Führungswechsel an der ZF-Spitze
Der Aufsichtsrat der ZF Friedrichshafen AG hat in einer außerordentlichen Sitzung am Donnerstag weitreichende Personalentscheidungen getroffen. Vorstandschef Dr. Holger Klein wird das Unternehmen Ende September verlassen – nach über zehn Jahren bei ZF, davon knapp drei Jahre an der Spitze. Auch der für Nutzfahrzeug- und Industrietechnik verantwortliche Vorstand Prof. Dr. Peter Laier räumt seinen Posten.
Beide Trennungen erfolgten laut ZF „im gegenseitigen freundschaftlichen Einvernehmen“. Dennoch kommt der Schritt überraschend – und markiert einen Wendepunkt für den Konzern mit weltweit rund 168.000 Mitarbeitern.
Mathias Miedreich übernimmt – ein Mann aus den eigenen Reihen
Als Nachfolger von Klein wurde der bisherige Vorstand für Elektrifizierte Antriebstechnologien, Mathias Miedreich, berufen. Der 50-Jährige gehört erst seit Januar 2025 dem ZF-Vorstand an, hat aber nach Angaben des Aufsichtsrats in dieser kurzen Zeit „maßgeblich zur Restrukturierung der Division E beigetragen“. Zuvor war Miedreich bereits CEO beim französischen Automobilzulieferer Umicore und bringt damit umfassende internationale Führungserfahrung mit.
Mit der Berufung setzt ZF bewusst auf Kontinuität aus den eigenen Reihen – und will den eingeschlagenen Sparkurs und die Neuausrichtung des Konzerns weiter beschleunigen.
Breidenbach lobt Kleins „Turnaround-Strategie“
ZF-Aufsichtsratschef Dr. Rolf Breidenbach würdigte Kleins Verdienste ausdrücklich:
„Ich danke Dr. Holger Klein für seinen unermüdlichen Einsatz in über zehn Jahren bei ZF, besonders aber für die letzten knapp drei Jahre als Vorstandsvorsitzender. Er hat mit seiner Strategie die Grundlagen für den Turnaround von ZF gelegt und mit dem gesamten Team bereits wichtige Erfolge erzielt. Auf dem Erreichten gilt es nun aufzubauen und die eingeschlagene Strategie fortzuführen.“

FOTO: ZF
Mit Blick auf den Neuanfang machte Breidenbach deutlich:
„Mit Mathias Miedreich haben wir einen internen Nachfolger gefunden, der nicht nur über tiefgreifende Erfahrung in der Industrie, auch bereits in einer CEO-Position, verfügt, sondern auch seit seinem Antritt als ZF-Vorstand mit einer Kombination aus Entscheidungsstärke und Kommunikationsfähigkeit die Restrukturierung der Division E bedeutend vorangetrieben hat. Wir wünschen ihm viel Erfolg in seiner neuen Aufgabe.“
Klein: „ZF darf jetzt keine Zeit mehr verlieren“
Auch Friedrichshafens Oberbürgermeister Simon Blümcke, der zugleich Vorsitzender der Zeppelin-Stiftung und damit Miteigentümervertreter ist, bedankte sich: „Ich danke Dr. Holger Klein im Namen der Eigentümervertreter für sein Engagement und die enge Zusammenarbeit mit dem Aufsichtsrat. In herausfordernden Zeiten hat er ZF wirtschaftlich stabilisiert, auf einen neuen Kurs geführt und damit die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft gelegt.“
Holger Klein selbst blickte in seinem Abschiedsstatement auf eine intensive Zeit zurück:
„Gemeinsam mit dem Vorstandsteam und allen Mitarbeitern von ZF haben wir bereits große Fortschritte für den Turnaround von ZF gemacht. Unsere Strategie ‚Stärken stärken‘ zeigt erste Erfolge, die Performance-Programme wirken, Profitabilität und Cashflow steigen wieder, und wir haben gemeinsam mit dem Aufsichtsrat wichtige Weichenstellungen für die Zukunft und Restrukturierung beschlossen. Ich bin zutiefst überzeugt, dass wir damit auf dem richtigen Weg sind, ZF wieder erfolgreich zu machen und Arbeitsplätze zu sichern.“
Sein Rücktritt sei dennoch ein notwendiger Schritt:
„Jetzt ist es wichtig, gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern schnell zu Umsetzungsentscheidungen zu kommen, denn ZF darf nun keine Zeit mehr verlieren. Daher ist es für mich der richtige Zeitpunkt, jetzt den Vorstandsvorsitz zu übergeben.“
Auch Peter Laier geht – strategische Differenzen
Parallel zu Klein verlässt auch Prof. Dr. Peter Laier den Vorstand. Er war seit Januar 2023 für die Divisionen Commercial Vehicle Solutions, Industrietechnik sowie für die Bereiche Produktion, Materialwirtschaft und die Region Indien zuständig. Laut ZF sei der Schritt auf „unterschiedliche Auffassungen über die künftige strategische Ausrichtung“ zurückzuführen.
Laier selbst erklärte: „Wir konnten in den letzten Jahren die Divisionen Nutzfahrzeuge und Industrietechnik entscheidend weiterentwickeln, internationalisieren und die globalen Kundenbeziehungen deutlich intensivieren. Die von mir verantworteten Divisionen sowie auch die Ressorts Materialwirtschaft, Produktion und die Region Indien sind sehr gut für die Zukunft aufgestellt.“
Der Aufsichtsrat, vertreten durch Breidenbach und Blümcke, bedankte sich ausdrücklich für Laiers „wesentliche Beiträge zur Neuausrichtung der ZF Group“ und wünschte ihm „für seine weitere Zukunft alles Gute“.
Nachfolge für weitere Vorstandsposten noch offen
Wer künftig die von Miedreich und Laier hinterlassenen Ressorts übernimmt, ist derzeit noch unklar. ZF kündigte an, „zeitnah über die Nachfolge der Vorstandsposten für die Division Elektrifizierte Antriebstechnologien sowie für die Divisionen Nutzfahrzeugtechnik und Industrietechnik zu informieren“.
Fest steht: Mit dem Wechsel an der Spitze beginnt für ZF ein neues Kapitel – mitten in einer Phase der Restrukturierung, in der der Konzern Marktanteile sichern und zugleich Milliarden in neue Technologien investieren muss
