigen Investitionen tätigen, um Marktchancen zu nutzen. Im Rahmen des Verfahrens sollen die Gläubiger daher auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten.
Das Unternehmen hat beim Amtsgericht Stuttgart die Durchführung eines Restrukturierungsvorhabens nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) angezeigt. Dieses 2021 in Kraft getretene Gesetz soll gezielt eine Zahlungsunfähigkeit von restrukturierungsfähigen Unternehmen abwenden.
Einstieg von Porsche möglich
Neben dem Schuldenabbau benötigt Varta auch frisches Kapital für den Neustart. Hier kommt möglicherweise der Sportwagenbauer Porsche ins Spiel. Laut Medienberichten verhandelt Varta mit den Stuttgartern über einen möglichen Einstieg. Porsche hatte bereits Interesse an einer Mehrheitsbeteiligung an der Varta-Tochter V4Drive signalisiert, die Hochleistungsbatteriezellen entwickelt. Ein Porsche-Sprecher bestätigte, dass man in Gesprächen mit Varta stehe.
Neben Porsche sollen auch andere potenzielle Investoren im Gespräch sein, darunter eine vom derzeitigen mittelbaren Mehrheitseigentümer DDr. Michael Tojner kontrollierte Gesellschaft. Der Bedarf an frischem Kapital wird auf einen hohen zweistelligen Millionenbetrag geschätzt.
Aktionäre drohen leer auszugehen
Für die bisherigen Varta-Aktionäre könnte der Neuanfang allerdings schmerzhafte Folgen haben. Um die Gläubiger zu einem Schuldenverzicht zu bewegen, ist offenbar ein sogenannter Kapitalschnitt auf null geplant. Dabei würde das Grundkapital auf null herabgesetzt – die bestehenden Aktien wären wertlos. Anschließend soll neues Kapital zugeführt werden. Für die Altaktionäre bedeutet das voraussichtlich einen Totalverlust.
Die Börsennotierung der Varta AG soll im Zuge dieser Maßnahmen zeitnah und dauerhaft eingestellt werden (Delisting). Dies wäre das Ende einer turbulenten Börsengeschichte: Erst 2017 war Varta an die Börse gegangen, in der Spitze war das Unternehmen über 5 Milliarden Euro wert.
Chancen für Neuanfang
Trotz der drastischen Maßnahmen sieht Varta-Chef Michael Ostermann Chancen für einen erfolgreichen Neustart: „Wir sind zuversichtlich, dass unser Restrukturierungskonzept eine solide Basis für die zukünftige Stabilität und Perspektive der Varta schafft.“ Mit dem Verfahren will das Unternehmen Arbeitsplätze sichern und seine Position in Zukunftstechnologien wie Energiespeicher ausbauen.
Varta betont die Bedeutung des Unternehmens für die deutsche Wirtschaft. „Mit der Sicherung der Schlüsseltechnologie ‚Batterie‘ am Standort Deutschland leistet Varta einen entscheidenden Beitrag zur wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Unabhängigkeit Europas“, erklärt Technikvorstand Rainer Hald.
Herausforderungen bleiben
Ob der Plan aufgeht, bleibt abzuwarten. Varta steht vor großen Herausforderungen: Der Konzern leidet unter der schwachen Nachfrage nach seinen Produkten, insbesondere bei Batterien für kabellose Kopfhörer. Zudem machte dem Unternehmen zuletzt ein Cyberangriff zu schaffen.
Bereits im vergangenen Jahr hatte Varta ein Restrukturierungsprogramm aufgelegt und dabei 800 Vollzeitstellen abgebaut sowie 150 Arbeitsplätze ins Ausland verlagert. Diese Maßnahmen reichten offenbar nicht aus, um das Unternehmen wieder auf Kurs zu bringen.
Für die rund 4.200 Mitarbeiter von Varta bedeuten die anhaltenden Probleme eine Zeit der Unsicherheit. In Ellwangen und den anderen Standorten hoffen viele, dass der nun geplante radikale Neuanfang dem Traditionsunternehmen tatsächlich zurück in die Erfolgsspur verhilft.
