Baden-Württemberg als Drehscheibe für Zugvögel im Herbst
Während einige Arten, wie der Kuckuck oder der Pirol, bereits in Afrika angekommen sind, rasten viele andere derzeit noch an Seen, in Feuchtwiesen oder in Flussauen – etwa am Federsee, am Bodensee oder entlang des Rheins. Für die Tiere sind diese Gebiete überlebenswichtig, betont der NABU.
Wer bleibt, wer fliegt – und warum das Wetter entscheidet
Nicht alle Vögel folgen einem starren Zeitplan. Während Kleiber, Buntspechte und Haussperlinge den Winter durchgehend im Südwesten verbringen, entscheiden sich Arten wie Rotkehlchen oder Amseln kurzfristig für Abflug oder Verbleib – abhängig von Kälte, Nahrungsangebot und Wetterlage.
„In den Gärten sieht man jetzt andere Individuen: Jene, die bei uns brüten, ziehen im Winter etwas weiter südlich, während Vögel aus dem Norden am Futterplatz zu beobachten sind“, erklärt NABU-Ornithologe Stefan Bosch. Täglich treffen neue Kohl- und Blaumeisen ein, die aus nördlicheren Regionen stammen.
Foto: NABU/Marc Scharping
Afrika ist das Ziel – aber nicht für alle
Viele Vögel fliegen über 5.000 Kilometer weit, etwa Schwarzmilane oder Fischadler, die sich auf den Weg nach Westafrika gemacht haben. Auch der besenderte Wespenbussard von der Ostalb, der schon Mitte September die Elfenbeinküste erreichte, steht exemplarisch für die enormen Leistungen dieser Tiere.
Andere bleiben näher: Kiebitze ziehen in den Mittelmeerraum, Kolbenenten kommen sogar aus Spanien an den Bodensee – auf der Suche nach Nahrung, die dort knapp wird. Besonders auffällig ist auch der bunt gefiederte Bienenfresser, der inzwischen häufiger in Baden-Württemberg brütet und nun Richtung Süden zieht.
Rastplätze wie der Federsee sind lebenswichtig
Feuchtgebiete im Land dienen als Trittsteine auf dem Weg gen Süden. Watvögel aus dem Norden rasten im Federseemoor oder an der Saalbachniederung, bevor sie weiter bis nach Mauretanien oder den Senegal fliegen. „Gerade für Zugvögel sind Feuchtgebiete wie der Federsee überlebenswichtig. Hier finden sie genug Nahrung und Ruhe“, erklärt Katrin Fritzsch vom NABU-Naturschutzzentrum Federsee.
Die Bekassine, ein unscheinbarer Wiesenvogel, ist hier aktuell gut zu beobachten – obwohl sie in Deutschland als vom Aussterben bedroht gilt. Schuld daran sind trockengelegte Moore und Lebensraumverluste.
Klimakrise verändert das Zugverhalten
Mit dem Klimawandel verändern sich auch die Zugmuster: Immer mehr Weißstörche etwa verzichten auf den Flug nach Afrika. Gleichzeitig bringt der Wandel neue Gefahren mit sich. So leiden späte Jungschwalben unter dem Ausfall ihrer Nahrungsquelle – Fluginsekten – wenn es regnet oder kalt wird.
Das NABU-Vogelschutzzentrum füttert derzeit einige von ihnen in Obhut. Doch der langfristige Schutz erfordert mehr als kurzfristige Hilfe. „Wir brauchen ein klares Bekenntnis zur EU-Wiederherstellungsverordnung und einen finanziell gut ausgestatteten Plan zur Umsetzung, damit die Klimakrise nicht zum Sargnagel für unsere Schutzgebiete wird“, so NABU-Experte Stefan Bosch.