Der „Handy-Nacken“ als Hauptübeltäter
Man kennt das Bild: gesenkte Köpfe, starre Blicke auf kleine Bildschirme. Was harmlos wirkt, ist Schwerstarbeit für unsere Halswirbelsäule. „Der menschliche Kopf wiegt sechs Kilo und nach vorne geneigt potenziert sich die Belastung“, erklärt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ) in München-Taufkirchen. „Diese unnatürliche Haltung ist mittlerweile der Hauptgrund für Nackenschmerzen, weil es zu einer Über- und Fehlbeanspruchung der Muskulatur kommt, die zu starken Verspannungen führt.“ Die unangenehmen Folgen sind laut dem Experten nicht nur Schmerzen, sondern auch „eine eingeschränkte Beweglichkeit, nicht selten sogar gepaart mit Kopfschmerzen, Schwindel und sogar Übelkeit.“
Doch nicht nur das Smartphone ist schuld. Auch psychische Belastungen wie Stress und Ängste können buchstäblich im Nacken sitzen. Ein weiterer wichtiger Faktor: Bewegungsmangel. „Hier kommen die Faszien ins Spiel“, so Dr. Schneiderhan. Dieses netzartige Bindegewebe, das unsere Muskeln umhüllt, verliert ohne Bewegung an Elastizität. „Bewegungsmangel führt dazu, dass sie sich verkleben, was Schmerzen im Bereich von Rücken-, Nacken- und Schultern auslösen kann.“
Bewegung und Dehnung: Das A und O zur Selbsthilfe
Die gute Nachricht: Gegen viele Nackenbeschwerden können Sie aktiv etwas tun. Bewegung ist hier der Schlüssel. Ein flotter Spaziergang oder leichtes Joggen kann bereits Wunder wirken und Verspannungen lösen. Anschließend sind Lockerungsübungen ideal. Dr. Schneiderhan empfiehlt:
- Schultern fallen lassen: Aufrecht hinstellen. Beim Einatmen die Schultern hochziehen, kurz halten und beim Ausatmen bewusst fallen lassen. Fünfmal wiederholen.
- Schulter kreisen: Im Stehen oder aufrechtem Sitzen die Schultern erst 15 Sekunden nach vorne, dann 15 Sekunden nach hinten kreisen lassen.
- Hals dehnen: Aufrecht sitzen oder stehen. Das rechte Ohr langsam zur rechten Schulter führen, kurz halten und zurück zur Mitte. Dann die linke Seite. Jede Seite fünfmal.
- Arme schwingen: Aufrecht stehen. Beide Arme in großem Radius 15 Sekunden vorwärts, dann 15 Sekunden rückwärts kreisen lassen. Dabei leicht in den Knien mitfedern.
Für Wasserfreunde gilt: Rückenschwimmen und Kraulen sind Balsam für den Nacken, da sie die gesamte Muskulatur trainieren. Auch Aqua-Fitness-Kurse, die viele Schwimmbäder anbieten, sind sehr empfehlenswert. Generell gilt: Regelmäßiges Krafttraining, sei es mit dem eigenen Körpergewicht, Hanteln oder Widerstandsbändern, stärkt die Muskulatur nachhaltig. Wer gesellig ist, findet im Fitnessstudio passende Angebote. Aber Achtung: „Wer lange keinen Sport getrieben hat, sollte sich vorab das medizinische Okay holen“, rät Dr. Schneiderhan. „Insbesondere, bei akuten Schmerzen oder wenn Nackenprobleme häufiger auftreten. Dann ist es wichtig zunächst die Ursachen zu erforschen.“
Wann muss ich zum Arzt?
Nicht immer lassen sich Nackenschmerzen mit einfachen Übungen vertreiben. Hinter den Verspannungen können auch ernstere Ursachen stecken, wie Entzündungen, Nervenkompressionen (etwa durch eine Spinalkanalstenose), Verschleißerscheinungen an Wirbeln und Bandscheiben oder Erkrankungen wie Rheuma und Osteoporose.
„Akut auftretende Nackenschmerzen verschwinden meist schnell wieder von alleine“, beruhigt der Wirbelsäulenexperte. Doch Vorsicht ist geboten: „Doch bei starken Schmerzen, ausstrahlenden Schmerzen, Gefühlen wie Taubheit oder Kribbeln oder wenn es zu Gangunsicherheiten kommt, ist es unbedingt ratsam sich in medizinische Obhut zu begeben.“
Moderne Behandlungsmethoden: Von Wärme bis OP
Die Behandlung richtet sich nach der Diagnose. Bei starken Muskelverspannungen kann oft schon Wärme Linderung verschaffen. Physiotherapie und Massagen sind weitere bewährte Maßnahmen. In akuten Phasen können auch schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente helfen.
Bei komplexeren Problemen wie einer Spinalkanalstenose oder einem Bandscheibenvorfall empfiehlt Dr. Schneiderhan eine interdisziplinäre Beratung. „Wenn sich Ärzte und Therapeuten unterschiedlicher Fachrichtungen dem Problem annehmen, ist die Chance auf bestmögliche Behandlung am besten“, betont er. Eine Operation sollte immer die letzte Option sein. „Eine OP sollte nur dann erfolgen, wenn sie wirklich nötig ist und falls doch ein operativer Eingriff nötig sein sollte, gibt es heute sehr gute und schonende minimal-invasive Methoden.“
Viele weitere Informationen zu modernen Behandlungsmethoden finden sich unter www.orthopaede.com.
Bitte beachten Sie, dass die in diesem Artikel bereitgestellten Informationen und Tipps ausschließlich der allgemeinen Information dienen und keinen Ersatz für eine professionelle medizinische Beratung, Diagnose oder Behandlung durch einen qualifizierten Arzt oder Therapeuten darstellen.





