Von Sicherheitsbedenken bis hin zu Forderungen nach härteren Maßnahmen – die Umfrage zeichnet ein klares Bild der aktuellen Stimmungslage. Welche konkreten Änderungen wollen die Bürger? Und wie reagieren die Parteien auf diesen Weckruf? Eine Analyse der schockierenden Zahlen offenbart, vor welchen Herausforderungen die Politik jetzt steht.
Dramatischer Ruf nach Veränderung
Die Zahlen lassen keinen Zweifel: Eine überwältigende Mehrheit von 77 Prozent der Befragten fordert eine grundlegende Neuausrichtung der Asyl- und Flüchtlingspolitik. Nur 18 Prozent halten den aktuellen Kurs für angemessen. Besonders brisant: Selbst unter SPD-Anhängern wünschen sich 65 Prozent eine Wende. Bei der AfD (97 Prozent), dem BSW (91 Prozent) und der CDU/CSU (86 Prozent) ist die Zustimmung für einen Kurswechsel noch höher. Einzig die Grünen-Anhänger sind in dieser Frage gespalten: 48 Prozent stimmen zu, 46 Prozent nicht.
Zuwanderung dominiert politische Agenda
Die Themen Zuwanderung und Flucht haben in der Problemwahrnehmung der Deutschen einen Höchststand erreicht. Aktuell nennt jeder Zweite (48 Prozent) diesen Komplex als eines der beiden wichtigsten politischen Probleme – ein Anstieg um satte 22 Prozentpunkte seit April. Wirtschaft (20 Prozent), soziale Ungerechtigkeit (12 Prozent) und Umwelt- und Klimaschutz (12 Prozent) folgen mit deutlichem Abstand.
Sicherheitsgefühl der Deutschen im Wanken
Trotz des Rufs nach Veränderung fühlt sich noch knapp die Hälfte der Deutschen im öffentlichen Raum sicher. Allerdings hat der Anschlag von Solingen Spuren hinterlassen: Der Anteil derer, die sich sehr unsicher fühlen, ist von 9 auf alarmierend hohe 16 Prozent gestiegen. Diese Entwicklung setzt die Politik zusätzlich unter Druck.
Parteien im Kompetenz-Check
In Sachen Kriminalitätsbekämpfung und Asylpolitik genießt die Union das größte Vertrauen der Bürger. CDU/CSU führen mit 35 Prozent bei der Kriminalitätsbekämpfung und 27 Prozent in der Asylpolitik. Die AfD folgt mit 20 bzw. 19 Prozent, während die SPD mit 11 bzw. 10 Prozent deutlich abgeschlagen ist. Diese Zahlen könnten die politische Landschaft nachhaltig verändern.
Maßnahmen gegen Radikalisierung gefordert
Die Deutschen wollen Taten sehen – und zwar schnell. 82 Prozent der Befragten befürworten einen Ausbau von Präventionsmaßnahmen gegen radikalen Islamismus, besonders an Schulen und in Flüchtlingseinrichtungen. Auch dauerhafte Grenzkontrollen (73 Prozent) und erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden (72 Prozent) finden breite Zustimmung. Die Forderung nach Zugriff auf elektronische Kommunikation wie Chats zeigt, wie weit die Bürger für mehr Sicherheit zu gehen bereit sind.
Die ARD-DeutschlandTREND-Umfrage offenbart eine Gesellschaft im Umbruch. Die Politik steht vor der Herausforderung, auf die massiven Forderungen nach Veränderung zu reagieren, ohne dabei demokratische Grundwerte aus den Augen zu verlieren. Wie die Parteien diesen Balanceakt meistern, könnte über ihre Zukunft entscheiden.
Befragungsdaten
- Grundgesamtheit: Wahlberechtigte ab 18 Jahren in Deutschland
- Fallzahl: 1.309 Befragte
- Erhebungszeitraum: 3.-4. September 2024
- Erhebungsverfahren: Zufallsbasierte Telefon- und Online-Befragung
- Schwankungsbreite: 2* bis 3** Prozentpunkte * bei einem Anteilswert von 10% ** bei einem Anteilswert von 50%
Die Fragen im Wortlaut:
- Welches ist Ihrer Meinung nach das wichtigste politische Problem, um das sich die deutsche Politik vordringlich kümmern muss? Und welches ist das zweitwichtigste?
- Nun zu einigen politischen Aufgaben. Welcher Partei trauen Sie am ehesten zu, diese Aufgaben zu lösen? (1) Die Wirtschaft in Deutschland voranbringen (2) Für soziale Gerechtigkeit sorgen (3) Eine gute Klima- und Umweltpolitik betreiben (4) Eine gute Asyl- und Flüchtlingspolitik betreiben (5) Eine gute Steuer- und Finanzpolitik betreiben (6) Eine gute Außenpolitik betreiben (7) Kriminalität und Verbrechen bekämpfen
- Wenn Sie sich in Deutschland im öffentlichen Raum, d.h. auf öffentlichen Plätzen, Straßen, in Parkanlagen bewegen oder auch öffentliche Verkehrsmittel benutzen: Fühlen Sie sich dort dann alles in allem sehr sicher, eher sicher, eher unsicher oder sehr unsicher?
- Wie sehen Sie das? Brauchen wir eine grundsätzlich andere Asyl- und Flüchtlingspolitik, damit weniger Menschen zu uns kommen oder nicht?
- Ende August wurden bei einem mutmaßlich islamistischen Terroranschlag auf einem Stadtfest in Solingen drei Menschen getötet, weitere verletzt. In der 3/3 Folge wird in Deutschland derzeit über verschiedene Maßnahmen diskutiert. Bitte geben Sie zu jeder der folgenden Maßnahmen an, ob diese aus Ihrer Sicht in die richtige Richtung oder in die falsche Richtung geht.
- (1) Einführung von dauerhaften Kontrollen an deutschen Grenzen
- (2) Erweiterung der Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, etwa Erlaubnis, auf elektronische Kommunikation wie Chats zugreifen zu können
- (3) Mehr Prävention und Aufklärung über radikalen Islamismus, etwa an Flüchtlingseinrichtungen und Schulen