Ein nächtlicher Trip durch Stuttgart
Der nächtliche Trip beginnt mit einer vagen Textnachricht. Als Bootz seinen Kollegen endlich aufspürt, findet er ihn nicht etwa inmitten eines heißen Einsatzes, sondern – barfuß, selig grinsend – auf einem Skatepark in der Stuttgarter Innenstadt. Von Dienstwaffe oder klaren Gedanken keine Spur. Lannert redet von Biogemüse, tanzenden Polizisten und einem „wichtigen Treffen“ – nur wo, weiß er nicht mehr.
Je weiter die Nacht voranschreitet, desto mehr verliert sich die Grenze zwischen Realität und Rausch. War Lannert wirklich auf dem Weg zu einem Informanten? Hat er jemanden getroffen – oder gar beobachtet? Und was hat es mit dem Bechtle-Clan auf sich, der zwischen Bauernmarkt-Romantik und Crystal-Meth-Küche pendelt?
Foto: © SWR/Christian Koch
Krimi mit Halluzinationen
Der ungewöhnliche Stuttgart-„Tatort“ aus dem Jahr 2023 (Erstausstrahlung: 18. Juni) nimmt die Zuschauer mit auf einen Trip der etwas anderen Art. Autor Wolfgang Stauch und Regisseurin Shirel Peleg inszenieren ein verschrobenes, manchmal wahnwitziges Krimiexperiment mit satirischen Anklängen – irgendwo zwischen Polizeithriller, Westernparodie und Groteske.
Richy Müller glänzt als zugedröhnter Ermittler
Richy Müller brilliert als berauschter Ermittler, der irgendwo zwischen Euphorie und Kontrollverlust taumelt. Felix Klare hält die Fäden der Handlung zusammen – und muss sich dabei nicht nur mit Drogenhändlern, sondern auch mit seinem zugedröhnten Kollegen herumschlagen. Dazu liefert die Folge herrlich absurde Dialoge, schräge Nebenfiguren und einen Soundtrack, der die skurrile Atmosphäre unterstreicht.
Eine Komödie, die keine Figuren verspottet
Dass der „Tatort“ in dieser Folge ins Komödiantische abdriftet, schadet dem Format nicht. Im Gegenteil: Die Figuren werden nicht der Lächerlichkeit preisgegeben, sondern mit liebevoller Präzision gezeichnet – von Lannert und Bootz über das Dealer-Pärchen bis hin zur landwirtschaftlich ambitionierten Familie Bechtle. Der Film spielt mit Genres, ohne ins Klamaukhafte abzudriften.
Foto: © SWR/Christian Koch
Eigene Kritik: Schrill, mutig, unterhaltsam
„Die Nacht der Kommissare“ ist ein echter Ausreißer im „Tatort“-Universum – und das ist gut so. Selten gelingt es einem Krimi, so unterhaltsam zu überraschen, ohne den roten Faden zu verlieren. Die Handlung mag gegen Ende ein paar logische Sprünge machen, doch das Gesamtpaket ist stimmig: temporeich, witzig, clever und charmant. Der Film wagt sich auf ungewohntes Terrain und belohnt die Zuschauer mit 90 Minuten herrlicher Abwechslung.
Einschaltquoten sprechen für sich
Das Publikum honorierte den Mut: Bei der Erstausstrahlung am 18. Juni 2023 schalteten 6,7 Millionen Zuschauer ein, was einem Marktanteil von starken 27,4 Prozent im Ersten entspricht – ein herausragender Wert, besonders für einen so experimentellen „Tatort“. Kritiker aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zeigten sich fast durchweg begeistert.
Fazit
Ein ungewöhnlicher „Tatort“, der sich nicht scheut, neue Wege zu gehen – und dabei sein Publikum bestens unterhält.
„Tatort: Die Nacht der Kommissare“ – heute, 4. April, um 22:20 Uhr im Ersten.