Ob in Stuttgart, Freiburg, Heilbronn, Ulm, auf der Schwäbischen Alb oder am Bodensee: Eine Stunde lang schauen, welche Vögel sich rund ums Haus blicken lassen – und die Beobachtungen an den NABU melden. Einfacher kann Naturschutz kaum sein.
NABU-Ornithologe Stefan Bosch bringt es auf den Punkt: „Je mehr Menschen mitmachen, desto genauer ist unser Bild vom Zustand der Vogelwelt.“ Und der Südwesten liefert – allein im Januar 2025 wurden hier rund 313.000 Vögel von 14.400 Teilnehmenden gezählt.
Was fliegt im Winter durch unsere Gärten?
Viele der Besucher sind alte Bekannte:
- Amseln, die auch an frostigen Tagen zutraulich wirken
- Rotkehlchen, die mit ihrer Brust sofort ins Auge fallen
- Zaunkönige, die trotz Winzigkeit eine überraschend laute Stimme haben
- Meisenarten wie Blau-, Kohl- oder Tannenmeise
- Finken und Spatzen, oft gleich im ganzen Trupp unterwegs
Doch gerade im Winter mischen sich immer wieder ungewöhnliche Gäste darunter – und dann wird es richtig spannend.

© Arne von Brill
Raritäten aus dem Norden: Wer Glück hat, sieht einen Seidenschwanz
Manche Winter bescheren Baden-Württemberg eindrucksvolle Besucher aus Skandinavien. Besonders begehrt ist der Anblick des Seidenschwanzes, eines farbenfrohen, exotisch wirkenden Vogels, der in manchen Jahren massenhaft einfliegt.
Auch Erlenzeisige, Bergfinken oder Rotdrosseln kommen aus nordischen Regionen zu uns – je nach Nahrungslage und Wetterverhältnissen.
Besonders auffällig ist in diesem Winter der Blick auf die Blaumeisen. Viele von ihnen sind bereits seit Spätsommer aus dem Baltikum und Weißrussland unterwegs. „An unserer Beringungsstation in Sternenfels hatten wir ungewöhnlich viele Blaumeisen. In den Niederlanden wurden zehntausende Tiere auf dem Zug gezählt“, erklärt Bosch. Gründe gibt es viele: ein starkes Brutjahr, knappe Nahrung, frühes Winterwetter in den Herkunftsregionen.
Warum das Zählen so wichtig ist
Die „Stunde der Wintervögel“ ist Deutschlands größte Citizen-Science-Aktion. Sie bringt Daten zusammen, die für Forscherinnen und Forscher Gold wert sind.
Ob Arten seltener werden, häufiger auftreten oder ihr Verhalten verändern – all das lässt sich über die Jahre vergleichen. In Zeiten von Klimawandel und verändertem Landschaftsbild wird diese Übersicht immer wichtiger.
Und das Beste: Es kann wirklich jeder mitmachen. Vom Kind mit Fernglas bis zur erfahrenen Birderin.
Der NABU stellt umfangreiche Hilfen bereit – vom Vogelbestimmungsbuch bis zur App „NABU Vogelwelt“, über die auch direkt gemeldet werden kann. Alternativ funktioniert das Online-Formular auf stunde-der-wintervoegel.de.
Der Meldeschluss für die Aktion 2026 ist der 19. Januar.
Gemeinsam erleben: Führungen, Treffen und Naturmomente im Südwesten
Wer nicht allein schauen möchte, sondern lieber gemeinsam zählt, kann sich regionalen Angeboten anschließen.
In Stuttgart
Am 10. Januar wird im Hoppenlau-Friedhof gezählt – ein Ort, der mit seinem alten Baumbestand viele Arten anzieht. Für die Führung ist eine Anmeldung per E-Mail an [email protected] notwendig.
In Heilbronn
Hier kombiniert der NABU die Beobachtung mit Kultur:
Erst geht es auf eine gemeinsame Vogel-Führung, anschließend folgt – zusammen mit der Volkshochschule – eine Lesung aus dem NABU-Vogelbuch. Autor und NABU-Podcast-Host Fabian Karwinkel ist persönlich vor Ort.
Das Buch ist ein Spiegel-Bestseller, der fast nebenbei zum Nachschlagen, Staunen und Weiterlesen einlädt.
Nachwuchs im Blick: Die Schulstunde der Wintervögel
Damit auch Kinder und Jugendliche spielerisch Zugang zur Natur bekommen, folgt ab dem 12. bis 16. Januar 2026 die „Schulstunde der Wintervögel“. Schulen in Baden-Württemberg nutzen die Aktion gern für Unterrichtsprojekte – denn der längere Zeitraum ermöglicht flexible Planung.
Arbeitsblätter, Materialien und Infos stehen auf den NABU-Seiten bereit.
Fazit: Eine Stunde, die den Blick auf den Winter verändert
Die „Stunde der Wintervögel“ ist längst mehr als eine Zählaktion. Sie ist ein Moment der Ruhe im oft trüben Januar – und eine Gelegenheit, Natur direkt vor der eigenen Haustür neu zu entdecken.
Meisen, Finken, Rotkehlchen: Allein ihr Auftauchen erzählt Geschichten über Wanderbewegungen, Nahrungssuche, Wetter und Klimawandel. Und je mehr Baden-Württemberg mitzählt, desto klarer wird das Bild der heimischen Vogelwelt.


