Geschäft läuft trotz Insolvenz weiter
Das Amtsgericht Baden-Baden bestellte den erfahrenen Rechtsanwalt Dr. Dirk Pehl von der Kanzlei Schultze & Braun zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Jürgen Erbe verschafft er sich derzeit einen Überblick über die wirtschaftliche Lage. Pehl macht klar: „Casimir Kast ist nicht nur ein etabliertes Traditionsunternehmen mit einer langen Unternehmensgeschichte, sondern insbesondere ein wichtiger Arbeitgeber und fest in der Region verwurzelt. Unser Ziel ist, das Unternehmen wieder auf ein wirtschaftlich solides Fundament zu stellen und ihm eine dauerhafte Perspektive zu ermöglichen.“
Alle Kunden sollen ihre Aufträge weiterhin pünktlich erhalten. „Wir werden zeitnah das Gespräch mit Kunden, Lieferanten und anderen Partnern von Casimir Kast suchen, um Transparenz für und Vertrauen in den Sanierungsprozess zu schaffen. Alle Kunden können sich aber sicher sein, dass ihre Aufträge wie vereinbart produziert und ausgeliefert werden. Die Platzierung neuer Aufträge ist jederzeit möglich. Der Geschäftsbetrieb ist nicht beeinträchtigt“, erklärt Pehl.
Löhne bis November gesichert
Die rund 160 Mitarbeiter wurden bereits informiert. Ihre Löhne und Gehälter sind bis einschließlich November über das Insolvenzgeld abgesichert. Damit ist die wichtigste Sorge zunächst genommen, während im Hintergrund intensiv nach einer Lösung gesucht wird.
Auf Investorensuche
Pehl sieht in dem traditionsreichen Unternehmen gute Chancen für einen Neuanfang. „Ein Investment könnte sich deshalb lohnen, weil Casimir Kast in einem wirtschaftlich relevanten, breit gefächerten und zukunftsträchtigen Markt stark aufgestellt ist. Der Bedarf an Verpackungen wird auch perspektivisch eher weiter zunehmen. Ich bin daher zuversichtlich, dass uns eine Sanierungslösung gelingen könnte.“
Konkret sollen schon bald Gespräche mit möglichen Investoren starten. Die Hoffnung ist groß, dass die Modernisierung der letzten Jahre – allein 2022 flossen zehn Millionen Euro in neue Technik und ein eigenes Kraftwerk – nun als Pluspunkt bei der Suche dient.
Konjunkturflaute als Auslöser
Trotz Investitionen konnte die Firma den steigenden Druck nicht mehr abfedern. Die allgemeine Wirtschaftsschwäche, Zurückhaltung der Verbraucher und explodierende Kosten bei Material, Energie und Löhnen belasteten das Unternehmen stark. Diese Kostensteigerungen ließen sich nur teilweise an die Kunden weitergeben. Die angespannte Liquidität machte einen Insolvenzantrag unausweichlich.
Optimismus in Gernsbach
Auch die Geschäftsführung setzt auf einen Neustart. Geschäftsführer Christian Oetker-Kast betont: „Der Insolvenzantrag markiert einen Einschnitt in unserer jahrhundertelangen Unternehmensgeschichte. Dennoch sehen wir darin auch die Chance auf einen Neustart, um unserer langen Historie weitere Kapitel hinzuzufügen. Wir wollen das Verfahren nutzen und gemeinsam mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter einen Sanierungsfahrplan entwickeln, um die aktuelle Situation zu überwinden und das Unternehmen zukunftsfest aufzustellen.“
Das Murgtal und sein Traditionsbetrieb
In Gernsbach sind die Produktionsstätten nicht zu übersehen. Direkt am Schwarzwald gelegen, prägen die Hallen das Bild entlang der B462. Viele Familien in der Region sind seit Generationen mit dem Unternehmen verbunden. Für sie bedeutet die Insolvenz nicht nur eine wirtschaftliche, sondern auch eine emotionale Zäsur.
Das Murgtal hat im Laufe der Jahrzehnte zahlreiche Veränderungen erlebt, viele traditionsreiche Papier- und Verpackungsunternehmen sind längst von internationalen Konzernen übernommen worden. Casimir Kast ist das letzte große Familienunternehmen vor Ort – ein Symbol für Beständigkeit und regionale Identität.
Ob die Geschichte der Familie Kast nach fast 500 Jahren tatsächlich endet oder ob ein neues Kapitel beginnt, entscheidet sich in den kommenden Monaten. Viel hängt davon ab, ob ein geeigneter Investor gefunden wird, der bereit ist, das Unternehmen in die Zukunft zu führen und die Tradition am Standort Gernsbach fortzuschreiben.

