Die britische Versicherungsgesellschaft Aviva hat in ihrem aktuellen „Home Report“ mehr als 2.000 Personen zu ihren Alltagsfähigkeiten im Haushalt befragt. Das Ergebnis ist alarmierend – und dürfte auch in Deutschland Diskussionen auslösen:
19 Prozent der Befragten gaben an, nicht zu wissen, wie man ein Ei kocht, 21 Prozent sind unsicher beim Wechseln einer Glühbirne.
Die Umfrage offenbart ein deutliches Kompetenzgefälle, vor allem zwischen den Generationen. Während ältere Befragte viele Dinge noch klassisch gelernt haben, greifen jüngere Menschen zunehmend auf digitale Lösungen zurück.
Wenn Youtube das Kochbuch ersetzt
Besonders bei der Generation Z (geboren ab 1995) zeichnet sich laut Studie eine neue Lernkultur ab: Vier von zehn Befragten unter 25 bringen sich handwerkliche oder alltägliche Tätigkeiten über das Internet bei – meist mithilfe von „How-To“-Videos auf Plattformen wie YouTube, TikTok oder Instagram.
Zum Vergleich: Nur 11 Prozent der 25- bis 34-Jährigen nutzen noch Heimwerkerbücher oder klassische Anleitungen. Bei den über 55-Jährigen sind es immerhin 23 Prozent.
50 Prozent der insgesamt Befragten sagen, sie hätten durch Versuch und Irrtum gelernt, viele auch durch ihre Eltern:
- 45 Prozent durch den Vater
- 35 Prozent durch die Mutter
Was heute nicht mehr selbstverständlich ist
Besonders erschreckend: Fast ein Drittel (31 %) der Befragten gab an, kein Gericht ohne Rezept zubereiten zu können. Noch gravierender ist die Unsicherheit bei „praktischen“ Aufgaben:
- 43 Prozent trauen sich nicht zu, einem Baby die Windel zu wechseln
- 41 Prozent wissen nicht, wie man Flecken aus Kleidung oder Teppich entfernt
- 63 Prozent könnten keinen platten Reifen wechseln
- 70 Prozent fühlen sich beim Tausch eines Wasserhahndichtungsrings überfordert
Selbst beim simplen Entlüften eines Heizkörpers oder dem Ölstandcheck im Auto fühlen sich viele unsicher – Fähigkeiten, die früher als selbstverständlich galten.
Können oder Komfortzone?
Die Ergebnisse werfen nicht nur Fragen über fehlende Fähigkeiten auf, sondern auch über gesellschaftliche Entwicklungen. Aviva-Manager Adam Beckett ordnet die Zahlen wie folgt ein:
„Als Nation sind wir stolz darauf, Dinge selbst im Haushalt zu erledigen – umso überraschender ist es, dass hier offenbar Lücken bestehen. Natürlich führen viele Menschen heute ein sehr hektisches Leben. Deshalb ist es verständlich, dass manche Aufgaben an Profis ausgelagert werden. Doch beim Eierkochen sollte man vielleicht doch noch selbst ran.“
Aviva bietet in Großbritannien mittlerweile eine spezielle „Home Emergency Cover“-Versicherung an, die etwa beim Rohrbruch oder einer defekten Heizung greift – für alles andere, so die Empfehlung, solle man ruhig das Kochbuch oder den Werkzeugkasten wieder öfter in die Hand nehmen.
Was die Menschen sich noch zutrauen
Immerhin: Einige Fähigkeiten sind weiterhin stark vertreten. Laut Aviva-Umfrage können…
- 66 Prozent noch eine Karte lesen
- 65 Prozent einen Knopf annähen
- 62 Prozent ein Waschbecken entstopfen
- 57 Prozent einen Stecker verdrahten
- 53 Prozent den Ölstand am Auto prüfen
- 47 Prozent ein Regal montieren
Doch sobald es um Tapeten anbringen (39 %), Wasserhahn reparieren (30 %) oder Fliesen verlegen (22 %) geht, endet das Können oft – oder das Vertrauen in sich selbst.
Hintergrund zur Umfrage:
- Befragt wurden 2.004 Personen in Großbritannien
- Durchführung: Februar–März 2017 (repräsentativ)
- Studie: Aviva Home Report „Home Skills and Household Tasks“