Laut dem Bericht leben mittlerweile mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Ländern, in denen die Pressefreiheit als „sehr ernst“ eingestuft wird. Nur noch sieben Länder weltweit – alle in Europa – weisen eine „gute“ Lage auf. Deutschland fällt um einen Platz auf Rang 11 zurück und gehört damit nicht mehr zu den Top 10.
Wirtschaftliche Notlage als Haupttreiber
Neben einer fragilen Sicherheitslage für Journalisten und zunehmendem Autoritarismus vieler Regierungen nennt RSF vor allem ökonomische Faktoren als Grund für die negative Entwicklung. In 90 der 180 untersuchten Länder sei die Situation für Medienschaffende „schwierig“ oder „sehr ernst“.
„Mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung lebt nun in Staaten, in denen wir die Lage der Pressefreiheit als sehr ernst einstufen“, warnt RSF-Geschäftsführerin Anja Osterhaus. „Autokraten ist unabhängiger Journalismus ein Dorn im Auge. Das wirkt sich auch auf die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit aus. Wenn Medien finanziell ausgetrocknet werden, wer deckt dann Falschinformationen, Desinformation und Propaganda auf? Neben unserem täglichen Kampf für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten setzen wir uns deshalb auch für eine Stärkung der wirtschaftlichen Grundlagen des Journalismus ein.“
Die Daten zeigen: In 160 Ländern können Medien kaum nachhaltig wirtschaften. Medienbesitz konzentriert sich in 46 Staaten auf wenige Eigentümer, wie etwa in Russland (Platz 171), wo der Kreml oder kremlnahe Oligarchen die Medienlandschaft dominieren. Fast ein Drittel der Länder sah im letzten Jahr Redaktionsschließungen aus wirtschaftlichen Gründen, oft nach massivem Druck durch Behörden. Staatliche Anzeigenvergabe wird zudem oft als politisches Werkzeug missbraucht, etwa in Ungarn (Platz 68). Gleichzeitig dominieren große Tech-Plattformen den Werbemarkt und tragen zur Verbreitung von Falschinformationen bei.
Deutschland: Feindliches Klima und ökonomische Sorgen
Obwohl Deutschland im globalen Vergleich noch gut dasteht, sieht RSF auch hierzulande besorgniserregende Trends. Journalistinnen und Journalisten, die über rechtsextreme Milieus oder die AfD berichten, seien zunehmend Anfeindungen, Bedrohungen und der Angst vor Gewalt ausgesetzt. Auch bei der Berichterstattung über den Nahostkonflikt seien Hürden und ein verschärftes Klima dokumentiert worden. Die wirtschaftliche Situation vieler Medienhäuser habe sich spürbar verschlechtert. RSF fordert Reformen zur Stärkung der Medienvielfalt, darunter die Förderung gemeinnützigen Journalismus und eine Reform des Medienkonzentrationsrechts.
Globale Herausforderungen: Von Amerika bis Asien
- Amerika: Verschlechterung in über der Hälfte der Länder. Argentinien (87) stürzt nach Maßnahmen von Präsident Milei ab. Mexiko (124) bleibt extrem gefährlich. In den USA (57) sorgt die offen pressefeindliche Haltung der Trump-Regierung und drastische Kürzungen bei USAID-Hilfen für weltweite Besorgnis, da viele unabhängige Medien (auch in Osteuropa/Zentralasien) davon abhängen.
- Europa: Bleibt die Region mit der größten Pressefreiheit (Norwegen auf 1, Estland auf 2), doch auch hier gibt es Probleme (z.B. Slowakei auf 38). Polen (31) verbessert sich nach Regierungswechsel.
- Afrika: Deutliche Verschlechterung im Süden. Eritrea (180) bildet das Schlusslicht. Wirtschaftlicher Druck führt zu Selbstzensur und Schließungen (z.B. Sudan 156, Mali 119, DR Kongo 133).
- Asien-Pazifik: Schwierige Bedingungen, 13 Länder in der schlechtesten Kategorie. Hongkong (140) rutscht nach neuem Sicherheitsgesetz ab, China (178) bleibt einer der größten Unterdrücker (mind. 113 Medienschaffende in Haft). Auch Indien (151), Indonesien (127) und Kambodscha (161) verschlechtern sich. Positiv: Bangladesch (149) steigt nach dem Rücktritt von Premierministerin Hasina auf.
- Naher Osten/Nordafrika: Gefährlichste Region. Der Gaza-Krieg forderte fast 200 getötete Journalisten. Palästinensische Gebiete (163) und Israel (112) fallen zurück. Außer Katar (79) ist die Lage überall „sehr ernst“ oder „schwierig“ (z.B. Tunesien 129).
Die Rangliste der Pressefreiheit basiert auf fünf Indikatoren: politischer Kontext, rechtlicher Rahmen, wirtschaftliches Umfeld, soziokultureller Kontext sowie Sicherheit.