Ein Festival der Ideen im Museum für Kommunikation
Zum ersten Mal fand das Finale im Museum für Kommunikation Frankfurt statt – einem Ort, der Geschichte und Zukunft perfekt verbindet. Zwischen historischen Kurzwellenempfängern, Telephonen und Robotikexponaten erklärten die Jugendlichen, wie ihre KI-Modelle Schlaganfälle schneller erkennen, Blutzuckerwerte ohne Nadeln messen oder alte gregorianische Gesänge neu interpretieren können. Für viele Besucher war es ein Blick in die Zukunft, der zugleich begeisterte und beruhigende Signale aussandte: Die nächste Generation hat nicht nur technisches Know-how, sondern auch gesellschaftliche Fragen im Blick.

Foto: Tim Wegner
Hauptpreis: Wenn KI Texte rückwärts schreibt – und damit verständlicher wird
Die wohl ungewöhnlichste Idee des Finales lieferte Leo Blume aus Stralsund. Ihr Projekt „DEversAI“ verfolgt ein Ziel, das derzeit selbst großen Tech-Konzernen Kopfzerbrechen bereitet: Wie macht man KI-Modelle endlich nachvollziehbar? Ihr Ansatz: Sprachmodelle erzeugen Texte nicht nur vorwärts, sondern auch rückwärts. Durch diesen doppelten Prozess entsteht ein tieferer Einblick in die Entscheidungspfade der KI – ein Schritt in Richtung Transparenz.

Die Jury zeigte sich beeindruckt von der wissenschaftlichen Tiefe und der Umsetzbarkeit. Dazu kommt eine App, die Einblicke in den Modellprozess visualisiert – ein seltenes Werkzeug in einer Branche, die oft als “Blackbox” kritisiert wird.
Für ihren Ansatz erhielt Leo Blume 1.500 Euro Preisgeld und obendrein einen Praktikumsplatz beim Robotikunternehmen FANUC – ein Angebot, das vielen jungen KI-Talenten den Einstieg in die Forschung erleichtern dürfte.
Sonderpreis „AI for Good“: KI gegen Schlaganfälle
Ebenso wegweisend war die Entwicklung von Simon Ma aus Hannover, der mit seinem Projekt „CHAD CTP“ den Sonderpreis „AI for Good“ gewann. Sein Ziel ist hochrelevant: Schlaganfälle schneller diagnostizieren und die Patientensicherheit erhöhen.
Sein KI-System wertet CT-Daten so effizient aus, dass im Idealfall nur halb so viele Scans nötig sind – was zugleich die Strahlenbelastung für Betroffene senkt und die Diagnosegeschwindigkeit erhöht. In Notaufnahmen, wo jede Minute über Leben und langfristige Folgen entscheidet, könnte diese Methode künftig echte Veränderung bringen.
Für diese Idee erhielt der 18-Jährige 1.000 Euro Preisgeld.

Schmerzfreie Diagnose: Blutzucker messen ohne Nadeln
Einen ganz anderen medizinischen Bereich nahm Peter Fuchs, ebenfalls aus Hannover, in den Blick. Sein Projekt „Glucodastra“ überzeugte die Jury, weil es eine schlichte, aber wirkungsvolle Vision verfolgt: Blutzuckermessen ganz ohne Pikser.
Fuchs nutzte einen selbstentwickelten Fingersensor in Kombination mit einem eigens trainierten KI-Modell, das den Glukosewert präzise berechnet. Die Messung erfolgt berührungslos und sofort – ein Ansatz, der nicht nur Menschen mit Diabetes entlastet, sondern auch medizinischen Abfall reduziert.
Sein Mut zum Experiment wurde mit dem Sonderpreis „No risk, no fun!“ und 750 Euro Preisgeld honoriert.
Publikumspreis: KI komponiert im Stil gregorianischer Choräle
Der Publikumspreis ging an vier Schüler der Regensburger Domspatzen, die mit ihrem Projekt „Choral Meets Machine Learning“ für staunende Gesichter sorgten. Die Jugendlichen kombinierten tausend Jahre Musikgeschichte mit modernen KI-Techniken, analysierten historische Choräle und ließen die KI neue Stücke im Stil der alten Meister komponieren.
Das Ergebnis waren überraschend emotionale Klangwelten, die zeigten, wie harmonisch Maschine und Tradition miteinander arbeiten können. Dafür gab es den mit 500 Euro dotierten Publikumspreis – und viel Applaus.
Wettbewerb mit klarer Mission: Junge Menschen für KI begeistern
Der BWKI richtet sich seit 2018 an Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen, die allein oder im Team neue KI-Anwendungen entwickeln wollen. Die Wettbewerbsidee entstand in Tübingen – einem der wichtigsten europäischen Forschungsstandorte für Künstliche Intelligenz.
Die Teilnehmenden erhalten rund sechs Monate Zeit, ihre Ideen zu planen, umzusetzen und technisch auszufeilen. Eine Jury aus Wissenschaft, Industrie und Bildung bewertet anschließend Innovation, Relevanz und technische Umsetzung.
Tübingens Rektorin Professorin Karla Pollmann unterstrich beim Finale die Bedeutung des Wettbewerbs:
„Exzellente Forschung und exzellente Nachwuchsförderung gehören untrennbar zusammen.“
Starke Partner – starke Unterstützung
Der Wettbewerb wird getragen vom Tübingen AI Center, einer Kooperation zwischen der Universität Tübingen und dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme. Unterstützt wird der BWKI außerdem von der Carl-Zeiss-Stiftung, FANUC, Festo, dem Verlag Droemer Knaur und Funduino. Weitere Partner wie IT4Kids oder das Museum für Kommunikation begleiten den Wettbewerb organisatorisch und inhaltlich.
Hintergrund: Forschung für „AI made in Europe“
Im Tübingen AI Center arbeiten Forschende an robusten und fairen KI-Systemen. Neben klassischer Grundlagenforschung geht es auch darum, KI-Entscheidungen nachvollziehbarer zu machen – ein Thema, das beim diesjährigen BWKI besonders sichtbar wurde. Ziel der Einrichtung ist es, eine klare europäische Handschrift im Bereich der KI-Technologie zu entwickeln und diese verständlich in die Gesellschaft zu tragen.

