Die Nachricht über seinen Tod wurde von der Website Herkul, die seine Predigten veröffentlicht, auf X bestätigt. Der türkische Sender NTV berichtete, dass Gülen an mehreren gesundheitlichen Problemen litt, darunter Demenz und Nierenversagen. Doch sein Vermächtnis bleibt umstritten.
Ein Prediger im Exil: Gülens Aufstieg und Fall
Gülen, der 1941 im Dorf Korucuk in der osttürkischen Provinz Erzurum geboren wurde, begann seine religiöse Laufbahn als Imam in den 1960er Jahren. Schon früh zeichnete sich ab, dass er eine große Anhängerschaft gewinnen würde. Mit der Gründung von Studentenwohnheimen und der Verbreitung seiner Ideen in Teehäusern legte er den Grundstein für ein weitverzweigtes Netzwerk, das in der Türkei in den Bereichen Bildung, Wirtschaft und Medien großen Einfluss erlangte. Doch trotz seiner Popularität kam es in den 2010er Jahren zu einem folgenreichen Zerwürfnis mit dem damaligen Freund und Unterstützer, Recep Tayyip Erdogan.
Der Putschversuch und seine Folgen
Im Juli 2016 erreichte die Feindschaft zwischen Gülen und Erdogan ihren Höhepunkt, als Ankara Gülen und seine Hizmet-Bewegung für den versuchten Militärputsch verantwortlich machte. Rund 250 Menschen verloren dabei ihr Leben, und seither wurden tausende Anhänger Gülens verfolgt und inhaftiert. „Für jemanden, der in den vergangenen fünf Jahrzehnten unter mehreren Militärputschen gelitten hat, ist es eine besondere Beleidigung, beschuldigt zu werden, in irgendeiner Verbindung zu einem solchen Versuch zu stehen“, erklärte Gülen damals. Trotz seiner wiederholten Unschuldsbeteuerungen forderte die Türkei seine Auslieferung aus den USA.
Ein umstrittenes Erbe
Auch wenn Gülen sich nach außen stets als Befürworter eines gemäßigten Islams und westlicher Werte wie freier Märkte und Bildung präsentierte, sehen Kritiker ihn anders. „Er war lange Jahre ein wichtiger Partner von Erdogan. Ohne Gülens Kader im Justiz– und Polizeiapparat hätte Erdogan die Demokratie und den Rechtsstaat in der Türkei nicht aushöhlen können“, schrieb der Journalist Eren Güvercin auf X. Gülens Einfluss, besonders innerhalb des türkischen Staatsapparates, wird von vielen als problematisch angesehen, und seine Rolle in der türkischen Politik bleibt bis heute umstritten.
Was bleibt von Gülen?
Mit dem Tod Fethullah Gülens endet ein Kapitel türkischer Geschichte, das von politischen Intrigen, religiösen Netzwerken und internationaler Spannung geprägt war. Seine Hizmet-Bewegung, die weiterhin in zahlreichen Ländern aktiv ist, wird sich nun ohne ihren Gründer neu orientieren müssen. Doch seine polarisierende Rolle, sowohl als Freund als auch als Feind des türkischen Staates, wird noch lange im kollektiven Gedächtnis bleiben.