Die Antwort liegt tief in den Anbauregionen Westafrikas und ist ein komplexes Gemisch aus Klimawandel, Pflanzenkrankheiten und strukturellen Problemen – mit dramatischen Folgen für Bauern und Konsumenten.
Der Hauptgrund: Kakao-Preise explodieren am Weltmarkt
Der wichtigste Rohstoff für Schokolade, die Kakaobohne, ist so teuer wie nie zuvor. Während eine Tonne Anfang 2023 noch zwischen 2.000 und 2.600 US-Dollar kostete, schossen die Preise bis Januar 2025 auf über 9.600 Euro. Zeitweise wurden Spitzenwerte von über 10.000 US-Dollar oder sogar 12.000 Euro erreicht. Der Schokoladenhersteller Lindt & Sprüngli berichtete von Preisen um 9.000 Schweizer Franken pro Tonne – das Vierfache des langjährigen Durchschnitts! Auch wenn es leichte Schwankungen gibt, bleiben die Preise auf einem extrem hohen Niveau. Dieser Kosten-Tsunami trifft die Hersteller mit voller Wucht.
Ernte-Katastrophe in Westafrika
Das Epizentrum der Krise liegt in Westafrika: Die Elfenbeinküste und Ghana, die normalerweise über 60% des weltweiten Kakaos liefern, erleben massive Ernteausfälle. Berichtet wurden Rückgänge von bis zu 31% (Ghana). Die Ernte 2024 in Ghana war die schlechteste seit 20 Jahren, brach fast um die Hälfte ein. Schätzungen zufolge fiel in der Saison 2023/24 rund ein Drittel, teils sogar bis zur Hälfte der westafrikanischen Ernte aus. Dieser dramatische Angebots-Kollaps ist die Wurzel der globalen Verknappung.
Was die Kakao-Ernte ruiniert: Ein Teufelskreis
Mehrere Faktoren wirken hier verheerend zusammen:
- Klimawandel: Kakaobäume sind Sensibelchen. Extreme Wetterereignisse wie Dürren, Starkregen und Hitzewellen, die durch den Klimawandel häufiger und intensiver werden, setzen den Pflanzen massiv zu. Das Wetterphänomen El Niño verschärfte die Lage zusätzlich.
- Pflanzenkrankheiten: Das „Swollen Shoot Virus“ (CSSVD), verbreitet durch Läuse, tötet Bäume ab. Die einzige Lösung: Rodung. Gleichzeitig lässt die Pilzkrankheit „Schwarzfäule“ (Black Pod) die Kakaoschoten verrotten. Beide Krankheiten breiten sich in den durch Klimastress geschwächten Monokulturen rasant aus.
- Strukturelle Probleme: Viele Kakaobauern leben in Armut. Jahrelang niedrige Preise machten Investitionen in moderne, widerstandsfähige Farmen (z.B. mit Schattenbäumen statt Monokulturen) oder die Bekämpfung von Krankheiten unmöglich. Viele Plantagen sind überaltert und anfällig.
Nicht nur Kakao: Weitere Kosten treiben den Preis
Zwar ist der Kakao der Haupttreiber, aber auch andere Faktoren machen Schokolade teurer:
- Andere Zutaten: Auch die Preise für Zucker und Milchpulver schwankten und trugen zu den Kosten bei.
- Energie & Verarbeitung: Gestiegene Kosten für Energie, Löhne und Verpackung schlagen sich im Endpreis nieder.
- Logistik: Transportkosten für Rohstoffe und fertige Produkte bleiben durch Kraftstoffpreise, Maut und Fahrermangel unter Druck.
Hersteller reagieren: Preiserhöhungen und „Shrinkflation“
Die großen Schokoladen-Marken geben die gestiegenen Kosten an die Kunden weiter:
- Preiserhöhungen: Tafeln von Milka (von ca. 1,49€ auf 1,99€) oder Ritter Sport (plus 27-36%) wurden deutlich teurer. Lindt & Sprüngli plant weitere zweistellige Erhöhungen für 2025.
- Shrinkflation: Gleichzeitig wird oft der Inhalt reduziert, während der Preis gleich bleibt. Milka-Tafeln schrumpften teils von 100g auf 90g, Nestlé reduzierte eine Sorte von 100g auf 85g. Der Preis pro Gramm steigt so versteckt.
Diese massiven Aufschläge, teils bei gleichzeitig hohen Unternehmensgewinnen, befeuern die Debatte um „Gierflation“ – den Verdacht, dass Firmen die Krise für übermäßige Gewinnsteigerungen nutzen.
Nachhaltigkeit kostet extra
Langfristig helfen nur nachhaltigere Anbaumethoden (wie Agroforstsysteme statt Monokulturen) und faire Preise für Bauern. Doch auch das kostet: Fairtrade-Prämien oder die Umsetzung neuer EU-Regeln gegen Entwaldung (EUDR) bedeuten zusätzliche Ausgaben, die sich im Preis niederschlagen können.
Ausblick: Bleibt Schokolade ein Luxusgut?
Experten sind sich einig: Die Zeit der billigen Schokolade ist vorerst vorbei. Lindt & Sprüngli rechnet auch 2025/26 mit hohen Preisen, falls die Kakao-Kosten nicht drastisch sinken. Die Erholung der Kakaoplantagen dauert Jahre.
Die Industrie muss sich anpassen: Rezepturen könnten geändert (weniger Kakao, mehr andere Fette?), Alternativen erforscht oder der Fokus auf teurere Premiumprodukte gelegt werden. Für Konsumenten bedeutet das: Wir müssen uns wohl an höhere Preise gewöhnen oder bewusster genießen. Die Krise zeigt schmerzlich, dass ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit und fairer Bezahlung in der Kakao-Lieferkette dringend nötig ist.