Abgelehnt und kritisiert
Die Idee einer neuen Gebühr für Patienten bei jedem Arztbesuch stößt auf breite Ablehnung. Der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dirk Pantazis, bezeichnete den Vorschlag als „unsozial, ineffektiv und gesundheitspolitisch falsch“. Er betonte, dass eine solche Gebühr nicht unnötige Arztbesuche verhindere, sondern vor allem Menschen mit geringem Einkommen, chronisch Kranke und ältere Patienten abschrecke. Pantazis sieht darin einen Rückgriff auf veraltete Konzepte, die das deutsche Gesundheitssystem keinen Millimeter voranbringen würden.
Alternativen zur Gebühr
Die Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD hatten sich bewusst gegen ein solches System entschieden. Stattdessen setzt die Regierung auf strukturelle Lösungen. Dazu gehören ein verbindliches Primärversorgungssystem mit klarer Lotsenfunktion, positiver Steuerung und einer echten Termingarantie zum Facharzt. Dieses Modell wird als wirksamer und fairer angesehen, da es das System entlastet, ohne neue finanzielle Hürden für Patienten aufzubauen. Pantazis fordert von allen Akteuren im Gesundheitswesen, eigene Beiträge zur Stabilisierung zu leisten, anstatt die Verantwortung ständig auf die Versicherten abzuwälzen.
Qualität und Finanzierung
Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, teilt diese Ansicht und sieht hinter dem Vorschlag der Kassenärzte und Krankenhäuser weniger die Patientensteuerung als vielmehr das Ziel, „Kasse zu machen“. Die Qualität der Leistung spiele dabei oft keine Rolle, obwohl für mittelmäßige Leistungen viel Geld ausgegeben werde. Auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Janosch Dahmen nennt die Kontaktgebühr ein Ablenkungsmanöver, das weder sinnvoll in die Versorgung steuere noch Ausgaben senke. Stattdessen entstünden neue Bürokratie und Verwaltungskosten, die ohnehin stark belastete Praxen zusätzlich unter Druck setzen würden. „Patienten dürfen nicht zu Sündenböcken für politische Versäumnisse gemacht werden“, so Dahmen. Er fordert eine bessere Versorgungssteuerung und eine grundlegende Reform der Notfall- und Primärversorgung.
Der Linken-Gesundheitsexperte Ates Gürpinar sieht die Finanzierungsprobleme der Krankenkassen durch die Gebühr ebenfalls nicht gelöst. „Statt immer wieder mit solchen unsozialen Vorschlägen um die Ecke zu kommen, braucht es endlich eine Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze“, fordert Gürpinar. Dies würde die Finanzierung sozial gerechter gestalten, da diejenigen stärker belastet würden, die auch mehr haben.
(Mit Material der dts Nachrichtenagentur erstellt)