Damit gaben die Richter in Luxemburg einer Klage der Journalistin Matina Stevi von der renommierten „The New York Times“ und der Zeitung selbst statt. Ein Sieg für die Pressefreiheit und das Recht der Öffentlichkeit auf Information – und eine herbe Schlappe für die Brüsseler Behörde.
Worum ging es genau?
Die Journalistin hatte bei der Europäischen Kommission Zugang zu sämtlichen SMS begehrt, die zwischen von der Leyen und Bourla im Zeitraum vom 1. Januar 2021 bis zum 11. Mai 2022 ausgetauscht wurden. Eine heiße Phase, mitten in den Verhandlungen und der Abwicklung der milliardenschweren Impfstoffkäufe während der Covid-19-Pandemie. Doch die Kommission mauerte. Die knappe Begründung: Man sei „nicht im Besitz der von dem Antrag erfassten Dokumente“.
Gericht zweifelt an Darstellung der Kommission
Diese Darstellung ließen Stevi und „The New York Times“ nicht gelten und zogen vor das EU-Gericht – mit Erfolg. Das Gericht machte deutlich, dass die Verordnung über den Zugang zu Dokumenten „dem Recht der Öffentlichkeit auf Zugang zu Dokumenten, die sich im Besitz der EU-Organe befinden, größtmögliche Wirksamkeit verschaffen“ soll. Grundsätzlich müssten alle Dokumente zugänglich sein.
Zwar gelte eine Vermutung der Richtigkeit, wenn ein Organ behaupte, ein Dokument existiere nicht. Diese Vermutung, so die Richter, sei im vorliegenden Fall aber erschüttert worden. Die Kläger hätten „relevante und übereinstimmende Anhaltspunkte dafür vorgelegt, dass im Rahmen des Kaufs von Impfstoffen durch die Kommission bei Pfizer während der Covid-19-Pandemie zwischen der Kommissionspräsidentin und dem Chief executive officer von Pfizer ein wiederholter Austausch, insbesondere in Form von Textnachrichten, stattgefunden hat.“
Kommission lieferte nur „Hypothesen“ und „Ungenauigkeiten“
Die Antworten der Kommission zu den angefragten SMS seien während des gesamten Verfahrens „entweder auf Hypothesen oder auf wechselnden oder ungenauen Informationen“ basiert. Das Gericht kritisierte scharf, die Kommission habe sich nicht mit der bloßen Behauptung des Nichtbesitzes begnügen dürfen. Sie hätte plausible Erklärungen liefern müssen, warum die Dokumente nicht auffindbar seien.
- Fehlende Details: Die Kommission erklärte weder detailliert, welche Nachforschungen sie angestellt hat, noch wo sie gesucht hat.
- Unklare Löschung: Es wurde nicht hinreichend geklärt, ob die Nachrichten gelöscht wurden (freiwillig, automatisch) oder ob das Mobiltelefon der Präsidentin getauscht wurde.
- Relevanz nicht geprüft: Die Kommission legte nicht plausibel dar, warum sie meinte, die SMS enthielten keine wichtigen Informationen, deren Aufbewahrung sichergestellt werden müsse.
Wie geht es jetzt weiter?
Die Entscheidung der Kommission wurde für nichtig erklärt. Das bedeutet, die Kommission muss sich erneut mit dem Antrag befassen und eine neue, rechtlich haltbare Entscheidung treffen. Sie muss nun plausible Erklärungen liefern oder die Dokumente – so sie denn existieren und auffindbar sind – zugänglich machen. Entsteht durch die Nichtigerklärung eine Regelungslücke, hat das betreffende Organ diese zu schließen.
Gegen die Entscheidung des Gerichts kann innerhalb von zwei Monaten und zehn Tagen ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim Europäischen Gerichtshof eingelegt werden.
Dieser Fall wirft erneut ein Schlaglicht auf die Notwendigkeit von Transparenz bei politischen Entscheidungen auf höchster EU-Ebene, insbesondere wenn es um milliardenschwere Verträge und die Gesundheit der Bürger geht.