Historische Reise durch Trümmerdeutschland

„Roadtrip 1945“: ZDF-Doku beleuchtet unglaubliche Geschichte eines jüdischen Soldaten

„Roadtrip 1945“: ZDF-Doku beleuchtet unglaubliche Geschichte eines jüdischen Soldaten
„Roadtrip 1945“: ZDF-Doku beleuchtet unglaubliche Geschichte eines jüdischen Soldaten
Foto: ZDF/Paul’s Boutique
Mirko Drotschmann führt als Moderator durch die Dokumentationen „Roadtrip 1945“, die unter anderem durch aufwändig produzierte Graphic Novels in Kombination mit Real- oder Archivbildern hervorstechen.

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Mit „Roadtrip 1945“ bringt das ZDF eine außergewöhnliche dreiteilige Dokumentation aus der Reihe „Terra X History“, die ab dem 26. Januar 2025 ausgestrahlt wird. Erzählt wird die wahre Geschichte des jüdischen Soldaten Manfred Gans, der unter dem Decknamen Frederick „Freddie“ Gray als Teil einer britischen Eliteeinheit nach Kriegsende durch das zerstörte Deutschland reist. Sein Ziel: die Rettung seiner Eltern, die in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert wurden.

Diese bewegende Dokumentation verknüpft historische Ereignisse mit persönlichen Schicksalen und gibt mit einer animierten Graphic Novel einen innovativen Einblick in die letzten Tage des Zweiten Weltkriegs.

Flucht, Krieg und die Rückkehr ins zerstörte Deutschland

Manfred Gans musste 1938 als 16-Jähriger aus Deutschland fliehen, während seine Eltern zurückblieben und später von den Nationalsozialisten verschleppt wurden. Sieben Jahre später kehrt er als Teil der britischen „X-Troop“, einer geheimen jüdischen Eliteeinheit, zurück. Diese Einheit, die laut Historiker Keith Lowe „Churchills Geheimwaffe im Krieg gegen Hitlerdeutschland“ war, bestand aus Soldaten, die perfekt Deutsch sprachen und tief in die Strukturen der Nazis eindringen konnten.

Schwarz-Weiß-Foto: Frederick "Freddie" Gray steht auf den Treppenstufen vor einem Haus.
Nach Kriegsende wird der junge jüdische Manfred Gans mit seiner Einheit in Borken stationiert, dem Ort, den er im Sommer 1938 Richtung England verlassen musste. Nun steht er vor dem wie durch ein Wunder unzerstört gebliebenen Elternhaus, das inzwischen den Briten als Kommandantur dient.

Nach der deutschen Kapitulation macht sich Freddie am 12. Mai 1945 von den Niederlanden aus auf eine riskante Reise durch das vom Krieg gezeichnete Deutschland. Sein erster Halt ist seine Heimatstadt Borken. Dort erlebt er, wie stark die Zerstörung seine einstige Heimat verändert hat. „Germany 1945 Style“, notiert er nüchtern. Das Haus seiner Familie steht überraschenderweise noch, doch die Stadt selbst ist fast vollständig zerstört.

Eine emotionale Reise mit vielen Hindernissen

Während seiner Reise durch Münster, Eisenach und das Erzgebirge erlebt Freddie die verheerenden Auswirkungen des Krieges aus nächster Nähe. Millionen Menschen sind entwurzelt und auf den Straßen unterwegs. „Wir sehen immer mehr Menschen auf den Straßen; sie schieben Handkarren, Kinderwagen, tragen Rucksäcke, fahren Rad. Alle versuchen, nach Hause zu kommen“, beschreibt er die chaotischen Szenen in seinem .

Schwarz-Weiß-Porträtfoto: Frederick "Freddie" Gray schaut zur Seite.
Frederick Gray tritt im Zweiten Weltkrieg in die Britische Armee ein. Er ist Teil einer Eliteeinheit namens X-Troop, die sich aus deutschstämmigen Juden zusammensetzte.
Foto: ZDF/Pirvatfoto Familie Gans

Doch nicht nur die Zerstörung prägt Freddies Weg. In einer deutschen Kaserne, die inzwischen von Amerikanern genutzt wird, beobachtet er die engen Beziehungen zwischen deutschen Frauen und alliierten Soldaten. „Die Moral der deutschen Frauen ist völlig im Eimer“, schreibt er. Diese Beobachtungen spiegeln die soziale Zerrüttung und das Chaos jener Zeit wider.

Freddies Reise führt ihn weiter nach Theresienstadt. Dort hofft er, seine Eltern lebend zu finden. Die emotionale Anspannung ist immens. Sein Enkel Dylan Gans beschreibt die innere Zerrissenheit seines Großvaters: „Sei auf das Schlimmste gefasst. Erwarte das Beste.“

ZDF-Journalist Mirko Drotschmann sitzt mit den Nachkommen von Manfred Gans auf einer Bank im Freien: Großnichte Sivan Ziv, Sohn Daniel und Enkel Dylan.
Mirko Drotschmann trifft die Nachfahren von Manfred Gans. Von links: Mirko Drotschmann, Großnichte Sivan Ziv, Sohn Daniel und Enkel Dylan

Das Wiedersehen in Theresienstadt

Freddie erreicht am 14. Mai 1945 das Konzentrationslager Theresienstadt – und tatsächlich leben seine Eltern noch. „Zwischen Gesprächen über ihre Vergangenheit, unsere Verwandten, die Welt fühlen wir uns jetzt alle sehr glücklich“, notiert er später nüchtern. Doch das Lager ist weiterhin von Leid und Tod geprägt. Eine Fleckfieber-Epidemie zwingt die sowjetischen Besatzer, das Lager unter Quarantäne zu stellen. Erst Wochen später gelingt es Freddie, seine Eltern aus Theresienstadt herauszuholen.

Diese Reise markiert das Ende seiner privaten Mission, doch Freddie setzt seinen Dienst in der britischen Armee fort. Als Verhörspezialist trägt er zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen bei und bereitet die Nürnberger Prozesse mit vor.

Innovativer Ansatz: Eine animierte Graphic Novel

Die Dokumentation setzt auf eine einzigartige Verbindung von historischen Berichten und moderner Visualisierung. Mithilfe einer animierten Graphic Novel werden Freddies Erlebnisse lebendig dargestellt. Mirko Drotschmann, der die Doku moderiert, beschreibt den Ansatz als „eine visuelle Zeitreise, die Vergangenheit greifbar macht“.

Graphic Novel: Frederick Gray und seinen Fahrer Bob sitzen im Auto und fahren durch eine freie, grüne Landschaft.
Frederick Gray macht sich mit einem Fahrer auf den Weg durch Trümmerdeutschland, um seine jüdischen Eltern zu suchen.
Foto: ZDF/Paul’s Boutique

Dialoge, Szenen und Hintergründe orientieren sich eng an Freddies Reisebericht. Ergänzt durch Archivmaterial und Zitate bietet die Dokumentation eine einzigartige Möglichkeit, Geschichte zu erleben. „Unser Ziel war es, die Vergangenheit in die Gegenwart zu holen – und dabei eine Form zu finden, die Freddies außergewöhnlicher Reise gerecht wird“, erklärt Filmemacherin Andrea Mokosch.

Zitate, die berühren

Freddies Worte geben einen direkten Einblick in die Emotionen dieser Zeit:

  • „Mir wird klar, was das für ein Moment ist. Überall sind Menschen, Juden, zu Tausenden zu sehen. Sie sehen unterernährt aus, überarbeitet. Was für ein grausamer Anblick!“

Sein Sohn Daniel Gans beschreibt die Schlüsselszene in Theresienstadt: „Eine junge Frau sagte zu meinem Vater: ‚Sie haben großes Glück! Ihre Eltern sind noch hier.‘“

Ausstrahlung und Verfügbarkeit

Die Dokumentation startet am Sonntag, den 26. Januar 2025, um 22:15 Uhr im ZDF. Bereits ab 5 Uhr morgens stehen alle drei Folgen in der ZDFmediathek bereit. Im Frühjahr 2025 wird eine 90-minütige Zusammenfassung gesendet.

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