Die Bundesanwaltschaft hat in einer großangelegten Aktion zugeschlagen und vier mutmaßliche Mitglieder sowie einen mutmaßlichen Unterstützer einer rechtsextremistischen terroristischen Vereinigung festnehmen lassen. Die Operation, die in den frühen Morgenstunden begann, erstreckte sich über mehrere Bundesländer und wurde mit einem massiven Polizeiaufgebot durchgeführt.
Die Festnahmen der deutschen Staatsangehörigen Benjamin H., Ben-Maxim H., Jerome M., Lenny M. und Jason R. erfolgten auf Grundlage von Haftbefehlen des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs. Die Einsatzorte lagen in Mecklenburg-Vorpommern (Landkreis Rostock und Wismar), Brandenburg (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) und Hessen (Lahn-Dill-Kreis).
Zeitgleich starteten richterlich angeordnete Durchsuchungen in insgesamt 13 Objekten. Neben den Festnahmeorten waren auch Sachsen (Landkreis Leipzig) und Thüringen (Landkreis Altenburger Land und Ilm-Kreis) betroffen. Diese Maßnahmen dauern laut Bundesanwaltschaft an und richten sich auch gegen drei weitere deutsche Staatsangehörige: Devin K., Claudio S. und Justin W. Diese drei befinden sich bereits in Untersuchungshaft, die Bundesanwaltschaft hat die Ermittlungen gegen sie übernommen.
Der schwere Verdacht: Terror, Mordversuch und Brandstiftung
Den heute festgenommenen Beschuldigten wird die Mitgliedschaft in oder – im Falle von Jerome M. – die Unterstützung einer inländischen terroristischen Vereinigung dringend vorgeworfen (§ 129a Abs. 1 Nr. 1 , Abs. 5 StGB). Brisant: Alle handelten als Jugendliche mit Verantwortungsreife, Jason R. zum Teil auch als Heranwachsender. Benjamin H., Lenny M. und Jason R. sollen dabei als Rädelsführer (§ 129a Abs. 4 StGB) agiert haben.
Doch die Vorwürfe wiegen noch schwerer: Jerome M. und Lenny M. werden zudem versuchter Mord (§ 211 Abs. 2, §§ 22, 23 StGB), besonders schwere Brandstiftung (§ 306a Abs. 1 Nr. 1, § 306b Abs. 1 StGB) sowie Sachbeschädigung (§ 303 Abs. 1 StGB) zur Last gelegt. Ben-Maxim H. steht im dringenden Verdacht der Beihilfe (§ 27 StGB) zu diesen Taten. Lenny M. wird in einem weiteren Fall Beihilfe zum versuchten Mord, zur versuchten schweren Brandstiftung, zur Sachbeschädigung und zur Verwendung verfassungswidriger Kennzeichen (§ 86a Abs. 1 Nr. 1 StGB) vorgeworfen. Zusätzlich soll er sich mit anderen zu einem Mord verabredet haben (§ 30 Abs. 2 i.V.m. § 211 Abs. 2 StGB).
Die Terrorgruppe „Letzte Verteidigungswelle (L.V.W)“
Die Bundesanwaltschaft legt in den Haftbefehlen dar: „Alle eingangs genannten Personen gehören zu einer spätestens Mitte April 2024 gegründeten rechtsextremistischen terroristischen Vereinigung, die sich selbst „Letzte Verteidigungswelle (L.V.W)“ nennt. Die Mitglieder dieser Vereinigung verstehen sich als letzte Instanz zur Verteidigung der „Deutschen Nation“. Ihr Ziel ist es, durch Gewalttaten vornehmlich gegen Migranten und politische Gegner einen Zusammenbruch des demokratischen Systems in der Bundesrepublik Deutschland herbeizuführen. Zu solchen Taten zählen insbesondere Brand- und Sprengstoffanschläge auf Asylbewerberheime und Einrichtungen des politisch linken Spektrums, dies gegebenenfalls auch mit tödlichem Ausgang. Bei Benjamin H., Lenny M. und Jason R. handelt es sich um führende Mitglieder der Vereinigung.“
Die mutmaßlichen Taten im Detail
- Altdöbern (23. Oktober 2024): Lenny M. und Jerome M. sollen am frühen Morgen mit Brandbeschleuniger ein Feuer in einem Kulturhaus gelegt haben. Der Komplex war bewohnt, nur durch Zufall wurde niemand verletzt. Der Sachschaden: rund 500.000 Euro. Ben-Maxim H. soll vorab eine Rede entworfen haben, mit der Lenny M. die Tat in einem Video ankündigte, um andere L.V.W-Mitglieder zu ähnlichen Aktionen zu animieren.
- Schmölln (5. Januar 2025): Claudio S. und Justin W. sollen ein Fenster einer bewohnten Asylbewerberunterkunft eingeschlagen und versucht haben, entzündete Pyrotechnik hineinzuschießen. Ein Feuer brach nicht aus. An die Unterkunft sprühten sie Parolen wie „L.V.W“, „Ausländer raus“, „Deutschland den Deutschen“, „NS-Gebiet“, Hakenkreuze und Siegrunen und zeigten den „Hitlergruß“. Lenny M. soll bei der Rekrutierung von Justin W. geholfen und Tipps zur Tatbekleidung gegeben haben.
- Geplanter Anschlag Senftenberg (Anfang Januar 2025): Lenny M., Devin K. und Claudio S. planten laut Ermittlern einen Brandanschlag auf eine bewohnte Asylbewerberunterkunft. Devin K. soll hierfür zwei Kugelbomben in Tschechien beschafft haben. Die Festnahmen von Claudio S. und Devin K. verhinderten die Ausführung.
Die Ermittlungen wurden in enger Kooperation mit dem Bundeskriminalamt, dem Bundesamt für Verfassungsschutz und mit Unterstützung der Landeskriminalämter Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen geführt. Über 220 Polizeibeamte des BKA, Spezialkräfte der Bundespolizei und Kräfte der genannten LKÄ sowie des Polizeipräsidiums Mittelhessen waren heute im Einsatz.
Die Festgenommenen werden ab heute dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt. Dieser wird ihnen die Haftbefehle eröffnen und über den Vollzug der Untersuchungshaft entscheiden.
