Gold schlägt Aktien, Bitcoin und Anleihen
Der Blick auf die Kursentwicklung zeigt, wie außergewöhnlich die aktuelle Bewegung ist. Seit Jahresbeginn hat Gold rund 45 Prozent zugelegt. Damit schlägt es deutlich andere Anlageklassen:
- Bitcoin, die bekannteste Digitalwährung, konnte seit Ende 2024 gerade einmal fünf Prozent zulegen.
- Der Dax, der deutsche Leitindex mit den 40 größten börsennotierten Unternehmen, kommt auf ein Plus von etwa 19 Prozent.
- Selbst der traditionsreiche Dow Jones in den USA legte nur rund neun Prozent zu.
Damit lässt Gold alle anderen weit hinter sich. Noch beeindruckender ist der langfristige Trend: In den vergangenen drei Jahren hat das Edelmetall um fast 130 Prozent zugelegt. Diese Dynamik macht deutlich, dass es sich nicht um eine kurzfristige Modeerscheinung handelt, sondern um eine längerfristige Bewegung, die viele Faktoren gleichzeitig antreibt.
Warum Anleger ins Gold flüchten
Die Gründe für die Gold-Rally liegen weniger in der Euphorie, sondern vielmehr in der Angst. Unsicherheit treibt die Nachfrage – und davon gibt es momentan reichlich.
Da ist zum einen der Krieg in der Ukraine, der Europa und die Welt seit mehr als drei Jahren beschäftigt. Eine Lösung ist nicht in Sicht, im Gegenteil: Die geopolitische Lage bleibt angespannt, was Anleger in Krisenzeiten traditionell in Gold treibt.
Hinzu kommen die politischen Spannungen in den USA. Wiederholt hat Präsident Donald Trump die Unabhängigkeit der US-Notenbank Fed infrage gestellt und sogar direkte Angriffe gegen die Geldpolitik gefahren. Gleichzeitig belastet ein schwelender Haushaltsstreit die größte Volkswirtschaft der Welt. Viele Investoren fürchten um die Stabilität des US-Dollars, der lange Zeit als unangefochtene Leitwährung galt.
Das führt direkt zum zweiten großen Faktor: der Dollar-Schwäche. Der US-Dollar-Index, der die Leitwährung gegen andere wichtige Währungen misst, notiert unter der Marke von 100 Punkten und damit deutlich schwächer als in den Vorjahren. Da Gold weltweit in Dollar gehandelt wird, treibt eine schwächere US-Währung automatisch den Goldpreis nach oben.
Zentralbanken und ETFs verstärken die Rally
Doch nicht nur Privatanleger setzen auf das Edelmetall. Auch Zentralbanken bauen ihre Bestände massiv aus. Besonders Staaten wie China, Indien oder die Türkei sehen Gold als strategische Reserve, die sie unabhängiger vom Dollar macht. Diese Käufe sind so umfangreich, dass sie den Markt spürbar bewegen.
Parallel dazu erleben börsengehandelte Fonds (ETFs), die physisch mit Gold hinterlegt sind, einen Boom. Laut einer Analyse von Deutsche Bank Research zählt das Jahr 2025 schon jetzt zu den drei Jahren mit den größten ETF-Zuflüssen seit Einführung dieser Anlageprodukte. Viele Investoren schätzen ETFs, weil sie den direkten Zugang zum Edelmetall ermöglichen, ohne dass man Barren oder Münzen selbst lagern muss.
Die Analysten der Deutschen Bank schreiben: „Wir halten den Lockerungskurs der Fed für das beste Signal, dass die ETF-Bestände 2026 eher wieder steigen als fallen dürften.“ Mit anderen Worten: Solange die Notenbank an niedrigen Zinsen festhält, dürfte die Nachfrage nach Gold hoch bleiben.
Experten sehen 4000 bis 5000 Dollar möglich
Angesichts dieser Gemengelage haben sich auch die Prognosen der Banken verschoben. Vor wenigen Monaten waren die meisten Analysten noch überrascht vom schnellen Anstieg. Inzwischen überbieten sich einige Häuser mit optimistischen Szenarien.
So rechnen die Experten von Goldman Sachs mit einem Goldpreis von 5000 US-Dollar pro Unze – und zwar schon dann, wenn lediglich ein Prozent der privat gehaltenen US-Staatsanleihen in Gold umgeschichtet würde. Andere Marktbeobachter verweisen auf die psychologisch wichtige Marke von 4000 Dollar. Diese könnte schon bald erreicht werden, möglicherweise sogar schneller als gedacht.
Einige Analysten ziehen Vergleiche zu Silber, das trotz einer bereits überkauften Lage zuletzt ebenfalls deutlich zulegen konnte. Auch beim Goldpreis sehen sie das Risiko einer Korrektur, aber zugleich die Chance auf eine Fortsetzung der Rally.
Warum Vorsicht geboten bleibt
Trotz aller Euphorie warnen Fachleute davor, den Preisanstieg für selbstverständlich zu halten. Denn es gibt mehrere Faktoren, die den Höhenflug abrupt bremsen könnten.
Erstens: die Geldpolitik der US-Notenbank. Sollte die Fed beschließen, die Zinsen wieder anzuheben, würde das die Renditen von US-Staatsanleihen steigen lassen. Für Investoren würde es dann attraktiver, ihr Geld dort anzulegen, anstatt in Gold, das keine Zinsen abwirft. Das könnte den Preis erheblich unter Druck setzen.
Zweitens: die Gefahr von Gewinnmitnahmen. Je stärker ein Markt steigt, desto größer die Versuchung, Gewinne einzustreichen. Besonders rund um psychologisch wichtige Marken wie 4000 Dollar sind abrupte Rücksetzer wahrscheinlich.
Drittens: die Inflationsentwicklung. Gold gilt traditionell als Schutz vor steigender Inflation. Sollte sich die Teuerung jedoch deutlich abkühlen, könnte dieser Anlagemotivator schwächer werden.
Analysten sprechen deshalb von einer „überkauften Situation“. Damit ist gemeint, dass viele Investoren bereits eingestiegen sind und die Rally kurzfristig anfällig für Korrekturen ist. Das bedeutet nicht, dass der langfristige Trend gebrochen ist – wohl aber, dass Anleger mit Zwischenkorrekturen rechnen müssen.
Was das für Anleger bedeutet
Für private Investoren ergibt sich daraus ein gemischtes Bild. Einerseits ist Gold in unsicheren Zeiten ein bewährter Schutzschild. Es kann das Portfolio stabilisieren und als Gegengewicht zu schwankungsanfälligen Aktien dienen. Andererseits sollten Anleger nicht vergessen: Gold zahlt weder Zinsen noch Dividenden. Der Gewinn hängt ausschließlich von der Kursentwicklung ab.
Wer einsteigen möchte, hat verschiedene Möglichkeiten:
- Physisches Gold in Form von Münzen oder Barren bietet maximale Sicherheit, erfordert aber Lagerung.
- ETFs sind einfach handelbar und direkt an den Goldpreis gekoppelt.
- Goldminen-Aktien können sogar stärker steigen als der Goldpreis selbst, sind aber auch riskanter.
Fachleute raten, Gold nicht als Spekulationsobjekt, sondern als beimischende Absicherung im Portfolio zu sehen. Ein Anteil von fünf bis zehn Prozent gilt als vernünftig – je nach Risikobereitschaft.
Fazit: Rally mit eingebautem Risiko
Der neue Rekord von über 3800 Dollar zeigt, wie stark die Nachfrage nach Sicherheit derzeit ist. Politische Unsicherheit, ein schwacher Dollar, niedrige Anleiherenditen und massive Käufe durch Zentralbanken haben eine Rally ausgelöst, die viele überrascht hat.
Ob die Reise in Richtung 4000 oder gar 5000 Dollar weitergeht, hängt entscheidend von der Geldpolitik der Fed und den globalen Krisenherden ab. Kurzfristig ist die Euphorie groß – langfristig bleibt Gold aber vor allem das, was es seit Jahrhunderten ist: ein Krisenmetall, das Schutz bietet, aber keine Garantien.
Für Anleger bedeutet das: Wer investiert, sollte Ruhe bewahren, Rücksetzer einkalkulieren – und sich bewusst sein, dass Gold zwar glänzt, aber auch Schattenseiten hat.