Zwischenstopp, Abflug, Rückkehr

Millionen Zugvögel im Aufbruch – das passiert gerade über Baden-Württemberg

Wenn der Blick in den Himmel zieht, offenbart sich ein beeindruckendes Naturschauspiel: Millionen Zugvögel überqueren derzeit Baden-Württemberg, nutzen Rastplätze oder schlagen ihr Winterquartier im Südwesten auf. Der NABU berichtet von intensiver Aktivität auf den traditionellen Routen – mit faszinierenden Beobachtungen, aber auch mit ernsten Warnungen.
  • Drehscheibe des Vogelzugs: Baden-Württemberg dient im Herbst als wichtiges Transit- und Rastgebiet für Millionen Zugvögel – etwa am Federsee, Bodensee oder in Flussauen von Rhein und Donau.

  • Wetter entscheidet über Verhalten: Viele Arten wie Amsel oder Rotkehlchen treffen kurzfristige Entscheidungen über Abflug oder Verbleib – abhängig von Wetter und Nahrungsangebot.

  • Weite Reiseziele: Arten wie Fischadler, Wespenbussard oder Kuckuck fliegen bis nach Westafrika. Ein besenderter Bussard erreichte die Elfenbeinküste in nur 3,5 Wochen.

  • Gefährdete Arten im Fokus: Die Bekassine, in Deutschland vom Aussterben bedroht, nutzt Feuchtgebiete wie das Federseemoor als wichtigen Rastplatz.

  • Klimawandel verändert das Zugverhalten: Immer mehr Weißstörche überwintern im Südwesten, späte Jungschwalben leiden bei Kälte und Regen unter Nahrungsmangel.

  • Besonderheit am Bodensee: Kolbenenten ziehen nicht aus dem Norden zu, sondern kommen aus Spanien, da es im Bodensee noch ausreichend Nahrung gibt.

  • Appell des NABU: Der Naturschutzbund fordert politische Unterstützung für die EU-Wiederherstellungsverordnung und mehr finanzielle Mittel zur Rettung bedrohter Lebensräume.

Millionen Zugvögel im Aufbruch – das passiert gerade über Baden-Württemberg
Millionen Zugvögel im Aufbruch – das passiert gerade über Baden-Württemberg
Fliegender Weißstorch
Foto: NABU/Marc Scharping

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Baden-Württemberg als Drehscheibe für Zugvögel im Herbst

Während einige Arten, wie der Kuckuck oder der Pirol, bereits in Afrika angekommen sind, rasten viele andere derzeit noch an Seen, in Feuchtwiesen oder in Flussauen – etwa am Federsee, am Bodensee oder entlang des Rheins. Für die Tiere sind diese Gebiete überlebenswichtig, betont der NABU.

Wer bleibt, wer fliegt – und warum das entscheidet

Nicht alle Vögel folgen einem starren Zeitplan. Während Kleiber, Buntspechte und Haussperlinge den Winter durchgehend im Südwesten verbringen, entscheiden sich Arten wie Rotkehlchen oder Amseln kurzfristig für Abflug oder Verbleib – abhängig von Kälte, Nahrungsangebot und Wetterlage.

„In den Gärten sieht man jetzt andere Individuen: Jene, die bei uns brüten, ziehen im Winter etwas weiter südlich, während Vögel aus dem Norden am Futterplatz zu beobachten sind“, erklärt NABU-Ornithologe Stefan Bosch. Täglich treffen neue Kohl- und Blaumeisen ein, die aus nördlicheren Regionen stammen.

Millionen Zugvögel im Aufbruch – das passiert gerade über Baden-Württemberg Bekassinen im Flug Federsee NABU Klaus Mendla aR
Bekassinen Flug Gruppe
Foto: NABU/Marc Scharping

Afrika ist das Ziel – aber nicht für alle

Viele Vögel fliegen über 5.000 Kilometer weit, etwa Schwarzmilane oder Fischadler, die sich auf den Weg nach Westafrika gemacht haben. Auch der besenderte Wespenbussard von der Ostalb, der schon Mitte September die Elfenbeinküste erreichte, steht exemplarisch für die enormen Leistungen dieser Tiere.

Andere bleiben näher: Kiebitze ziehen in den Mittelmeerraum, Kolbenenten kommen sogar aus an den Bodensee – auf der Suche nach Nahrung, die dort knapp wird. Besonders auffällig ist auch der bunt gefiederte Bienenfresser, der inzwischen häufiger in Baden-Württemberg brütet und nun Richtung Süden zieht.

Rastplätze wie der Federsee sind lebenswichtig

Feuchtgebiete im Land dienen als Trittsteine auf dem Weg gen Süden. Watvögel aus dem Norden rasten im Federseemoor oder an der Saalbachniederung, bevor sie weiter bis nach Mauretanien oder den Senegal fliegen. „Gerade für Zugvögel sind Feuchtgebiete wie der Federsee überlebenswichtig. Hier finden sie genug Nahrung und Ruhe“, erklärt Katrin Fritzsch vom NABU-Naturschutzzentrum Federsee.

Die Bekassine, ein unscheinbarer Wiesenvogel, ist hier aktuell gut zu beobachten – obwohl sie in Deutschland als vom Aussterben bedroht gilt. Schuld daran sind trockengelegte Moore und Lebensraumverluste.

Klimakrise verändert das Zugverhalten

Mit dem verändern sich auch die Zugmuster: Immer mehr Weißstörche etwa verzichten auf den Flug nach Afrika. Gleichzeitig bringt der Wandel neue Gefahren mit sich. So leiden späte Jungschwalben unter dem Ausfall ihrer Nahrungsquelle – Fluginsekten – wenn es regnet oder kalt wird.

Das NABU-Vogelschutzzentrum füttert derzeit einige von ihnen in Obhut. Doch der langfristige Schutz erfordert mehr als kurzfristige Hilfe. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur EU-Wiederherstellungsverordnung und einen finanziell gut ausgestatteten Plan zur Umsetzung, damit die Klimakrise nicht zum Sargnagel für unsere Schutzgebiete wird“, so NABU-Experte Stefan Bosch.

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